o2: Letzte Meile mit 5G auf 26 GHz
Trotz aller regulatorischen Bedenken hat auch bei Telefónica die 5G-Ära längst begonnen. Wie es praktisch funktionieren könnte, zeigte das Unternehmen gestern in Hamburg einigen fachkundigen Journalisten vor Ort.
5G-Pilot mit Samsung in Hamburg
Anschlussbuchsen des 26 GHz-Empfängers: USB, Stromversorgung und LAN-Ausgang. Unter der Klappe steckt die SIM-Karte.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Für den Versuchsbetrieb in Hamburg konnten sich vorhandene o2-DSL-Festnetz-Kunden bewerben. Am Ende wurden rund zwei Dutzend Pioniere ausgewählt, die für drei Monate mit dem Internetzugang via 5G-Funk "spielen" und mit ihrem klassischen Festnetz vergleichen konnten. Technisch schafft der 5G-Zugang locker 1 GBit/s im Downstream, aber praktisch, so berichteten die anwesenden Techniker von Telefónica und Samsung, brauchten die meisten Kunden im Alltag kaum über 300 MBit/s.
Als Technik-Partner hatte Telefónica den koreanischen Hersteller Samsung gewählt. Hierzulande wenig bekannt, liefert Samsung nicht nur hochwertige Mobiltelefone, sondern auch passende Netztechnik für 4G und 5G. In den USA wird solche 5G-Hardware bereits über den dortigen Netzbetreiber Verizon an Kunden vertrieben.
Funken auf 26 GHz
Die Empfangsantenne steht bewusst vor dem Fensterrahmen, weil es hier besser geht: 1 Gbps Download auf 26 GHz.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Der in Hamburg verwendete Frequenzbereich ist ungewohnt hoch: 26 GHz. Er wird dazu genutzt, um die "letzte Meile" in das Haus oder die Wohnung des Kunden über Funk zu realisieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Oft liegt am Haus keine Glasfaser, das Graben und Verlegen wäre aufwendig und teuer und im Haus fehlt die notwendige Verkabelung, um die schnellen Signale aus dem Keller in die einzelne Wohnung zu bringen. Da bietet sich eine Funklösung an. Mit den "Millimeter-Wellen" geht das offenbar besser als gedacht, wenn auch nicht immer und überall.
Da die 5G-NR (5G-New Radio) Technik kommerziell noch nicht verfügbar war, wurde auf den vorläufigen 5G-TF-Standard von Samsung zurückgegriffen. Es kam bei dem Test in erste Linie darauf an, die Frequenz 26 GHz auszuprobieren und zu erfahren, wie ganz normale Kunden, die in der Regel keinerlei technischen Hintergrund haben, damit klar kommen.
Bei 26 GHz gingen die Techniker davon aus, dass zwischen Kunde und Mobilfunk-Sendestation absolut freie Sicht bestehen müsste. Im Demobetrieb im Frühstücksraum eines Hamburger Hotels im Industriegebiet hatte aber der Empfänger zum 260 m Luftlinie entfernten Senderstandort gar keine direkte Sicht und funktionierte trotzdem. In der Sichtlinie zwischen Antenne und Konferenzraum blockierte ein Baum (im Winter ohne Blätter) den direkten Weg. Der Empfang erfolgte über Reflexionen.
Es kann sich also durchaus lohnen, mit der Antenne im Haus zu "spielen" und das Signal selbst zu "optimieren". Denkbar wären auch Außenantennen an der Hauswand zu montieren, sofern man im Eigentum wohnt oder der eigene Vermieter mitspielt. Anhand einer Diagnose-Software, die Samsung selbst entwickelt hat, um die Datenrate zu testen, oder über einen gängigen Speed-Test im Netz, etwa den von Ookla sieht der Kunde schnell, wann es besser funktioniert.
Die Antenne ist der beste Verstärker
Der vorhandene Router des Kunden (hier eine Fritz!Box) kann hinter dem 26 GHz Empfänger weiter verwendet werden.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Empfangs-Einheit von Samsung auf dem Tisch stand hinter dem Fensterrahmen, denn dort hat sie besseren Empfang, als direkt vor der Fensterscheibe selbst. In der Empfangseinheit sind 32 Antennen verbaut, ein LAN-Anschluss, ein USB-Anschluss und eine Buchse für die Stromversorgung sind ebenfalls vorhanden. Das Gerät hat die Größe einer altmodischen Tischuhr. Da die Einheit handlich ist, kann der Kunde sie verschieben oder umstellen, um den besten Empfang zu ermitteln. Wird die Fensterscheibe gekippt, steigt der Signal-Pegel nochmals an.
Hinter dem 26-GHz-Empfangsmodul geht es über ein LAN-Kabel weiter zu einem klassischen Router, der schon vorhanden sein könnte. In der Demonstration war das eine FRITZ!Box, die ein eigenes WLAN aufspannte. In diesem WLAN konnten wir mit einem Smartphone (hier ein iPhone 8) Geschwindigkeiten von über 300 MBit/s messen. Das WLAN-Tempo wird hier von der WLAN-Strecke und den technischen Möglichkeiten des Routers begrenzt. Die vollen 1 GBit/s ließen sich hingegen am testweise direkt an der Empfangsrichtung angeschlossenen Laptop mit schnellem USB-Anschluss zeigen.
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