Bestimmungen

Weiter fliegen als bisher erlaubt - mit der 5G-Drohne

Für Drohnen gilt eine Faust­regel: Man darf sie nur so weit fliegen wie man sie sehen kann. Warum eigent­lich? Über den 5G-Mobil­funk könnten ruck­elfreie Verbin­dungen gewähr­leistet werden - und der Pilot könnte sein Sicht­feld gewis­ser­maßen erwei­tern.
Von dpa /

Die 5G-Drohne bei Vodafone mit Gestensteuerung im Einsatz Die 5G-Drohne bei Vodafone mit Gestensteuerung im Einsatz
picture alliance/dpa
Ein Finger­zeig nach vorne, eine Geste nach oben und dann wird die Hand­innen­seite mit einem Finger ange­tippt: Es sieht merk­würdig aus, wie der Voda­fone-Entwickler Mohamed Azzah­hafi in einem Test­zen­trum in Alden­hoven bei Aachen (NRW) im Freien steht und seine Hände hin und her bewegt. Nicht weit entfernt von ihm sieht man in der Luft den Grund für die Gestik: eine Drohne. Der 29-Jährige trägt eine Holo­lens - also eine Brille, die dem Nutzer den Blick auf einen digi­talen Bild­schirm ermög­licht. Mit den Finger­bewe­gungen und der Holo­lens, die die Bewe­gungen als Befehle erkennt, steuert der Pilot die fünf Kilo schwere Drohne. Einen Controller hat er nicht.

Die Gesten­steue­rung soll die Droh­nen­bedie­nung verein­fachen, auch weil die notwen­digen Bewe­gungen leichter erlernbar und intui­tiver sind als die Bedie­nung eines Control­lers. Das digi­tale Feld, das Azzah­hafi dank Holo­lens vor sich sieht, hat Vorteile. So kann er die Drohne ruck­zuck auf einer Land­karte verorten. Selbst wenn die Drohne in einer Wolke verschwindet, ist ihm klar, wo genau sie gerade ist. Das Sicht­feld des Piloten wird dank 5G gewis­ser­maßen digital erwei­tert. Die 5G-Drohne bei Vodafone mit Gestensteuerung im Einsatz Die 5G-Drohne bei Vodafone mit Gestensteuerung im Einsatz
picture alliance/dpa

Echt­zeit-Kommu­nika­tion zwischen Drohne und Pilot

Dass dieses futu­ris­tisch anmu­tende Projekt bisher gut verläuft, liegt auch an einem in der Nähe befind­lichen Mobil­funk­mast. Der über­trägt Signale im 5G-Funk­stan­dard. "Es findet eine Echt­zeit-Kommu­nika­tion zwischen Drohne und Pilot statt, welche eine sichere Steue­rung auch aus großer Entfer­nung ermög­licht", sagt Azzah­hafi. Mit dem Vorgän­ger­stan­dard 4G und mit WLAN-Signalen, mit denen viele Drohnen verbunden sind, wäre das nicht so gut möglich.

Bisher dürfen privat­wirt­schaft­lich betrie­bene Drohnen im Regel­fall nur inner­halb der Sicht­weite fliegen. Das heißt: Der Pilot muss den Flug­körper vom Boden aus sehen können. Die Vorteile von 5G sollen nun ein starkes Argu­ment sein, um Regeln zu ändern und die Reich­weite erwei­tern zu dürfen. Der Pilot sei wegen des Mobil­funk­stan­dards stets genau­estens im Bilde, heißt es von Voda­fone. "Ein schier gren­zen­loses Fliegen wäre möglich, aber nicht erlaubt", sagt Entwickler Azzah­hafi.

Bis jetzt noch strenge Vorschriften

Flüge außer­halb der Sicht­weite sind zwar schon jetzt unter bestimmten Bedin­gungen möglich. Doch dafür sind eine Risi­kobe­wer­tung und eine Betriebs­geneh­migung nötig, und die Vorschriften sind streng. Was aufgrund der Sicher­heits­aspekte verständ­lich ist.

Ein großer Schritt hin zu einer verstärkten Droh­nen­nut­zung könnte 2023 auf Basis von EU-Vorgaben kommen. Dann könnten Droh­nen­luft­räume defi­niert werden, in denen unbe­mannter Flug­ver­kehr auch außer­halb der Sicht­weite unkom­pli­zierter möglich wäre. In solchen Luft­räumen würden die Posi­tionen aller Verkehrs­teil­nehmer erfasst und unter­ein­ander ausge­tauscht. Auch hierfür könnte 5G wichtig werden. Der Mobil­funk­stan­dard soll gewis­ser­maßen ein Schlüssel sein, um die Einsatz­mög­lich­keiten von Drohnen wesent­lich zu erwei­tern.

Achim Friedl vom Verband für unbe­mannten Luft­fahrt (UAV DACH) äußert sich aber zurück­hal­tend. "5G hat große Vorteile, aber für eine gewerb­liche Nutzung bei Droh­nen­flügen müssen noch einige Fragen geklärt werden." So werde das Funk­signal in der Höhe schwä­cher - der Luft­raum sei nicht überall stark genug "ausge­leuchtet". Er betont: "Es muss eine lücken­lose Mobil­funk-Verbin­dung garan­tiert werden, damit ein Pilot immer steuern und beispiels­weise eine Kolli­sion mit einem anderen Flug­objekt vermeiden kann." Erst wenn diese Garantie für den beab­sich­tigten Flug­raum nach­gewiesen sei, würden behörd­liche Geneh­migungen für den gewerb­lichen Flug­betrieb erteilt.

Bislang eher auf Campus­netzen einge­setzt

Auch Voda­fones Wett­bewerber haben das 5G-Poten­zial erkannt. Mit 5G-gesteu­erten Drohnen ließen sich neue Anwen­dungen im indus­tri­ellen Bereich umsetzen und Prozesse von Geschäfts­kunden opti­mieren, heißt es von Telefónica Deutsch­land. "Schwer zugäng­liche Außen­anlagen wie Strom­masten, Brücken, Kraft­werke oder Häfen können mittels 5G-gesteu­erter Drohnen und unseres o2-5G-Netzes noch schneller und effi­zienter über­wacht werden", sagt Tech­nik­chef Mallik Rao.

Bisher spielt 5G bei Droh­nen­ein­sätzen vor allem in soge­nannten Campus­netzen eine Rolle. Das sind abge­grenzte Bereiche, in denen eine Firma oder eine andere Orga­nisa­tion digital geschützt ist und sehr leis­tungs­starke Verbin­dungen hat. Am Hamburger Hafen sind Drohnen im 5G-Campus­netz der Telekom unter­wegs. Und Indus­trie­firmen nutzen Drohnen auf ihrem Werks­gelände für unter­stüt­zende Funk­tionen.

Das Voda­fone-Beispiel aus Alden­hoven zeigt nun, dass jenseits der Campus­netze mehr möglich ist. 5G-Droh­nen­flüge könnten auch bei Über­schwem­mungen oder Wald­bränden helfen, um noch während des Flugs Aufnahmen zu über­mit­teln, preist Voda­fone weitere Vorzüge an. Ein Haken daran ist, dass längst noch nicht alle Ecken Deutsch­lands 5G-Empfang haben. Der Ausbau läuft aber auf Hoch­touren.

Brücken­inspek­tionen oder Kontroll­flüge an Gaspipe­lines

Große Stücke auf 5G hält auch Ralph Schepp, Geschäfts­führer bei der Firma Droniq. Das Unter­nehmen bietet unter anderem ein Verkehrs­manage­ment­system an, das Droh­nen­piloten die Posi­tionen anderer Flug­körper in Echt­zeit anzeigt und Kolli­sionen verhin­dern soll. Hierbei nutzt die Firma, die knapp zur Hälfte der Telekom gehört, das Mobil­funk­netz des Bonner Konzerns - teils 4G, teils 5G.

Schepp erklärt, dass der Mobil­funk­stan­dard 4G für gewisse Anwen­dungen noch ausreiche, etwa zur digi­talen Veror­tung von Drohnen. "Aber wenn es um Echt­zeit-Verbin­dungen und die gleich­zeitig erfol­gende Über­tra­gung größerer Daten­mengen geht, braucht es 5G." Als Beispiel nennt er Brücken­inspek­tionen oder Kontroll­flüge an Gaspipe­lines - Droh­nen­auf­nahmen davon könnten dank 5G noch während des Fluges über­tragen und ausge­wertet werden. "Da werden enorme Band­breiten nötig, die für 5G kein Problem sind."

Chris­tian Müller von der European Heli­copter Asso­cia­tion nennt das 5G-Poten­tial für Drohnen "enorm" - der Funk­stan­dard habe "das Poten­zial, allen Teil­neh­mern des Luft­raums weitere Fähig­keiten zu ermög­lichen". Zarte Bedenken hat er aber auch und weist auf "den Einfluss der 5G-Wellen auf gewisse Instru­mente in Luft­fahr­zeugen in der zivilen Luft­fahrt" hin. Das sei vor allem in den USA ein Thema, in Europa seien die Frequenz­bänder weit genug ausein­ander. In Zukunft könnte das aber auch hier ein Thema werden, "wenn die Frequenz­bänder ausge­weitet werden, damit mehr Daten über­tragen werden können".

Eine Messe, ein Rockkon­zert oder ein Groß­ereignis: Hier wird kurz­fristig eine gute Mobil­funk­ver­sor­gung gebraucht. Ein über 5G steu­erbarer Ballon könnte hier helfen, solange Energie und Netz ausrei­chen.

Mehr zum Thema 5G