Kritik

Wirtschaftsminister Rösler besorgt über Telekom-DSL-Drossel

Auch Verbraucherministerin Aigner befürchtet Nachteile für die Kunden
Von dpa / Thorsten Neuhetzki

Rösler ist kein Freund der aktuellen Telekom-Pläne Rösler ist kein Freund der aktuellen Telekom-Pläne
Foto: dpa
Die Pläne der Deutschen Telekom, Obergrenzen für das Datenvolumen im Festnetz einzuführen, haben die Bundesregierung auf den Plan gerufen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zeigte sich in einem Brief an Telekom-Chef René Obermann besorgt über die Ankündigung. Der FDP-Minister warnte vor möglichen Einschränkungen für Flatrate-Kunden, wie Spiegel Online unter Berufung auf das Schreiben berichtete. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte die Äußerungen. Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht Nachteile für Verbraucher.

Bundesregierung und Wettbewerbsbehörden würden "die weitere Entwicklung in Bezug auf eine eventuell unterschiedliche Behandlung eigener und fremder Dienste unter dem Aspekt der Netzneutralität sehr sorgfältig verfolgen", zitierte Spiegel Online Rösler. Die Bundesnetzagentur prüfe das geplante Modell bereits mit Blick auf die Netzneutralität, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Rösler setzt sich für die Förderung von Internet-Diensten in Deutschland ein.

Die Telekom plant, dass ihr eigener Video- und Fernsehdienst Entertain nicht beim Verbrauch des Daten-Kontingents berücksichtigt wird. Bei Konkurrenten wie Apple oder Amazon wäre das nach aktuellem Stand anders. Ihre Kunden könnten entsprechend frühere an die Volumen-Obergrenzen stoßen und eventuell mehr bezahlen müssen.

Watchever kritisiert Entwicklung

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Heute meldete sich der Videodienst Watchever als erster Telekom-Wettbewerber kritisch zu Wort. "Die Entwicklung des Internet ging immer von langsam zu schnell und von der Beschränkung hin zur kundenfreundlichen Flatrate. Komplizierte Volumentarife mit zahlreichen Einschränkungen im Kleingedruckten haben in der Vergangenheit nicht funktioniert", sagte Geschäftsführerin Sabine Anger der dpa. Watchever lasse dem Kunden freie Wahl und stelle das Angebot ohne jede Einschränkung bereit - "das ist der Weg für erfolgreiche Geschäftsmodelle im Internet". Bei der im Januar gestarteten Tochter des französischen Vivendi-Konzerns gibt es für 8,99 Euro im Monat eine Streaming-Flatrate für Filme und Serien. Andere Video-on-Demand-Anbieter zeigten sich in ersten Reaktionen gegenüber der Redaktion von teltarif.de gelassener.

Die Telekom sieht das hauseigene Angebot Entertain als Ausnahme, weil es ein "Managed Service" sei, bei dem der Konzern die Qualität garantiere. Auch andere Videodienste könnten gegen extra Bezahlung von der Telekom einen "Managed Service" bekommen und dann würden auch ihre Daten nicht mitgerechnet.

16-MBit/s-Neu-Anschlüsse ab 2. Mai nur noch mit 75 GB pro Monat

Die Telekom hatte am Montag angekündigt, dass für Neukunden vom 2. Mai an Obergrenzen für den monatlichen Datenverkehr bei Festnetz-Flatrates gelten werden. So kann die Telekom bei Leitungen mit einer Geschwindigkeit bis 16 MBit/s die Geschwindigkeit drosseln, wenn das Datenvolumen 75 GB überschreitet. Die Tempo-Bremse solle nach derzeitigen Planungen aber erst 2016 greifen. Die Ankündigung wurde von vielen Kunden und Netzpolitikern als Verstoß gegen die Netzneutralität kritisiert.

Verbraucherschutzministerin Aigner sagte Spiegel Online, in den neuen Tarifen sei kein Fortschritt für die Kunden zu erkennen. "Die Telekom muss aufpassen, dass sie nicht übers Ziel hinausschießt. Flatrates derart zu begrenzen, ist sicher nicht verbraucherfreundlich", kritisierte sie. Die Telekom argumentiert, mit der neuen Regelung müssten nur diejenigen Kunden mehr bezahlen, die tatsächlich ein sehr hohes Datenvolumen nutzen.

Telekom: "Eine faire Lösung"

Die Deutsche Telekom betonte, sie teile die Ziele der Bundesregierung zur Netzneutralität. "Die Telekom steht für das freie und offene Internet: Netzneutralität wird in der Debatte teilweise mit einer Gratis-Internetkultur verwechselt", sagte ein Sprecher. Er verteidigte ausdrücklich die Pläne angesichts anstehender Milliarden-Investitionen in die Netz-Infrastruktur. "Die Alternative wäre gewesen, die Preise pauschal für alle Kunden zu erhöhen." Nach Vorstellung der Telekom sollten stattdessen nur Kunden, die überdurchschnittlich viel Hochgeschwindigkeits-Internet nutzen, zur Kasse geben werden. "Eine faire Lösung, finden wir."

Umfrage: Welches Datenvolumen benötigen Sie

Auf teltarif.de läuft derzeit eine Umfrage mit der Frage, welche Anschlussgeschwindigkeit Sie gebucht haben und welches Datenvolumen Sie im Monat im Durchschnitt benötigen. Sollten Sie noch nicht teilgenommen haben, bitten wir Sie, an der kurzen Umfrage teilzunehmen. Der Zeitaufwand liegt bei maximal zwei Minuten.

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