Netztest

Im Test: Mobiles Internet im Netz von Telefónica

Von April bis August waren wir quer durch Deutsch­land unter­wegs. Dabei haben wir auch das Telefónica-Netz getestet. Trotz guter LTE-Versor­gung gab es Kritik­punkte.
Von / David Michel

Seit einigen Jahren führt auch teltarif.de einen jähr­lichen Netz­test durch. Für diesen nutzen wir norma­ler­weise das jewei­lige Früh­jahr, sodass die Ergeb­nisse im Sommer fest­stehen. Damit liegen wir mit der Veröf­fent­lichung zeit­lich zwischen den Netz­tests der meisten anderen Medien. In diesem Jahr sind wir Corona-bedingt etwas später dran, zumal wir die Unter­suchungen etwas anders gestalten als von anderen Netz­tests gewohnt.

Anstelle fest­gelegter Test­stre­cken beob­achten wir die Qualität des mobilen Internet-Zugangs immer dort, wo wir beruf­lich oder privat ohnehin gerade unter­wegs sind. Um vergleich­bare Ergeb­nisse zu bekommen, haben wir an sämt­lichen Test­stand­orten alle drei derzeit aktiven deut­schen Mobil­funk­netze unter­sucht. 1&1 blieb außen vor, da das eigene Netz des Neuein­stei­gers unter den Mobil­funk-Betrei­bern noch nicht gestartet ist. o2-Netz im Test o2-Netz im Test
Montage: teltarif.de
Für den Test haben wir in diesem Jahr weite Teile Deutsch­lands von der Ostsee bis ins Allgäu besucht. Wir waren mit dem Apple iPhone 12 Pro Max und dem Samsung Galaxy S20 Ultra unter­wegs. Zudem hatten wir für 5G und "LTE max" frei­geschal­tete SIM-Karten bzw. eSIM-Profile von der Deut­schen Telekom, von Voda­fone und o2 zur Verfü­gung. Der Test­zeit­raum erstreckte sich dieses Mal von April bis August.

Telefónica: LTE an allen Test­stand­orten

Aus dem "Ursprungs­mate­rial", das wir auf den Reisen quer durch Deutsch­land gesam­melt haben, wurden zehn Test­stand­orte von Putt­garden auf Fehmarn bis Füssen im Allgäu und von Freu­den­stadt im Schwarz­wald bis nach Berlin ausge­wählt. Wir haben die o2-Netz­abde­ckung auch zwischen diesen Stand­orten unter­sucht und - wie schon in den Netzen von Telekom und Voda­fone - Audio- und Video­strea­ming getestet.

Anders als Telekom und Voda­fone hat Telefónica sein UMTS-Netz noch nicht voll­ständig abge­schaltet. Das ist erst zum Ende des Jahres geplant. Während wir im vergan­genen Jahr an einzelnen Test­stand­orten noch das 3G-Netz anstelle von LTE zur Verfü­gung hatten, war der 4G-Stan­dard beim Netz­test 2021 an allen Mess­punkten verfügbar. Der verstärkte Netz­ausbau des Münchner Betrei­bers macht sich demnach bemerkbar.

Während wir vor allem im Netz der Deut­schen Telekom, aber auch bei Voda­fone, im Test an einigen Orten auch 5G-Empfang hatten, war das bei o2 dieses Mal noch nicht der Fall. Telefónica star­tete mit dem 5G-Netz erst im Herbst 2020. Das Unter­nehmen nutzt bislang ausschließ­lich den Frequenz­bereich um 3600 MHz. Hier sind aufgrund des verfüg­baren Spek­trums hohe Daten­über­tra­gungs­raten möglich. Dafür deckt jede Basis­sta­tion nur einen kleinen Radius ab.

Hier war das o2-Netz im Test am schnellsten

Auch wenn wir im Mobil­funk­netz der Telefónica keine drei­stel­ligen MBit/s-Werte gemessen haben, bot der mobile Internet-Zugang an vielen Stand­orten eine gute Perfor­mance. In Mainz-Weisenau hatten wir bis zu 93,5 MBit/s im Down­stream zur Verfü­gung. Auch im osthes­sischen Wäch­ters­bach (bis zu 61,9 MBit/s), in Freu­den­stadt im Schwarz­wald (82,6 MBit/s), Lohr/Unter­franken (79,8 MBit/s) und Berlin-Hohen­schön­hausen (65,9 MBit/s) waren die Daten­über­tra­gungs­raten bei Down­loads über­zeu­gend.

Im o2-Netz fiel aber auch auf, dass die Perfor­mance im Upstream nicht mit den Daten­über­tra­gungs­raten in den beiden anderen deut­schen Mobil­funk­netzen mithalten kann. Der Maxi­mal­wert lag bei 27,4 MBit/s - gemessen in Berlin-Hohen­schön­hausen. Ledig­lich in Wäch­ters­bach (bis zu 22,8 MBit/s) hatten wir eben­falls mehr als 20 MBit/s zur Verfü­gung, während es beispiels­weise in Frank­furt am Main-Sossen­heim nicht einmal 10 MBit/s waren. Gute Internet-Performance im Telefónica-Netz Gute Internet-Performance im Telefónica-Netz
Foto: teltarif.de
Ein sehr gutes Bild hinter­ließ o2 wiederum bei den Reak­tions­zeiten. An fünf unserer zehn Test­stand­orte lagen die Ping­zeiten zumin­dest bei einigen Messungen unter der Marke von 20 ms. An sechs Stand­orten haben wir zum Teil mehr als 30 ms gemessen. Das ist insge­samt betrachtet ein gutes Ergebnis, zumal es beim Surfen im Internet mehr auf die Antwort­zeiten als auf sehr hohe Daten­über­tra­gungs­raten ankommt. Beim Strea­ming und bei Down­loads sieht es natür­lich anders aus.

Telefónica leidet an Über­las­tungs­erschei­nungen

Das größte Problem, das wir im Rahmen unseres dies­jäh­rigen Netz­tests im Telefónica-Netz fest­gestellt haben, sind Über­las­tungs­erschei­nungen. Diese machten sich an vier von zehn Test­stand­orten dadurch bemerkbar, dass der Daten­durch­satz trotz gutem LTE-Signal sehr schlecht war. Diesen Effekt haben wir in diesem Jahr punk­tuell auch im Telekom-Netz beob­achtet, aller­dings nicht so ausge­prägt wie im Netz der Telefónica.

In Putt­garden auf Fehmarn und im nieder­säch­sischen Soltau war der mobile Internet-Zugang im Telefónica-Netz schlicht unbrauchbar. An beiden Stand­orten lagen die Daten­über­tra­gungs­raten im Down- und Upstream bei unter 1 MBit/s. Da konnten auch Reak­tions­zeiten von zum Teil weniger als 20 ms nicht entschä­digen. Der Seiten­aufbau beim Surfen im Internet war sehr langsam, an Strea­ming war nicht zu denken und selbst der Nach­richten-Versand über WhatsApp und Tele­gram wurde zum Gedulds­spiel. Das o2-Netz ist mancherorts überlastet Das o2-Netz ist mancherorts überlastet
Foto: teltarif.de
Auch in Füssen im Allgäu und im rhein­land-pfäl­zischen Bad Kreuz­nach hinter­ließ der Internet-Zugang im LTE-Netz der Telefónica keinen guten Eindruck. Down­loads waren in Füssen mit maximal 2,36 MBit/s möglich, in Bad Kreuz­nach waren es bis zu 2,67 MBit/s. Bei Uploads haben wir in Bad Kreuz­nach immerhin bis zu 7,62 MBit/s gemessen, in Füssen nur 1 MBit/s. An beiden Stand­orten lagen auch die Ping­zeiten ober­halb von 30 ms.

Webradio mit 320 kBit/s: Strea­ming-Test­fahrt im o2-Netz

Wie in den beiden anderen deut­schen Mobil­funk­netzen haben wir mobiles Audio­strea­ming auf dem Weg von Osthessen bis nach Rhein­hessen auspro­biert. Vom Groß­raum Fulda fuhren wir auf der A66 bis nach Hanau und dann über die B43a und die A3 bis zum Mönch­hof­dreieck. Dort wech­selten wir für die Weiter­fahrt nach Bad Kreuz­nach auf die A60. Genutzt haben wir einen MP3-Stream mit 320 kBit/s.

Das mobile Strea­ming im o2-Netz funk­tio­nierte auf dieser Strecke sehr gut. Da wir durch­gehend LTE-Empfang zur Verfü­gung hatten, gab es auch prak­tisch keine Aussetzer. Ledig­lich zweimal "stot­terte" der Stream für wenige Milli­sekunden. Damit war das Ergebnis ähnlich wie in den beiden anderen Netzen. Im Telekom-Netz kam es zu keinem einzigen Aussetzer, mit Voda­fone gab es nur am Hanauer Kreuz kurz­zeitig Probleme. Netztests von der Ostsee bis zum Allgäu Netztests von der Ostsee bis zum Allgäu
Foto: teltarif.de
Der Fair­ness halber sei erwähnt, dass die Resul­tate nicht direkt vergleichbar sind: Im Telekom- und Voda­fone-Netz haben wir nur mit dem iPhone 12 Pro Max getestet, im o2-Netz wiederum nur mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra. Hinter­grund: Wir sind diese Strecke nur jeweils einmal in beide Rich­tungen gefahren und konnten somit nur für zwei Netze das gleiche Smart­phone verwenden.

Video-Strea­ming nicht überall

Video-Strea­ming haben wir an allen Test­stand­orten auspro­biert. Egal ob ARD-Media­thek, Zattoo oder Sky Go: In Frank­furt am Main, Wäch­ters­bach, Freu­den­stadt, Lohr, Mainz und Berlin liefen die Streams auch über einen längeren Zeit­raum tadellos. An den anderen vier Mess­punkten klappte das Video-Strea­ming über­haupt nicht oder nur mit starken Ausset­zern. Dies­bezüg­lich waren die Netze der beiden anderen Betreiber zuver­läs­siger.

An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass unsere Test­stand­orte zufällig gewählt wurden - halt eben jeweils an Orten, an denen wir ohnehin auf den mobilen Internet-Zugang zugreifen wollten. Wenige hundert Meter weiter können die Ergeb­nisse schon ganz anders aussehen - im posi­tiven wie auch im nega­tiven Sinn. Zudem kann es auch Unter­schiede zu verschie­denen Tages­zeiten geben. So wird der Internet-Zugang nachts nur von vergleichs­weise wenigen Leuten genutzt, während es nach­mit­tags und abends häufiger zu Über­las­tungen kommen kann.

Test­ergeb­nisse im Telefónica-Netz im Detail

Stadt Down­stream
(in MBit/s)
Upstream
(in MBit/s)
Ping
(in ms)
Frank­furt am Main - Sossen­heim 7,90 bis 30,3 8,46 bis 9,79 18 bis 23
Wäch­ters­bach 57,4 bis 61,9 19,0 bis 22,8 18 bis 21
Freu­den­stadt Markt­platz 56,3 bis 82,6 15,3 bis 15,5 36
Lohr 64,2 bis 79,8 5,84 bis 6,73 36 bis 39
Füssen 1,91 bis 2,36 0,29 bis 1,00 30 bis 34
Mainz-Weisenau 51,5 bis 93,5 12,7 bis 17,5 23 bis 31
Bad Kreuz­nach 1,96 bis 2,67 7,17 bis 7,62 34 bis 38
Soltau 0,12 0,62 bis 0,74 19 bis 36
Putt­garden 0,24 bis 0,68 0,32 bis 0,39 18 bis 21
Berlin-Hohen­schön­hausen 48,3 bis 65,9 20,6 bis 27,4 16 bis 19
Mess­wert-Zeit­punkt: Juni bis Juli 2021 (je nach Standort)

Internet-Perfor­mance noch zu unzu­ver­lässig

Telefónica hat beim Netz­ausbau weit­gehend zu Telekom und Voda­fone aufge­schlossen. Es gibt noch lokale Funk­löcher. Diese gibt es aber in den anderen Handy­netzen auch. Das gilt für GSM und LTE, während der 5G-Ausbau noch weit hinter dem der Mitbe­werber zurück­liegt. Für die meisten Kunden dürfte 5G noch eine unter­geord­nete Rolle spielen. Die eigent­liche Schwäche des o2-Netzes sind daher die Perfor­mance-Engpässe, die wir im Test an immerhin vier von zehn Mess­punkten beob­achtet haben. Hier muss der Netz­betreiber die Kapa­zitäten unbe­dingt ausbauen.

In weiteren Meldungen lesen Sie unsere Test­ergeb­nisse in den Netzen von Telekom und Voda­fone.

Mehr zum Thema Netztest