Qual der Wahl

Als iPhone-Nutzer zwei Monate mit Android unterwegs

Als passionierter iPhone-Nutzer hatte ich mich im November darauf eingelassen, ausschließlich Android-Geräte zu verwenden. Daraus ist dieser rein subjektive Erfahrungsbericht entstanden.
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Ich gehöre vermutlich zu den Smartphone-Nutzern der ersten Stunde. So war ich schon Ende der 90er Jahre mit dem Nokia Communicator 9000 unterwegs. Als Blackberry 2003 sein "Prosumer"-Angebot für Privatkunden in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom gestartet hatte, war ich fast vom ersten Tag an dabei und auch der E-Plus Hiptop, der ein halbes Jahr später mit der ersten Internet-Flatrate auf dem deutschen Mobilfunkmarkt eingeführt wurde, gehörte zu den Geräten, die ich von Anfang an mit nutzte.

Datenblätter

Als Apple 2007 das erste iPhone vorstellte, fand ich das Gerät zunächst unspektakulär - bis ich es einige Monate später zum ersten Mal in der Hand hatte. Seitdem bin ich begeisterter Nutzer der Smartphones des amerikanischen Technologiekonzerns, ohne jedoch - aus beruflichem wie privatem Interesse - die Konkurrenzsysteme aus den Augen zu verlieren. So habe ich stets parallel auch ein Android-Handy genutzt - beginnend mit dem T-Mobile G1, das seinerzeit als erstes Smartphone mit dem Google-Betriebssystem auf den Markt kam.

Wie kommt man als Apple-Nutzer mit Android zurecht?

Zwei Monate Android pur statt iOS Zwei Monate Android pur statt iOS
Foto: teltarif.de
Ende November vergangenen Jahres wollte ich es nun wissen: Ist es als Nutzer mittlerweile zahlreicher Geräte aus dem Ökosystem von Apple so ohne weiteres möglich, komplett ins Android-Lager zu wechseln? Hintergrund der Wechselgedanken war nicht etwa Unzufriedenheit mit den Produkten von Apple, sondern die Firmenpolitik des Konzerns, der beispielsweise die Preise für seine Smartphones immer weiter in die Höhe treibt. Das ist zwar bei den Mitbewerbern ebenfalls der Fall, allerdings muss man bei Samsung, Huawei oder OnePlus noch lange nicht mehr als 1000 Euro ausgeben, um das aktuelle State-of-the-art-Gerät zu bekommen - Exoten wie das Galaxy Note 8 oder ein Huawei Mate 10 Porsche Design mal außen vor gelassen.

Ein Samsung Galaxy S8+ Duos, ein Huawei Mate 9 und ein Blackberry KEYone hatte ich ohnehin noch. Dazu habe ich mir noch ein Samsung GalaxyTab S3 LTE gegönnt und - konsequent wie ich bin - das gerade erst erworbene iPhone X, das ein Jahr alte iPhone 7 Plus und das eineinhalb Jahre alte iPad Pro 9.7 verkauft. Der Start im Android-Lager fiel mir nicht schwer, die Smartphones waren ohnehin bereits eingerichtet und parallel zu den Apple-Geräten in Betrieb.

Wiederherstellung aus Cloud-Backup nicht immer ratsam

Apple iPhone X Apple iPhone X
Foto: teltarif.de
Ersten Ärger gab es indes bei der Einrichtung des Samsung-Tablets. Die Wiederherstellung eines in der Cloud vorhandenen Backups klappte zwar, das Gerät lief aber sehr instabil. Das System auf dem Tablet ruckelte vor sich hin, Spaß machte das nicht. Da erinnerte ich mich an die einige Monate zuvor erfolgte Einrichtung des Samsung Galaxy S8+ Duos. Bei diesem Smartphone half seinerzeit das Zurücksetzen auf die Werkseinstellungen und das Aufsetzen des Handhelds als neues Gerät. Beim Tablet war es schlussendlich genauso.

In diesem Moment hat Android oder genauer gesagt die Umsetzung des Betriebssystems bei Samsung bereits den ersten dicken Minuspunkt kassiert. Meine iPhone- und iPad-Konfigurationen habe ich über viele Jahre von Gerät zu Gerät mitgenommen, ohne dass es zu Problemen kam. Es gibt allerdings auch Android-Hersteller, die das besser als Samsung können: Als ich vor eineinhalb Jahren das Huawei Mate 8 durch das Mate 9 abgelöst hatte, lief die Übernahme der Konfiguration genauso gut, wie ich es von Apple kenne.

Ein Smartphone oder Tablet mit meiner beruflich wie privat benötigten Konfiguration neu einzurichten dauert in der Regel mindestens einen halben Tag. Da ist es einfach ärgerlich, wenn man weiß, dass es Hersteller gibt, die ihren Nutzern diese Arbeit ersparen. Noch schlimmer aber fand ich, dass Samsung die Wiederherstellung anbot und diese dann bei gleich zwei Geräten nicht bzw. nur instabil funktioniert hat.

Dual-SIM und mehr: Vorteile auf der Android-Plattform

Ansonsten war ich erstmal zufrieden. Ich freute mich über die Dual-SIM-Funktion der Smartphones von Samsung und Huawei. Das war beispielsweise auf der Reise zur Consumer Electronics Show (CES) Anfang Januar nach Las Vegas ein großer Vorteil. So hatte ich stets meine geschäftliche und private deutsche SIM-Karte und zwei amerikanische Prepaidkarten (AT&T und T-Mobile) in Betrieb. Aber auch in Deutschland ist die Dual-SIM-Funktion von Vorteil - etwa um innerhalb von Gebäuden mit mäßigem Mobilfunkempfang auf ein "Reservenetz" zurückgreifen zu können, ohne gleich ein zweites Handy mitzunehmen.

Samsung Galaxy S8+ Duos Samsung Galaxy S8+ Duos
Foto: teltarif.de
Beim Samsung Galaxy S8+ Duos faszinierte mich von Anfang an die Größe des Displays, auch wenn für die Video-Wiedergabe das 16:9-Format günstiger wäre. Hier ist mir das iPhone X ehrlich gesagt ein bisschen zu klein. Am Huawei Mate 9 gefallen mir der sehr gute Lautsprecher und die sehr gute Akkuleistung. Das Blackberry KEYone schätze ich wegen der Hardware-Tastatur, auf der ich nach wie vor besser schreiben kann als auf einem Touchscreen.

Erfreulich ist zudem der einheitliche USB-C-Standard anstelle einer Sonderlösung, wie sie die Lightning-Norm von Apple darstellt. Das erspart auf Reisen die Mitnahme zusätzlicher Kabel und Adapter. Dafür gefällt mir Apple CarPlay besser als Android Auto mit seiner aus meiner Sicht etwas unübersichtlichen Menüstruktur und der Gängelung der Nutzer, die - auch an der Ampel stehend - länger als wenige Sekunden Bedienschritte ausführen, sodass das Menü "aus Sicherheitsgründen" blockiert wird, weil man sich wieder auf den Verkehr konzentrieren soll. Zum einen kann die Bedienung ja auch der Beifahrer übernehmen, zum anderen blickt man in einer solchen Situation doch erst recht lange auf das Auto-Display, um die gewünschte Einstellung vorzunehmen, sobald das Menü wieder freigegeben ist.

Probleme bei der Smartwatch-Nutzung

Die Smartphone- bzw. Smartwatch-Nutzung im Auto brachte allerdings noch ein weiteres Problem mit sich, das ich von der Kombination aus iPhone und Apple Watch nicht kannte. Immer dann, wenn das Handy per Bluetooth mit dem Car-HiFi-System verbunden war, wurde die Verbindung zur Smartwatch gekappt. Das ist im Auto nicht weiter schlimm, sondern verhindert sogar Ablenkung vom Straßenverkehr. Es nervt allerdings ungemein, wenn man die Samsung Gear S3 classic, die ich im Einsatz hatte, nach jeder Fahrt wieder manuell mit dem Handy koppeln muss.

Wenn man die Samsung-Uhr zusammen mit dem Huawei Mate 9 verwendet, gibt es einen Workaround: Sobald man die Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Smartwatch für das Telefon-Audiosignal trennt, tritt das Problem nicht auf. Benachrichtigungen kommen auf der Uhr weiterhin an und der Nachteil, nicht mit der Smartwatch telefonieren zu können, hat mich nicht weiter gestört. Nutzt man die Samsung-Smartwatch jedoch am Samsung Galaxy S8+ Duos, so funktioniert dieser Trick nicht. Sobald man die Verbindung für das Telefon-Audio trennt, wird gleich die komplette Bluetooth-Verbindung zwischen Smartphone und Handy-Uhr abgeschaltet.

Huawei Watch 2: Extrem schlechte Erfahrungen

Samsung Gear S3 classic Samsung Gear S3 classic
Foto: teltarif.de
Ich habe später auch eine Huawei Watch 2 ausprobiert - vornehmlich für den Google-Pay-Test, den wir auf teltarif.de bereits veröffentlicht haben. Ich wollte die Uhr mit dem Huawei Mate 9 koppeln und hatte abermals mit massiven Problemen zu kämpfen. Eigentlich kann man bei der Einrichtung nicht viel falsch machen. Man lädt die Android-Wear-App aus dem Google Play Store und koppelt darüber Smartphone und Smartwatch. Das klappte in meinem Fall auch - aber dann ging es nicht weiter. Auf der Uhr erschien der Hinweis "nach Updates wird gesucht", auf dem Handy wurde "Smartphone-Infos werden abgerufen. Dies kann einige Minuten dauern." angezeigt.

Aus den einigen Minuten wurden gefühlte Stunden. Ich habe in dieser Zeit mehrfach die Uhr auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt, den Cache der Android-Wear-App gelöscht und die Prozedur von neuem gestartet. Das Ergebnis war immer wieder das gleiche, bis es irgendwann - warum auch immer - dann doch mal geklappt hat. Google Pay funktionierte dann genauso gut wie Apple Pay mit der Apple Watch.

Aber auch die Huawei Watch 2 machte Probleme, nachdem das Smartphone per Bluetooth mit dem Car-HiFi-System verbunden wurde. Benachrichtigungen vom Handy kamen auf der Uhr noch an, der Internet-Zugang stand aber nicht mehr zur Verfügung, sodass ich beispielsweise nicht mehr auf den Google Play Store zugreifen konnte. Ich versetzte die Smartwatch kurz in den Flugzeugmodus und hob diesen wieder auf. Dann funktionierte der Internet-Zugang wieder, dafür kamen keine Push-Benachrichtigungen mehr auf der Uhr an. Das wiederum funktionierte erst wieder, nachdem ich das Huawei Mate 9 neu gestartet hatte. Wirklich überzeugend war das nicht.

Viele Podcast-Apps - aber kaum brauchbare

Nicht einfach gestaltete sich auch die Suche nach einem geeigneten Podcast-Client für Android. Entweder die App bietet keine Synchronisation der Abos und Episoden über mehrere Geräte (Podcast &Radio Addict), GoogleCast für die Übertragung zur HiFi-Anlage gibt es maximal als experimentelles Beta-Feature (AntennaPod), manche Podcast-Folgen werden nicht respektive zeitlich verzögert geladen (Pocket Casts) oder einige Podcasts laufen erst gar nicht (CastBox) - um nur einige der Probleme zu nennen, die mir im Laufe der vergangenen zwei Monate über den Weg gelaufen sind. Hier machen Anwendungen wie Overcast, Downcast oder auch die Apple-eigene Podcast-App den deutlich besseren Job.

Huawei Mate 9 Huawei Mate 9
Foto: teltarif.de
Wenig überzeugend finde ich auch die Update-Politik der Hersteller von Android-Geräten. Mein Samsung GalaxyTab S3 LTE hat noch Android 7.0 mit Sicherheitspatch vom 1. August 2017 an Bord und bekommt offenbar keine Aktualisierungen mehr. Blackberry Mobile setzt - bei den laut Eigenwerbung sichersten Android-Smartphones auf dem Markt - in Deutschland und Großbritannien mal eben für mehr als drei Monate die Verteilung der Sicherheitspatches von Google aus und kündigt heute schon an, das Blackberry KEYone nur noch bis Mai 2019 zu supporten. Das Gerät wurde in Ländern wie der Türkei erst Anfang 2018 überhaupt in den Verkauf geschickt, in Deutschland gab es im Weihnachtsgeschäft preislich attraktive Verkaufsaktionen. Da ist es schon befremdlich, wenn man erfährt, dass nur noch knapp eineinhalb Jahre Updates verteilt werden.

Probleme auch bei iOS

Natürlich ist auch bei Apple nicht alles optimal. So ärgert es mich regelmäßig, dass der E-Mail-Client von iOS Probleme damit hat, wenn die gleiche Mail parallel in zwei Postfächern eingeht. Im gemeinsamen Posteingang für alle E-Mail-Adressen wird die elektronische Post nur einmal angezeigt. Löscht man die Mail, so ist sie nicht mehr sichtbar, wird aber auf dem App-Icon als ungelesene Post angezeigt, die im zweiten Postfach auch tatsächlich noch vorhanden ist und sich nur löschen lässt, wenn man diesen Posteingang explizit anstelle des Sammelpostfachs ansteuert.

Mal eben per Bluetooth Dateien austauschen funktioniert nur über das Apple-eigene AirDrop-Protokoll und eine App, die nicht im offiziellen Store verfügbar ist. Die Installation von der Hersteller-Webseite oder aus einem alternativen Software-Shop wird offiziell nicht unterstützt von Apples iOS. Nicht zuletzt stört mich die fehlende Dual-SIM-Unterstützung des iPhone, die fehlende Anzeige von Netzbetreiber, Status einer Rufumleitung oder des Nicht-stören-Modus speziell beim iPhone X. Bereits erwähnt habe ich den Lightning-Standard, der zwar gut funktioniert, aber eben doch eine propritäre Lösung darstellt, die spätestens nach der Einführung von USB-C, das von Apple beim MacBook ja ebenfalls eingesetzt wird, überflüssig ist.

Persönliche Einschätzung: Apple kann weniger - das dafür aber besser

Android-Wear-Einrichtung mit Huawei Watch 2 Android-Wear-Einrichtung mit Huawei Watch 2
Foto: teltarif.de
Unter dem Strich kann die iOS-Plattform von Apple vielleicht etwas weniger als das Android-Ökosystem von Google. Zudem ist die Geräteauswahl naturgemäß begrenzt, da das iPhone nunmal nur von Apple hergestellt wird. Dadurch kann der Hersteller auch die Preise diktieren, um zur eingangs geübten Kritik zurückzukommen. Auf der anderen Seite funktionieren iPhone, iPad und nicht zuletzt die Apple Watch in meinem persönlichen Anwendungsszenario besser als die Smartphones, Tablets und Smartwatches aus der Android-Welt.

Festzuhalten bleibt, dass dies ein subjektiver, persönlicher Erfahrungsbericht ist, der auf meinem persönlichen Nutzungsszenario basiert. Andere Anwender haben andere Anforderungen und werden ganz sicher zu völlig anderen Ergebnissen kommen. So gibt es natürlich auch Apps, die bei Android selbstverständlich sind, die man bei Apple aber vergebens sucht.

Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Ich verwende nach zwei Monaten "Android pur" nun wieder ein iPhone X und ein iPad Pro als Hauptgeräte. Die beiden Android-Smartphones Samsung Galaxy S8+ Duos und Huawei Mate 9 bleiben zusätzlich im Einsatz, zumal ich auf die Dual-SIM-Funktionen und auch auf die Möglichkeit, Android weiterhin quasi einem Dauertest zu unterziehen, nicht verzichten möcht. Vom Samsung GalaxyTab S3 LTE habe ich mich wieder getrennt, zumal neben den ausbleibenden Sicherheits-Updates auch die im Vergleich zum iPad bescheidene Akkulaufzeit des Tablets gegen dieses Gerät spricht.

In einer weiteren Meldung finden Sie unseren ausführlichen Testbericht zum iPhone X.

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