Exklusiv-Interview

Telekom-Chef: "Reservierte Liege muss auch genutzt werden"

Niek Jan van Damme: Roaming, Vectoring, Netzneutralität & Routerzwang
Von Thorsten Neuhetzki

Wir haben eben kurz über Spotify im Mobilfunk gesprochen, was die Kunden akzeptieren. Im Festnetz gibt es umgekehrt einen Aufschrei, wenn man laut über ähnliche Modelle nachdenkt. Warum gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung eigentlich einen Unterschied zwischen Festnetz und Mobilfunk, wenn es um Netzneutralität und Datendrossel geht?


Niek Jan van Damme: Im Mobilfunk sind wir schon immer an Inklusivvolumen und zusätzliche Kosten gewöhnt. Im Festnetz-Internet ist eigentlich alles inklusive und der Kunde akzeptiert - abgesehen vom Onlineshopping - kaum, im Internet Geld auszugeben. Daran sind wir auch selbst ein bisschen Schuld und haben das zu lange laufen lassen. Und wenn man das so kennt, erwartet man auch, dass es so bleibt. Niek Jan van Damme (links) im Gespräch mit teltarif.de-Redakteur Thorsten Neuhetzki Niek Jan van Damme (links) im Gespräch mit teltarif.de-Redakteur Thorsten Neuhetzki
Foto: teltarif.de / Marleen Frontzeck

Im Festnetzmarkt gibt es immer mehr Anbieter, die ihren Kunden einen bestimmten Router oder ein bestimmtes Modem vorschreiben. Bei der Telekom ist das noch nicht so. Bleibt das auch weiterhin so?


Niek Jan van Damme: Wir empfehlen unseren Kunden einen Router, aber wir zwingen sie nicht, ein bestimmtes Modell zu nehmen. Das kann man vielleicht mit einem Autohersteller vergleichen, der seinen Kunden empfiehlt, nur Original-Ersatzteile zu verwenden. Er muss es aber nicht. Und das bleibt bei uns auch so.

Diskussionen haben wir auch beim Thema Roaming. Frau Kroes will, dass wir demnächst im EU-Ausland nicht mehr als innerhalb Deutschlands zahlen. Für Sie als Netzbetreiber muss das doch eine Horrorvorstellung sein?


Niek Jan van Damme: Ja, schon. Ich verstehe die Forderung auch nicht. Wenn Sie einen Brief ins Ausland schicken, zahlen Sie auch mehr, als wenn der Brief innerhalb Deutschlands bleibt. Uns entstehen ja auch Kosten. Und es gibt genug Wettbewerb in diesem Markt, das sehen wir ja an der Preisentwicklung. Wir haben gerade den Preis für unseren Travel & Surf Tagespass auf 2,95 Euro gesenkt, das Datenvolumen beim Travel & Surf Wochenpass auf 150 MB erhöht und bieten unseren Vertragskunden bis zum 30. September eine Woche lang kostenloses Surfen in den Ländern der EU. Das zeigt doch: Wir brauchen die Reglementierung aus Brüssel nicht.

Dass die Kunden ein solcher Schritt freuen würde, können Sie aber vermutlich verstehen. Oder ist diese Freude zu kurz gedacht?


Niek Jan van Damme: Selbstverständlich verstehe ich hier die Kunden, das würde mich als Kunde ja auch freuen. Am Ende bedeutet das aber ja auch für uns Netzbetreiber, dass wir weniger Geld verdienen. Dadurch können wir wiederum weniger investieren und das könnte zu einer abnehmenden Qualität führen. Nicht nur bei uns, sondern auch im Ausland.

Weniger Geld könnten Sie auch durch die Neuausschreibung der GSM-Frequenzen zur Verfügung haben. Was bedeutet das für Sie als Netzbetreiber und in der Folge auch für die Kunden?


Niek Jan van Damme: Wie das am Ende ausgeht, muss sich zeigen. Jetzt beginnen erst einmal die Konsultationen, dann wird die Bundesnetzagentur entscheiden. Von daher sind die Folgen noch nicht abschätzbar. Man weiß nicht, ob wir in zwei bis drei Jahren, wenn es so weit ist, noch vier Netzbetreiber haben oder ob es weniger sind oder ob noch mehr Anbieter mitbieten. Um aber noch einmal ein Netz in Deutschland aufzubauen, brauchen Sie Genehmigungen und Sie müssen Ausbauverpflichtungen erfüllen, sonst verlieren Sie die Frequenzen wieder. Das kostet alles viel Geld für einen neuen Anbieter. Insgesamt besteht das Risiko, dass zuviel Geld für den Erwerb der Frequenzen verlangt wird, welches dann für den Breitband-Ausbau fehlt.

Sie gehen also nicht wirklich von einem neuen Anbieter aus? Eine "3 Deutschland" wäre vorstellbar oder aber die Deutsche Bahn - sei es für interne Zwecke (GSM-R) oder für die Versorgung der Züge für das WLAN-Netz, die Sie heute übernehmen.


Niek Jan van Damme: Ich kann nicht ausschließen, dass so etwas passiert. Aber ich glaube nicht, dass es da ein riesiges Interesse gibt. Bei LTE sind andere Mitbieter sehr schnell ausgestiegen. Was die Deutsche Bahn angeht, ist es richtig, dass die sich die Versteigerung anschauen. Aber ich weiß nicht, ob es für die nicht sinnvoller wäre, hier mit bestehenden Netzbetreibern zusammenzuarbeiten, statt eine eigene Infrastruktur aufzubauen.

Auf der dritten und letzten Seite erklärt Niek Jan van Damme im Gespräch mit teltarif.de, wie der WLAN-Ausbau im ICE schneller vorangehen soll, warum es teilweise ungenutzte LTE-Sender gibt und warum nicht alle Kunden LTE nutzen können.

Mehr zum Thema Telekom Deutschland