Telekom-CEO Höttges: Weniger Bürokratie beim Netzausbau
Bei einer Hauptversammlung treffen sich viele Aktionäre, um sich über "ihr" Unternehmen zu informieren, ein bisschen Börsenluft zu schnuppern oder bei gutem Essen und Trinken sich neue Produkte des Unternehmens anschauen zu können.
Bei der Telekom ist außerdem immer ein gut vernetztes Hotline-Team für Kunden-Problemfälle vor Ort, doch dieses Jahr war alles anders.
Mit großem Abstand und weitgehend virtuell: Schauplatz der Telekom Hauptversammlung 2020
Foto: Deutsche Telekom
Der Covid-19-Pandemie geschuldet wurden Gesetze geändert, Aktionärshauptversammlungen können erstmalig "virtuell" stattfinden. So auch bei der Deutschen Telekom Aktiengesellschaft, die gestern ihre vorgeschriebene Hauptversammlung abhielt, ausgerechnet 25 Jahre nach Gründung des Unternehmens als AG.
Ab etwa 10 Uhr konnte man unter www.telekom.com den Livestream beobachten. Ein Saal mit einer Bühne, darauf vier Personen und im Saal ein - zwei - drei Kameras und kaum sichtbar, Kameramann und vermutlich noch ein oder zwei Techniker.
Finanzchef Christian P. Illek: Die Auswirkungen der Corona-Krise sind überschaubar
Foto: Deutsche Telekom
Drei Personen bestreiten den Tag
Die handelnden Personen: Prof. Ulrich Lehner, lange Zeit an führender Stelle beim Henkel (u.a. Waschmittel) Konzern in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Telekom-Aufsichtsrates. Er begrüßte die Zuschauer und erklärte ruhig die teilweise komplexen Verfahrensfragen und Regeln. Die Hautplast des Tages lagen bei Christian P. Illek, Finanzchef der Deutschen Telekom und seinem Chef, dem CEO Timotheus Höttges.
Sie gaben Erklärungen zur Lage der Telekom ab und beantworteten zahllose Frage zu bestimmten Kennzahlen und Produkten bis ins Detail, gut vorbereitet von einem unsichtbaren Team im Hintergrund. Es ging um Regulierung, Vorstandsgehälter, die Dividende oder die Corona-App beispielsweise.
Appelle an Politik und Wettbewerb
Telekom Chef Tim Höttges informierte die Aktionäre über die Lage und Pläne des Unternehmens
Foto: Deutsche Telekom
Telekom-Chef Höttges betrat die reale Bühne der virtuellen Versammlung, um klare Appelle an Politik und Wettbewerb auszusenden. Um beim Netzausbau wirklich schneller voranzukommen, forderte Höttges einen Abbau von Bürokratie und Regulierung beim Netzausbau. "Wir sind ein völlig überbürokratisiertes Land", kritisierte er.
Bei der aktuell anstehenden Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes müssten klare Anreize für den Netzausbau geschaffen werden, außerdem sollten die Genehmigungsverfahren deutlich vereinfacht werden. Besonders bei den dringend benötigten Funkmaststandorten an Bahngleisen klemmt es oft in langwierigen Verfahren. Bei ihrem Mobilfunkgipfel hatte die Bundesregierung diese Woche angekündigt, die Dauer von Genehmigungsverfahren für Mobilfunkstandorte von durchschnittlich 18 auf rund drei Monate senken zu wollen.
Funklöcher schließen, Glasfaser ausrollen und 5G
Neben der Schließung von Funklöchern und der Verlegung von Glasfaserkabeln konzentriert sich die Telekom beim Ausbau stark auf den 5G-Standard. Wie schon berichtet, will die Telekom bis Juli 2020 etwa 40 Millionen Menschen in Deutschland mit 5G versorgen. 12 000 Antennen seien dafür bereits auf- oder umgestellt.
Dabei muss man allerdings berücksichtigen, dass bislang nur die allerwenigsten gängigen Smartphones bereits für 5G geeignet sind. Höttges erklärte ausführlich, dass die Telekom beim Ausbau ihres weiterhin auf mehrere verschiedene Ausrüster ("Multi Vendoren Strategie") setzt und im Funk(Radio)-Teil auch auf den politisch nach wie vor umstrittenen chinesischen Hersteller Huawei.
Kritik an Dividende
25 Jahre Deutsche Telekom AG und ihre Chefs (v. r.) Wilhelm Pällmann, Ron Sommer, Helmut Sihler, Helmut Ricke, René Obermann, Kai-Uwe Ricke, Timotheus Höttges
Foto: Deutsche Telekom
Da Großveranstaltungen (aktuell meist über 250 Personen) aufgrund der Corona-Pandemie weiterhin nicht möglich sind, konnten die Aktionäre der Telekom in diesem Jahr "ihre" Manager nicht persönlich befragen. Sie mussten ihre Fragen vorab online einreichen.
Einige hatten dabei die vorgeschlagene Dividende von 60 Cent als zu niedrig kritisiert, im Hinblick auf das Rekordergebnis im Jahr 2019 und der etwas höheren Dividende im Vorjahr.
Auch die Regeln für die Vorstandsvergütung, die bereits seit Jahren nicht mehr vom Aufsichtsrat verändert wurden, wurden kritisch angesprochen. Prof. Ulrich Lehner kündigte an, die Vorstandsvergütung nach den neuen gesetzlichen Vorgaben wieder auf den Prüfstand zu stellen. Ergebnisse soll es auf der Hauptversammlung 2021 geben.
Corona-Auswirkungen überschaubar
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind für die Telekom zwar spürbar, halten sich jedoch in Grenzen, weshalb das Management seine Prognose vor der Krise bestätigte. "Wir sind unterproportional betroffen, aber natürlich gibt es Effekte im Markt", erklärte Finanzvorstand Christian Illek seine Zahlen. So habe es etwa massive Einbußen beim Mobilfunk-Roaming gegeben, da die Menschen kaum noch gereist seien.
Blick hinter die Kulissen: Der Technikraum für Bild und Ton
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Dafür waren Festnetz, Internet und mobile Telefonie verstärkt gefragt. Zudem wurde der Deutschen Telekom gemeinsam mit dem Softwarekonzern SAP "die Ehre zuteil", für die Bundesregierung die kürzlich an den Start gegangene Corona-Warn-App zu entwickeln.
Hintergründe zur Corona-Warn-App
Als die Bundesregierung dafür anfragte, habe er sich sehr gefreut, diesen wichtigen, gesellschaftlichen Beitrag leisten zu dürfen, berichtete Höttges sichtlich stolz. Aber: Eine kostenlose Entwicklung sei kein Thema gewesen. "Die Telekom will sich an der Krise keinesfalls bereichern", betonte Höttges. Man könne es sich aber auch nicht leisten, Geld damit zu verlieren. Höttges reagierte damit auf die Kritik über Kosten in Millionenhöhe.
Rund 100 Mitarbeiter der Telekom hätten aus anderen Teams abgezogen und neu strukturiert werden müssen, um die App kurzfristig gemeinsam mit SAP entwickeln zu können. Dies sei in 50 Tagen gelungen. "Das ist extrem schnell", sagte Höttges mit Blick auf den Vorwurf, es habe zu lange gedauert. Der Bund habe sich erst Ende April für die dezentrale Open-Source-Lösung entschieden und mehrfach betont, das aufgewendete Geld sei gut investiert. Als Kosten für die App-Entwicklung waren von der Bundesregierung bereits rund 20 Millionen Euro genannt worden.
Nach dem Start der App wurden weitere laufende Kosten bekannt. Für Wartung, Pflege und Betrieb der App und anderer Komponenten veranschlagt der Bund in diesem und im kommenden Jahr rund 45 Millionen Euro.
Laut Statista hatten bis gestern bereits 9,6 Millionen Nutzer die Corona-Warn-App heruntergeladen und installiert.