ARD/ZDF: SD-Abschaltung über Satellit bis Ende 2020
ARD und ZDF schalten SD über Satellit ab
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Wie geht es weiter mit den Verbreitungswegen für Fernsehen? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Teilnehmer des Panels "Quo Vadis, TV-Distribution: Switch-Off SD, All over IP und Streaming only?" auf der Fachmesse Anga Com.
ARD und ZDF wollen weiter den Wunsch der KEF umsetzen und ihre SD-Signale über Satellit abschalten. 78 Prozent der Haushalte könnten inzwischen technisch Fernsehen in HD empfangen, damit sei eine kritische Schwelle übersprungen. Wolfgang Wagner, Direktor Produktion und Technik beim WDR beruhigte jedoch die Panel-Teilnehmer: Die SD-Abschaltung werde nicht im Umfeld der Fußball-Europameisterschaft erfolgen, zumal "Deutschland diesmal die Vorrunde übersteht". Er spricht von einem realistischen Abschalttermin zwischen Mitte und Ende 2020.
Ähnlich progressiv will das ZDF vorgehen. Laut Produktionsdirektor Dr. Michael Rombach rechne man mit einem Kommunikationszeitraum von 12 bis 15 Monaten, um die noch 8,5 Millionen reinen SD-Haushalte auf die Abschaltung vorzubereiten.
Keine SD-Abschaltung bei den Privaten
ARD und ZDF schalten SD über Satellit ab
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Ganz anders sehen die Privaten das Thema: Nur wenn der Markt es zulasse und es regulatorisch möglich ist, könne man sich laut Nicole Agudo Berbel von ProSiebenSat.1 vorstellen, die SD-Abschaltung über Satellit vorzunehmen. Im Moment seien die SD-Zuschauer noch eine werberelevante Zielgruppe und brächten die nötige Reichweite. Hinzu kommt das Problem der Verschlüsselung und die Distribution über kostenpflichtige Pakete: Nur 20 Prozent der Satelliten-Zuschauer sehen die Privaten aktuell in HD.
Christian Heinkele von der M7 Group, die auch die hybride Plattform Diveo [Link entfernt] betreibt, ist mit dieser Penetration unzufrieden. Die Privaten müssten die Vorteile von HD noch weit besser kommunizieren. Nicole Agudo Berbel verwies aber auf diverse Maßnahmen. So hätte es eine Werbekampagne am Anfang des Jahres für HD gegeben und außerdem würden immer wieder Schriftzug-Einblendungen in den SD-Programmen vorgenommen.
Graziella Treffler von Astra Deutschland rechnet nicht damit, dass SD über Satellit ausläuft. Eher könnte es ein Ende der Videokodierung MPEG-2 geben. Man habe zuletzt erst wieder neue Verträge mit Kunden über eine SD/MPEG-4-Verbreitung unterzeichnet. SD-Abschaltungen wie von ARD und ZDF geplant begrüßt sie dennoch: "Das schafft Platz für neue Angebote, etwa in UHD/4k".
Beim Verbreitungsweg Kabel könnte die SD-Abschaltung früher kommen. Hierauf hätten die Sender jedoch keinen Einfluss, der Kabelnetzbetreiber treffe vorrangig die Entscheidungen und könnte auch einfacher die Kunden vorbereiten, etwa durch Austausch einer Set-Top-Box.
All-IP scheitert an Kosten
Einige halten Rundfunkverbreitung generell in wenigen Jahren überholt und rechnen damit, dass die Distribution von Fernsehen und Bewegtbild über alle Verbreitungswege künftig nur noch über IP erfolgen wird. Wolfgang Wagner vom WDR betont, dass man zwar technisch dazu in der Lage sei, aber nicht finanziell. Alleine im vergangenen Jahr seien die Kosten für Streaming, etwa aufgrund mehr Mediathek-Abrufen, um 25 Prozent gestiegen. Auch wenn es ihm wehtut, wenn junge Menschen eine Sendung übers Tablet linear streamten statt diese per Rundfunk auf dem großen Bildschirm zu schauen, könne er den Zuschauern ja nicht vorschreiben, welchen Verbreitungsweg sie nutzen sollen.
"All-IP wäre weit teurer als alles, was wir im Moment für Distribution ausgeben", sagt auch Dr. Michael Rombach vom ZDF. Graziella Treffler von Astra Deutschland meint, dass es eher umgekehrt ist: Der Satellit sorgt für Entlastung für das Breitband.
Im neuen Standard 5G Broadcast sehen alle Panel-Teilnehmer einen möglicherweise relevanten Verbreitungsweg. "5G ist interessant für Verbreitung und Produktion", sagt Dr. Rombach vom ZDF. Allerdings sei das alles momentan noch Zukunftsmusik. Wolfgang Wagner vom WDR betont, dass man gerade erst dabei sei, das UKW-Netz zu erneuern und das Digitalradio DAB+ auszubauen. An Tests für 5G Broadcast beteiligt sich der Sender trotzdem, da man am Puls der Zeit bleiben wolle.