Internetradio

Alexa und Co. sollen Internetradio neuen Boom bescheren

Das Internetradio stagniert und ist in der Tagesreichweite sogar hinter das digital-terrestrische Radio DAB+ zurück gefallen. Sprachgesteuerte Systeme wie Alexa und mehr non-lineare Angebote sollen für einen neuen Aufschwung sorgen.
Von

Internetradio wird zumeist auf Smartphones gehört. Internetradio wird zumeist auf Smartphones gehört.
Bild: Radioplayer.de
Die große Boomzeit des Internetradios ist zunächst vorbei. Zwar gibt es immer mehr Menschen, die zumindest gelegentlich Radio aus dem Netz hören, das digital-terrestrische Radio hat das Webradio allerdings bei den Tagesreichweiten überholt, falls bereits Radioempfang über DAB+ im Haushalt vorhanden ist.

Laut einer Reichweitenstudie, die am gestrigen Montag beim Radiotag auf der IFA vorgestellt wurde, erreicht das Internetradio hier 20 Prozent der Bevölkerung. DAB+ kommt inzwischen auf 22 Prozent. Noch deutlicher ist der Unterschied bei der Hördauer in Minuten. Hier entfallen auf DAB+ 130 und auf das Webradio nur 41 Minuten.

Internetradio wird inzwischen vorrangig auf mobilen Wegen wie Smartphones oder Tablets gehört. Die Nutzung am PC ist rückläufig, spezielle WLAN-Radios sind bei der Nutzung Schlusslicht und noch hinter Smart-TVs zurück gefallen. Internetradio-Hörer sind zumeist jung, männlich und gut gebildet, wie Dr. Oliver Ecke, Managing Director Kasntar TNS, bei der Vorstellung des Digitalisierungsberichts 2017 der Landesmedienanstalten verriet.

Mehr Angebote auf Radioplayer und ARD-Audiothek

Internetradio wird zumeist auf Smartphones gehört. Internetradio wird zumeist auf Smartphones gehört.
Bild: Radioplayer.de
Auf dem anschließenden Panel "Hybrider Ansatz: Hörfunk auf allen Plattformen" sehen die Panel-Teilnehmer eine Ursache der Stagnation des Internetradios darin, dass Radiohörer es gerne einfach mögen, und der Zugang zum Webradio noch zu kompliziert sei. Laut Caroline Grazé, Geschäftsführerin von Radioplayer.de, könnten sprachgesteuerte Systeme wie Alexa von Amazon eine Revolution bedeuten und zugleich das Zugangs-Problem lösen. Sie verzeichne "ungeheure Downloadzahlen" des Alexa-Skills des Radioplayers, der die wichtigsten deutschen Radiosender vereint und strebt eine Integration mit dem Radioplayer auch in WLAN-Internetradios an. Ihrer Meinung nach würden die vorhandenen Portale nicht ausreichend gepflegt, es gebe viele verwaiste Streams. Sie wünscht, dass sich künftig noch mehr Sender am Radioplayer beteiligen.

Jan Weyrauch, Programmdirektor Radio Bremen, stellte die ARD-Audiothek vor, die im Herbst ans Netz gehen soll. Er spricht von einem "Netflix fürs Radio". In dem Angebot sollen Beiträge und Sendungen aus den Archiven der ARD zum Abruf bereit stehen. Live-Streams der ARD-Radios soll es hier zwar nicht geben, für diverse Interessensgruppen plane die ARD allerdings Streams für Couch Potatoes. Auch die gezielte Volltextsuche nach Beiträgen sei möglich. In dem Archiv sollen nur zeitlose Beiträge ohne aktuellen Bezug zur Verfügung gestellt werden. Die Nutzung sei auch offline möglich, der Nutzer könne sich zuvor zu Hause im WLAN-Netz Beiträge herunter laden und unterwegs anhören. Weyrauch will mit der Audiothek auch neue Zielgruppen erreichen oder Menschen, die kein Radio mehr hören.

Amazon-Bundesliga "kein Radioangebot"

Florian Fritsche, Head of Sports bei Amazon Deutschland, stellte das Bundesliga-Audio-Angebot vor. Für ihn sei es ein Audio-, aber kein Radioangebot, auch wenn man einen Lizenzantrag bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) eingereicht habe. Die Bundesliga sei eine sinnvolle Ergänzung für Kunden von Amazon Prime, es sei kein 24 Stunden-Angebot und damit überhaupt nicht vergleichbar mit dem Fußballradio 90elf, für das er verantwortlich war. Generell sieht er webbasierte Audioangebote als möglichen Nachfolger des Radios, auch wenn in einigen Fällen noch rechtliche Fragen ungeklärt seien, etwa das Einbetten von Musiktiteln in Audiobeiträge und Podcasts.

Bernhard Bahners, Managing Director bei radio.de und Caroline Grazé von radioplayer.de betonten, dass sie, anders als Amazon, mit ihren Angeboten keine Nutzerdaten sammeln. Dennoch sieht Dr. Anja Zimmer, Direktorin der mabb in diesem Bereich neue Herausforderungen der Regulierung.

Mehr zum Thema DAB+