Kommentar: Android bei Nokia - eine Ohrfeige für Google und anspruchsvolle Anwender
Android bei Nokia
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"Wir wollen anders sein, und das mit aller Kraft" - so könnte man die ersten Schritte des nicht mehr lange selbständigen Unternehmens Nokia in die Android-Welt zusammenfassen. Lange war darüber spekuliert worden, ob der finnische Konzern sich jemals auf das quelloffene System einlassen würde - und wenn ja, in welcher Form. Seit heute wissen wir, wie das Ergebnis aussieht - die X-Serie wurde heute Vormittag auf dem MWC in Barcelona der Öffentlichkeit präsentiert.
Das Thema "Android bei Nokia" stand von Beginn an unter ungünstigen Voraussetzungen. Auf der einen Seite hat Nokia seit einigen Jahren mit der Lumia-Serie und dem klaren Fokus auf Windows Phone ein klares Bekenntnis zu Microsoft abgelegt. Diese Zusammenarbeit gipfelt in der geplanten Übernahme von Nokia durch Microsoft. Es war also klar, dass Nokia mit einem Android-Smartphone niemals die Gefühle von Microsoft verletzen darf. Doch das war nicht die einzige Herausforderung.
Android ist Marktführer, sorgt aber auch für eine unglaubliche Produktschwemme
Android bei Nokia
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Bezüglich der Verkaufszahlen ist Android weltweit betrachtet der unbestrittene Marktführer. Dem System kommt zu Gute, dass es sowohl auf billigen Smartphones für Einsteiger als auch auf High-End-Geräten einsetzbar ist. Außerdem ist es selbst ohne teure Lizenzen nutzbar, beispielsweise auf billigen Geräten für Entwicklungs- und Schwellenländer.
Dieser Preisvorteil bei Android hat aber eine unglaubliche Schwemme an billigen, uninspirierten, gesichtslosen Android-Smartphones und -Tablets hervorgebracht, die abseits der Produkte von fünf bis sechs großen Herstellern keine Innovationen gesetzt haben, sondern eher Langeweile hervorrufen.
Nokia X-Serie hebt sich positiv von der Masse ab - mit Kompromissen
Nokia X-Serie hebt sich positiv von der Masse ab.
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Konnte Nokia wirklich an dieser Android-Produktschwemme teilnehmen und einfach nur ein weiteres Android-Smartphone auf den Markt werfen nach dem Motto "Wir wollen auch mitmachen?" Damit wäre Nokia als ehemaliger Handy-Vorreiter sich selbst untreu geworden. Selbst mit einer nur etwas abgewandelten Oberfläche hätte die X-Serie maximal ein müdes Lächeln hervorgezaubert - mit dem hämischen Kommentar vieler Beobachter: "Na endlich hat Nokia es auch kapiert, dass Android gut ist".
Umso mehr überrascht das Konzept der Nokia-X-Serie, die der Hersteller heute vorgestellt hat. Google-Dienste bleiben außen vor, zentrale Apps bekommt der Nutzer von Nokia und Microsoft. Auch härteste Nokia-Kritiker müssen zugeben, dass der Konzern damit immerhin seiner eigenen Linie treu geblieben ist. Gleichzeitig ist die X-Serie aber auch ein Schlag ins Gesicht von Google - denn Nokia stellt damit die Behauptung auf: "Wir können auch ein gutes und preiswertes Android-Smartphone bauen, ohne ständig zu Euren Diensten wie Play Store, Google Maps, GMail usw. gezwungen zu werden". Wer Android mag, aber ein Kritiker der stets dominierenden Google-Dienste auf den Smartphones und Tablets ist, wird die X-Serie möglicherweise als Befreiung feiern.
Nokias ersten Schritte in der Android-Welt.
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Doch die Realität sieht wohl eher so aus, dass versierte Android-Fans, die schon länger das System nutzen, ihre Daten auf Google-Servern gespeichert haben und über Maps navigieren, diese Dienste auf der X-Serie schmerzlich vermissen werden. Die X-Serie ist also wohl nicht für etablierte Android-Fans gedacht, sondern eher für Neueinsteiger, die ihren ersten Cloud-Service auch genauso gut bei Microsoft One Drive anmelden können. Auch Lumia-Nutzer, die unter Windows Phone diverse Apps vermissen, sollten sich die X-Serie einmal anschauen. Die offiziell vorgesehene Installation von APK-Dateien per microSD-Karte stellt versierte Android-Nutzer vor keine Probleme, aber Smartphone-Einsteiger wird das eher abschrecken.
Schade ist, dass die X-Serie nicht die hohen Ansprüche von Hardware-Enthusiasten erfüllen wird. Technisch, aber auch preislich werden die Geräte der X-Serie stets unterhalb der Lumia-Serie angesiedelt bleiben. Wer also High-End-Leistung, eine ausgefeilte Kamera, ein Metall-Gehäuse oder andere Top-Features will, muss weiterhin zur Lumia-Serie mit Windows Phone greifen - oder sich ein Top-Smartphone von Samsung, HTC, Sony, LG oder einem anderen Android-Spezialisten kaufen.