Wirtschaftsspionage

Deutsche Firmen beliebte Zielscheibe von Spionageaktivitäten

Die Spione kommen auf die rabiate Tour mit einer Schadsoftware oder umgarnen ihre Opfer in sozialen Netzwerken. Ausländischen Geheimdiensten geht es um politischen Einfluss. Wirtschaftsspione saugen sensible Unternehmensdaten ab.
Von dpa / Dominik Haag

Wirtschaftsspionage Wirtschaftsspionage in Niedersachsen boomt.
dpa
Der Agent nimmt Kontakt auf, persönlich oder auf die moderne Masche per Facebook: Zwar ist mit dem heimlichen Eindringen in Computernetze das Ausspähen von Unternehmen und Institutionen inzwischen aus der Entfernung möglich, dennoch hat die klassische Spionage nicht ausgedient. Niedersachsen steht als erfolgreicher Wirtschaftsstandort nach Angaben des Verfassungsschutzes weiter im Fokus von Spionageaktivitäten. Im zurückliegenden Jahr wurden entsprechende Verdachtsfälle bearbeitet, heißt es im kürzlich vorgestellten Verfassungsschutzbericht 2017.

Vor allem Russland, China und Iran unter Verdacht

Wirtschaftsspionage Wirtschaftsspionage in Niedersachsen boomt.
dpa
In einem Fall gab es Kontaktversuche eines ausländischen Nachrichtendienstes zu einem niedersächsischen Gesprächspartner aus der Wirtschaft. Um welches Land es sich handelte, wollte der Verfassungsschutz nicht sagen. Die Behörde sensibilisierte den Wirtschaftsvertreter für die Gefahren. Auch die IHK Niedersachsen bestätigte Spionageversuche durch ausländische Nachrichtendienste, nannte aus Gründen der Vertraulichkeit aber keine Einzelheiten.

Wenn es um fremde Geheim- und Nachrichtendienste geht, seien nach wie vor China, Russland und Iran Hauptverantwortliche für Spionage, so der Verfassungsschutz. Teils als Botschafts- oder Konsulatsmitarbeiter getarnt, beschafften die Agenten Informationen oder leisteten Unterstützung bei geheimdienstlichen Operationen ihrer Zentralen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten orientiere sich an den politischen Vorgaben der jeweiligen Länder und deren wirtschaftlichen Prioritäten. In mehreren Fällen wurden in Niedersachsen Firmennetzwerke von einer Schadsoftware befallen, wobei eine nachrichtendienstliche Steuerung nicht auszuschließen war.

China versucht es über Social Media

Über soziale Netzwerke versuche der chinesische Nachrichtendienst in letzter Zeit, Kontakte zu Personen zu knüpfen, die an Schaltstellen der Politik, etwa in der Landesverwaltung oder in Parteien, arbeiten, so der Verfassungsschutz. In mehreren Fällen wurde über soziale Netzwerke mit gefälschten Accounts versucht, einen Kontakt aufzubauen. Als Profilbild waren junge Asiaten mit einem europäisch klingenden Vornamen und einem chinesischen Familiennamen abgebildet, die für eine angebliche chinesische Consultingfirma Geschäftskontakte knüpfen wollten. Solche Anbahnungsversuche solle man ignorieren und den Verfassungsschutz informieren, riet die Behörde.

Wenn es um Wirtschafts- und Industriespionage geht, steht Niedersachsen etwa mit der Automobil- und Schifffahrtsbranche, der Laser- und Sensortechnik sowie mit Windenergieanlagen und Landmaschinen im Fokus von Konkurrenzfirmen und Nachrichtendiensten, weiß der Verfassungsschutz.

Verfassungsschutz bietet professionelle Hilfe

"Es gilt die Faustformel 'Je innovativer, desto gefährdeter'", sagt die Hauptgeschäftsführerin der IHK-Niedersachsen [Link entfernt] , Susanne Schmitt. "Aber grundsätzlich ist jedes Unternehmen betroffen. Es ist eine Illusion, dass nur nach bahnbrechenden technischen Innovationen spioniert wird." Auch normale Kalkulationen und aktuelle Angebote an Kunden seien häufig interessant. Am meisten gefährdet seien die Unternehmen, die sich wenig schützten, erklärte die IHK-Chefin.

Eine Steigerung gab es 2017 bei technischen Angriffen auf die IT-Systeme von Unternehmen mit Trojanern. Außerdem mehrten sich sogenannte Fake-Boss-Betrügereien, wovon vor allem Unternehmen mit mehreren Standorten auch im Ausland betroffen waren. Bei dieser "Chef-Masche" verschaffen sich Kriminelle Informationen über Unternehmen. Sie geben sich dann als deren Geschäftsführer aus und weisen Mitarbeiter per Mail an, große Geldbeträge für angeblich wichtige Geschäfte auf Konten in Asien oder Osteuropa zu überweisen, all dies unter großer Geheimhaltung. Die Konten werden anschließend sofort leergeräumt.

Eine steigende Zahl von Firmen nutzt inzwischen professionelle Hilfe des Verfassungsschutzes und der Industrie- und Handelskammer. Vor allem Informationsangebote zu Internet- und Computerkriminalität stießen bei den Firmen auf rege Nachfrage. Dabei sollte der Fokus nicht nur auf dem technischen Schutz des Unternehmens liegen.

Es sei wichtig, auch die Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren und weiterzubilden, sagte Schmitt. Denn insbesondere beim Faktor Mensch setzt das sogenannte Social Engineering an, das zwischenmenschliche Beeinflussen von Menschen, mit dem Ziel, an vertrauliche Informationen zu kommen. Wie der Verfassungsschutz sagt, werden dafür vermehrt soziale Netzwerke wie Xing oder Facebook genutzt.

In einer weiteren Meldung berichten wir über den neuesten Hacker-Trend gegenüber Social-Media-Nutzern.

Mehr zum Thema Internet-Kriminalität