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Telekommunikation: Vom Luxusgut zur Allgemeinware

smart grid, eCall & mehr: Die Zukunft liegt im Service für andere Branchen
Aus Köln berichtet

Andererseits unterscheiden sich die Aufgaben für die Entwickler beim "smart grid" deutlich von denen der vorgenannten Technologien: Statt um "schneller, höher, weiter" geht es um "effizienter, günstiger, einfacher": Telekommunikation im Smart Grid ist nicht Selbstzweck, sondern nur ein Hilfsmittel, um Stromerzeuger und Stromverbraucher optimal unter möglichst geringer Störung des Nutzers zu koordinieren. Wenn Kunden ihren Kühlschrank erst mal konfigurieren müssen, damit er richtig kühlt, dann werden sie kirre. Und ein "smart grid", dass für die Installation der ganzen "smarten" Zähler und Schaltelemente mehr Kosten verursacht als eine der bereits verfügbaren Speicherlösungen (Pumpspeicherkraftwerke, NaS-Batterien etc.), und/oder beim Betrieb mehr Strom verbraucht, als die Speicher beim Laden/Entladen verlieren, ist alles andere als "smart".

Somit ist klar, dass die Telekommunikationsbranche mit dem "smart grid" nicht allzu viel verdienen wird. Für die Chip-Hersteller dürfte es zudem sogar egal sein, ob sich die Tk- oder am Ende doch die Energie-Branche auf einen Standard für effiziente Fernschaltsysteme einigt: Sie dürften so oder so zu ihren Umsätzen kommen. Für Tk-Dienste-Anbieter wird es hingegen einen Unterschied machen, ob die elektrischen Standard-Schaltsysteme der Zukunft zu ihren Diensten und Systemen kompatibel sind oder nicht.

Autos reden miteinander

Aber auch andere Branchen intensivieren den Telekommunikations-Einsatz. Dr. Burkhard Milke, Direktor für elektrische Systeme, Hybridantriebe und Elektrofahrzeuge bei Opel, erläuterte das anschaulich. Heute üblich sind Handy-Halterung samt Außenantenne und der fast schon obligatorische Fernbedienungs-Schlüssel. Schon bald dürften auch die "Projektion" des Handy-Displays auf größere Displays im Auto oder die Fernabfrage und Fernsteuerung von Auto-Systemen über das Smartphone (Türverriegelung, Licht/Parklicht, Kilometerstand, Benzinstand, Selbstdiagnose/Wartung, Standheizung) in der Mittelklasse zum Standard werden; in der Oberklasse sind sie zum Teil schon heute verfügbar.

Hinzu kommt laut Milke schon bald die Kommunikation zwischen Autos, um Unfälle zu vermeiden oder schneller zum Ziel zu kommen: Bremsassistenten könnten im nachfahrenden Auto fast verzögerungsfrei eine Bremsung auslösen, wenn sie dank Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation erfahren, dass der Fahrer des vorausfahrenden Autos gerade hart auf das Bremspedal getreten hat. Ansätze zu einer Kommunikation zwischen Autos gibt es bereits heute, beispielsweise den online-Datenaustausch zwischen Navigationssystemen eines Herstellers über aktuelle Staustellen.

Automatische Notrufsysteme wie eCall können zwar keine Unfälle vermeiden, aber helfen, deren Folgen zu reduzieren: Nach einem Aufprall wird dazu ein ganzes Datenpaket der eh vorhandenen Sensoren (Position und letzte Fahrtrichtung vom Navigationssystem, Schwere des Aufschlags vom Airbag-Steuersystem usw.) ausgelesen und an die Rettungsdienste geschickt. Gleichzeitig wird eine Sprachverbindung ins Fahrzeug aufgebaut, damit der Fahrer, falls er noch sprechen kann, weitere Angaben machen kann. Entsprechend schneller kann der Krankenwagen ausrücken, und entsprechend genauer kann der Einsatz geplant werden. Die regelmäßige Ausstattung von Neuwagen mit eCall wird von der EU ab 2014 angepeilt; in Russland soll das kompatible System "Era Glonass" schon ab 2013 Pflicht werden.

Telekommunikation als Nebenfunktion

Die beiden Beispiele aus der Energie- und Autobranche lassen sich fast beliebig erweitern: Die Medienbranche liefert ihre Inhalte zunehmend über das Internet aus. Funkmodems helfen der Versicherungsbranche, wertvolle Güter zu taggen und nach einem Diebstahl wiederzufinden. Bauern können Wasserpumpen in Abhängigkeit der aktuellen Bodenfeuchtigkeit und des prognostizierten Wetters fernsteuern. Einzelhändler wiederum können abfragen, welche Automaten aufgefüllt werden müssen. Die Gesundheitsbranche steht (zugegebenermaßen schon recht lange) vor der Einführung der "elektronischen Gesundheitskarte".

In demselben Maße, wie Telekommunikation als Nebenfunktion in immer mehr Geräten und Diensten enthalten ist, wird sie aber auch zur Selbstverständlichkeit, für die die Kunden nicht mehr bereit sind, viel zu bezahlen. Die Mobilfunk-Netzbetreiber spüren diesen Trend seit Jahren: Die Zahl der aktiven SIM-Karten steigt unaufhaltsam weiter, deutlich über die Bevölkerungszahl hinaus. Zugleich sinkt der Umsatz pro Karte. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren abschwächen könnte.

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