Persönlicher Abschied

Tschüss Windows XP: Nach 13 Jahren hast du ausgedient

Heute wird Windows XP letztmalig mit Updates versorgt und wir verabschieden das Betriebssystem in einem persönlichen Rückblick. Von neuen Features über Sicherheitslücken bis hin zu ungewöhnlichen Einsatzorten hatte das System einiges zu bieten.
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Tschüss Windows XP Tschüss Windows XP: Nach 13 Jahren hast du ausgedient
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Liebes Windows XP! Heute ist nun also der lange angekündigte Tag gekommen, an dem du von deinem Schöpfer Microsoft zum letzten Mal mit Updates versorgt wirst. Wir waren ja schon etwas entsetzt darüber, wie der Konzern dich in den letzten Monaten schlecht geredet hat, nur um einen deiner Nachfolger verkaufen zu können. Aber naja - so funktioniert eben die Marktwirtschaft. Und ganz ehrlich: Die allerjüngste bist du nach nun fast 13 Jahren auch nicht mehr.

Als du am 25. Oktober 2001 das Licht der Welt erblicktest, warst du eines der ersten Klickibunti-Betriebssysteme auf dem Markt und hast dich damit positiv vom Grau deiner Windows-Vorgänger und vom Weiß deines Mac-Konkurrenten abgehoben. Auch in technischer Hinsicht brachtest du viele Neuerungen: Deine Unterstützung von Hardware-Treibern war besser als alles, was wir bis dahin gesehen hatten. Wenn du wüsstest, welche Treiber-Katastrophen wir zum Teil bei deinen Vorgängern erlebt hatten! Mit dir war die alte, oft instabile Kernel-Linie von Windows 95/98/ME endlich ausgestorben. Doch das war noch nicht alles.

Bessere Dateiunterstützung, dafür erstmals Produktaktivierung

Tschüss Windows XP Tschüss Windows XP: Nach 13 Jahren hast du ausgedient
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Unter deinen Vorgängern mussten wir für viele heutzutage übliche Dateiformate für Bilder, Musik, Filme und Dateiarchive ein separates Programm installieren. Diese konntest du nun öffnen. Auch wer ins Internet wollte, musste nun für Standard-Netzwerkhardware nicht mehr zig Netzwerkprotokolle manuell nachinstallieren. Und du konntest jetzt auch CDs brennen - wenn auch nur sehr rudimentär.

Zum ersten Mal enttäuscht hast du uns so kurz nach der ersten Installation: Dein Schöpfer Microsoft forderte bei dir erstmals eine Produktaktivierung. Heutzutage, wo wir alle dauerhafte Netzwerkverbindungen haben, merken wir davon fast gar nichts mehr. Aber damals hast du uns tatsächlich zum Telefon geschickt: Wir mussten einen Sprachcomputer bei Microsoft anrufen, eine ellenlange Nummer über die Telefontastatur eintippen und uns dann eine andere lange Nummer aufschreiben, um dich zu aktivieren. Ob das wirklich der Eindämmung von Piraterie gedient hat, wissen wir nicht, wir haben für dich und deine Geschwister jedenfalls immer brav bezahlt.

Schwere Sicherheitslücken und deren Behebung

Aus heutiger Sicht ein Witz: Windows XP auf Tablets Aus heutiger Sicht ein Witz: Windows XP auf Tablets
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In der ersten Zeit waren wir eigentlich recht zufrieden mit dir und erfreuten uns an deiner Stabilität und an deinem Bedienkomfort. Den von früheren Windows-Versionen bekannten Bluescreen hatten wir schon fast vergessen. Doch so nach und nach tauchten auf der ganzen Welt Leute auf, die dir ans Leder wollten, um deine Sicherheit zu testen. Und in dem Punkt hast du leider kläglich versagt.

In deiner Auslieferungsversion standest du sicherheitstechnisch offen wie ein Scheunentor und wir können mit Glück sagen, dass wir dank unseres eigenen umsichtigen Verhaltens nie Opfer eines Hackerangriffs oder eines schweren Datenverlusts geworden sind. Anderen Leuten ist das aber zuhauf geschehen, und deswegen musstest du grundlegend renoviert werden.

Mit dem Service Pack 2 ab August 2004 bekamst du eine richtige Firewall mit einer Datenausführungsverhinderung, ein Sicherheitscenter und einen Popup-Blocker. Damit konnte man zwar nicht jeden Angriff abwehren, aber weniger versierte Nutzer konnten nun nicht mehr durch Unachtsamkeit in Sekundenschnelle ihr ganzes System zerstören. Während deiner Lebenszeit haben wir auch gelernt, was ein Patchday ist: Ein Tag im Monat, an dem regelmäßig Sicherheitslücken geschlossen werden.

Eine coole Idee war es, falls doch mal deine Neuinstallation notwendig wurde, sich vorher eine so genannte Slipstream-CD anzufertigen, bei der alle Patches und Service Packs bereits ins Installations-Medium integriert waren. Nervig war nur, dass du den Treiber für SATA-Festplatten nicht in der Installationsroutine hattest - so mussten wir ständig eine Treiberdiskette einlegen und dafür ein Diskettenlaufwerk behalten.

Erst der zweite Nachfolger wurde Windows XP gefährlich

Windows XP: Ruhe in Frieden Windows XP: Ruhe in Frieden!
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Lustig fanden wir im Januar 2007, dass dein damals vorgestellter Nachfolger Windows Vista dir nie wirklich gefährlich werden konnte. Vista fraß auf unseren Rechnern so dermaßen viele Ressourcen und hatte eine so nervige Benutzerkontensteuerung, dass wir wieder reumütig zu dir zurückgekehrt sind. Auch für die damals neue Geräteklasse der Netbooks warst du ja auf einmal wieder sehr gefragt.

Nachdem du viele Jahre treu, stabil und meistens zuverlässig deinen Dienst verrichtet hast, wurde im Oktober 2009 dein Nach-Nachfolger Windows 7 vorgestellt. Diese Variante hatte erstmals den Vorteil, dass sie nicht so viele Systemressourcen beanspruchte. Man musste also - im Gegensatz zu dir und zu Vista - für Windows 7 nicht zwingend neue Hardware kaufen. Damit gab es schon weniger Gründe, dich noch beizubehalten.

Manchmal freuen wir uns, wenn wir dich unverhofft an einem ganz ungewöhnlichen Einsatzort treffen, beispielsweise als Embedded-System in einem Info-Monitor oder so. In der Regel erkennen wir dich dann an Fehlermeldungen, die direkt mitten auf der Anzeige stehen und einen Fehlerhinweis zeigen, der schön kryptisch aussieht. An solchen Stellen wirst du uns bestimmt noch eine Weile erhalten bleiben.

Nach einer langen Zeit sagen wir nun also tschüss und danke für fast 13 Jahre mit dir, die überwiegend schön, manchmal auch etwas zeitraubend und in seltenen Fällen nervig waren, wenn du mal wieder einen Scanner oder einen Speicherkartenleser nicht erkennen wolltest. Mögest du in Frieden ruhen!

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