Abhöraffäre

Neue Belege: Deutsche Telekom soll doch abgehört haben

Vermerk eines Beteiligten zeigt offenbar, es ging auch um Nutzdaten
Von dpa / ddp / Björn Brodersen

Die Deutsche Telekom hat nach Recherchen des Magazins WirtschaftsWoche nicht nur Hacker-Codes aufgezeichnet, sondern auch Gespräche abgehört. Dies gehe aus Dokumenten hervor, die dem Magazin vorliegen, berichtet das in Düsseldorf erscheinende Magazin vorab aus seiner am kommenden Montag erscheinenden Ausgabe. Ein nach der Abhöraktion verfasster Vermerk eines beteiligten Beamten belege, dass es bei der Operation "Bunny" vor zwölf Jahren nicht nur um die Erfassung von Steuersignalen ging, sondern auch um "Nutzdaten", womit Sprache gemeint sei.

Wir können auf Grundlage der Unterlagen, die uns zur Verfügung stehen, ein Abhören nicht nachvollziehen", sagte Telekom-Sprecher Mark Nierwetberg auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Wir haben die WirtschaftsWoche gebeten, die Unterlagen uns oder der Staatsanwaltschaft auszuhändigen. Wir haben kein Interesse, irgendetwas zu verbergen."

Wie das Magazin schreibt, geht aus den Aufzeichnungen des Beamten eindeutig hervor, dass bei der Aktion des Telefonkonzerns, in die auch externe Dienstleister eingebunden waren, gegen das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis verstoßen wurde und dies den Akteuren damals auch bewusst gewesen sei. Trotzdem hätten die Experten des Telekom-Zentrums für Netzsicherheit die Beschaffung eigener Abhörtechnik empfohlen. Es sei zu riskant, Abhöraufträge an Externe zu vergeben, so das Ergebnis einer internen Manöverkritik.

Kurth: Telekom befolgte erst 2001 gesetzliche Protokoll-Bestimmungen

Der stellvertretende Sicherheitsbevollmächtigte der Telekom, Jochen Schwarzer, habe am 23. Mai 1997 sogar die Bundesregierung einschalten wollen, da er sich mit seinen Bedenken an die Wand gedrückt gesehen habe. In einem streng vertraulichen Schreiben an Personalvorstand Heinz Klinkhammer habe Schwarzer empfohlen, dass der Bundesminister für Post und Telekommunikation informiert werden sollte, was aber nicht geschehen sei.

Matthias Kurth, Chef der Bundesnetzagentur, räumte im Interview mit der "WirtschaftsWoche" ein, dass die Deutsche Telekom erst seit dem Herbst 2001 Abhörmaßnahmen so protokolliert, wie es das Gesetz verlangt. Seine Vorgänger hätten deshalb einen Missbrauch gar nicht feststellen können. Man habe die Deutsche Telekom nun aufgefordert, schnellstmöglich die technischen, organisatorischen und personellen Konsequenzen aus dem Skandal mitzuteilen.

Obermann will sich persönlich im Namen des Unternehmens entschuldigen

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, René Obermann, will mögliche Opfer der Bespitzelungsaffäre um Verzeihung bitten. Sollte sich im Laufe der Ermittlungen bestätigen, dass weitere Journalisten, Manager oder Aufsichtsräte bespitzelt wurden, wolle er sich "im Namen des Unternehmens" persönlich entschuldigen, sagte Obermann unterdessen dem Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel laut Vorabbericht. Einen Rücktritt schloss er aus.

Obermann verteidigte sein persönliches Vorgehen, nachdem er im August 2007 von einem T-Mobile-Mitarbeiter über einen ersten Datenmissbrauchsfall unterrichtet worden war. Eine Unterrichtung der Staatsanwaltschaft sei nach "damaligem Kenntnisstand" nicht notwendig gewesen. Auch eine Entschuldigung bei den Betroffenen für das "völlig inakzeptable Verhalten der Telekom" sei erst jetzt möglich gewesen, sagte Obermann. "Wir mussten damals auf Basis der vorliegenden Informationen von einem Einzelfall ausgehen, den wir natürlich hätten öffentlich machen können", sagte Obermann.

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