Eines Tages brauchen wir keine Antivirenprogramme mehr
Wie berichtet, war am Montag volles Haus im Basecamp von Telefónica in Berlin. Dunja Hayali, bekannt aus dem ZDF Morgenmagazin, den „Heute“ Nachrichten oder eigenen Diskussions-Sendungen, nahm die Teilnehmer auf eine Reise in die digitale Zukunft mit.
Zunächst stellte sie sich als „technisch interessierte Nutzerin“ vor, die zu Hause einen „Echo“-Lautsprecher beherbergt und die Smartwatch eines bekannten kalifornischen Herstellers am Handgelenk hat.
„Wir tragen heute Smartphones mit uns herum, die mehr Power haben, als der Computer der Mondlandefähre. Wir haben in Sri Lanka eine bessere Netzabdeckung als in Deutschland und dort ist es auch deutlich billiger als in Deutschland.“
Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte gesagt, „wer Visionen hat, sollte zum Doktor gehen“, aber dieser Ansicht wolle sie widersprechen. „Schade, dass die Teleportation ("Beam me up, Scotty") noch nicht funktioniert“, es werde wohl nicht vor 2050 passieren. Was aber passieren müsse, sei der Ausbau der Netze und die „Guys“ sollten sich damit beeilen.
Wir leben in einer "Wireless society"
Beschäftigt sich gerne mit schwierigen Themen: Die Journalistin und ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die den Abend im Basecamp moderierte
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Während in manchen Bereichen der Welt der Fortschritt kaum sichtbar sei, wird in der digitalen Branche alles schnell und komprimiert. Man könne Systeme mit der Sprache und bald auch„gedankengetrieben“ steuern, „wir leben in einer Wireless society“.
Treffen wir uns noch real oder sind unsere Verabredungen künftig als Hologramm denkbar? Werde das Wort „Delay“ (Verzögerung) bald zum Fremdwort? Sei der Satz „Mein Zug hatte Verspätung“ bald keine Entschuldigung mehr?
Werden „Fake News“ künftig mit künstlicher Intelligenz erkannt, bevor sie veröffentlicht werden. Kann künstliche Intelligenz ungewohnte Situationen wie zum Beispiel das aktuelle Corona-Virus besser beherrschbar machen, generell bei Krankheiten helfen?
Ist eine Welt denkbar, wo kulturelle Unterschiede zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern, Kulturkreisen mit verschiedenen Sprachen und Denkweisen durch Übersetzung in real-time, inklusive dem lokalen Humor, der Ironie oder Satire möglich werden, so dass sich Menschen künftig besser verstehen?
Täglicher Kampf mit der Technik
Aber Dunja Hayali gab auch zu Bedenken, dass der Kampf mit der Technik schon dabei beginne, wenn sie nur etwas doppelseitig ausdrucken wolle. Wie halte es die neue Technik mit Datenschutz oder Sicherheit? Gibt es nur noch Experten, die sich damit auskennen? Stehen wir vor einer „ digitalen Diktatur“? Wird unser Leben geprägt durch gewollte Technik? Oder prägt Technik unser Leben?
Wie sieht es mit dem Energieverbrauch bei xG aus? (xG = 5G, 6G, 7G etc.) Wird das Perpetuum mobile möglich oder entsteht eine neue unerschöpfliche Energiequelle? Der Forscher Nikola Tesla wollte vor über 100 Jahren drahtlos Daten übertragen, es gelang ihm damals (noch) nicht. Heute können wir mit „Wireless charging“ Energie übertragen.
Eugene Kaspersky: Wir werden bald keine Antivirusprograme mehr brauchen
Eugene Kaspersky Gründer des gleichnamigen Cyber-Security-Unternehmens ist laufend weltweit unterwegs. Für ihn ist 5G eine pure Notwendigkeit. Wenn er mit dem Taxi heimfahren wolle und sein Nachbar wolle das zufällig auch, dann sollte die Cloud das schon wissen, dadurch könne man gemeinsam Kosten sparen.
Und wenn die Cloud ausfällt?
Weltweit auf der Jagd nach Malware unterwegs: Eugene Kaspersky, Chef und Gründer des bekannten Sicherheitsunternehmens
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Heutzutage sei der Cyberraum wichtiger als der Mensch. „Wir vertrauen auf Cloud Machine Learning“, was aber ist bei einem Ausfall etwa durch einen Blackout? Fallen wir in längst vergangene Zeiten zurück?
Sein Sicherheitsunternehmen sammele jedes Jahr 300 000 neue bösartige Dateien. Unter den Angreifern seien viele Profis unterwegs, „die können auch Profis angreifen“. Und die „Bösen“ sind längst vom PC zum Smartphone, zu IoT (Internet of Things) und zur Cloud gewechselt. Cyber Security sei auch etwas Paranoia - er trage eine gute und eine schlechte Seite in sich.
Systeme sind sicher, wenn...
Man müsse mit Sabotage-Angriffen oder Attacke auf die Cloud rechnen. Ein System sei denn erst gut gesichert, wenn die Kosten, es zu knacken, höher sind, als der damit anrichtbare Schaden.
Doch Kaspersky hat auch eine Vision, dass in absehbarer Zukunft sichere Systeme („nicht auf Linux-Basis") denkbar sein könnten, die seinen Job überflüssig machen könnten. Er ist optimistisch, dass seine Enkel oder Urenkel in einer sicheren Cyberwelt werden leben können.
Arne Schönbohm: Wir müssen das Geschäft betreiben, sonst vertreibt es uns
Arne Schönbohm, Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), wirkte gar nicht „bürokratisch“, sondern weiß um was es geht. „5G wird die Basis unserer Gesellschaft“, war seine klare These, und er stellte einige Fragen in den Raum: "Ist beispielsweise VW noch ein deutsches Unternehmen? Wo kommen die Baugruppen her? Wie viel Software ist in den Autos enthalten, kennen wir deren Funktionen und Fehler bis ins Detail? Kann „Spionage“ oder „Sabotage“ sicher erkannt werden? Wie gehen wir mit den möglichen Risiken um?"
Testen testen testen
Arne Schönbohm, Präsident des BSI (links), im Gespräch mit Eugene Kaspersky (Mitte)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Um Software und Hardware findet derzeit eine intensive Diskussion statt. Der deutsche, der europäische Ansatz seien Tests. Etwa 350 definierte Tests, sollten 5G nicht verhindern, sondern sicherer machen. Im Paragraphen 109 des Telekommunikationsgesetzes ist ein Sicherheitskatalog festgelegt.
Die Sicherheit müsse permanent beobachtet werden, es könne keinen deutschen Alleingang geben, notwendig sei ein europäischer Werkzeugkasten.
Sein Ziel ist es, "Verfügbarkeit und Sicherheit von 5G-Netzen zu gewährleisten und damit das Vertrauen in die Technologie zu stärken“. Sein Leitspruch sei: „Entweder treibst Du das Business voran oder es treibt dich hinaus.“
Fragen nach dem Hier und Jetzt: "Wann kann ich in meiner Straße 5G wirklich empfangen und nutzen?" beantwortete der Abend nicht. Aber ab und zu ist es auch wichtig, sich einmal grundsätzliche Gedanken zu machen. 5G wird kommen, früher oder später, allen Bedenken und Ängsten zum Trotz.