Förderung

Sendemasten für Frielendorf und Knüllwald

Im hessi­schen Schwalm-Eder-Kreis, wo die klas­sischen Netz­betreiber bisher nicht ausbauen konnten oder wollten, baut jetzt ein Strom­ver­sorger mit staat­licher Förde­rung.
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Funk­löcher sind ein Dauer­brenner. Nicht nur die Bundes-, sondern auch verschie­dene Landes­regie­rungen kümmern sich aktiv darum, dass Funk­löcher in entle­genen Regionen endlich gestopft werden.

Dabei ist gar nicht notwendig, dass die "übli­chen Verdäch­tigen" wie Deut­sche Funk­turm (DFMG für Telekom), Vantage Towers (für Voda­fone) oder American Towers (ATC, für o2) neue Masten bauen. Im länd­lichen Schwalm-Eder-Kreis in Nord-Hessen ist es beispiels­weise der Ener­gie­ver­sorger EAM.

680.000 Euro für zwei Sende­masten

Der Schwalm-Eder-Kreis in Nordhessen ist ländlich geprägt. Hier werden mit Landeshilfe Funklöcher gestopft. Der Schwalm-Eder-Kreis in Nordhessen ist ländlich geprägt. Hier werden mit Landeshilfe Funklöcher gestopft.
Foto: Picture Alliance / dpa
Das Bundes­land Hessen hat eine eigene Digi­tal­minis­terin, Prof. Dr. Kris­tina Sinemus, die heute die ersten Bescheide in Höhe von 680.000 Euro für zwei Mobil­funk­masten an die EAM Netz GmbH über­reicht hat. EAM wird den Bau in Knüll­wald-Lich­ten­hagen und Frie­len­dorf-Leuderode im Schwalm-Eder-Kreis (Nord­hessen) reali­sieren. „In unserem Förder­pro­gramm wurden die Markt­erkun­dungs­ver­fahren für 263 Kommunen weitest­gehend abge­schlossen", teilte die Minis­terin mit. "Nun geht es in die Umset­zungs­phase im Förder­ver­fahren."

Markt­getrie­bener Ausbau hat weiter Prio­rität

Aber nicht alleine mit Förder­gel­dern, sondern auch mit eigenen Mitteln der Netz­betreiber soll der "markt­getrie­bene Ausbau" weiterhin höchste Prio­rität haben. "Durch die von den Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen bis 2024 zu erfül­lenden Auflagen wird sich die Versor­gung weiter verbes­sern“, ist sich Prof. Sinemus sicher.

Ange­passte Bauord­nung

Stolz ist man in Hessen auf die Anpas­sung der Hessi­schen Bauord­nung, um den Mobil­funk­ausbau zu erleich­tern. Dabei wurden die Abstands­flä­chen verrin­gert und die geneh­migungs­freie Mast­höhe nach oben gesetzt. Eine verein­fachte Stand­ort­suche sowie eine Verkür­zung des Geneh­migungs­ver­fah­rens hätten für die Netz­betreiber Vorteile.

Für Kommunen und Bürger wurde beim Breit­band­büro Hessen eine Kompe­tenz­stelle Mobil­funk einge­richtet, betont man in Wies­baden, wo die Landes­regie­rung ihren Sitz hat.

Schöne Zahlen - aber noch viele Funk­löcher

Frau Sinemus konnte einige Zahlen vorlegen: „Die Versor­gung hat sich wesent­lich verbes­sert, so können heute 99,8 Prozent der Haus­halte mindes­tens ein LTE-Netz nutzen und über 95 Prozent der Haus­halte empfangen sogar alle drei LTE-Netze gleich­zeitig." Das liege an der "gemein­samen und erfolg­rei­chen Zusam­men­arbeit", die ihr von allen Anbie­tern beschei­nigt worden sei. In Hessen sei bereits "prak­tisch ein flächen­deckendes Glas­faser­netz bis in fast jeden Orts­teil" entstanden, betont sie. Davon könne auch der Mobil­funk­ausbau profi­tieren.

Länd­lich struk­turierter Land­kreis

Der Landrat des Schwalm-Eder-Kreises, Winfried Becker, freut sich, dass mit den beiden Masten in Frie­len­dorf und Knüll­wald der länd­lich struk­turierter Land­kreis endlich besser mit Mobil­funk versorgt wird. Mit der Über­gabe der Bewil­ligungs­bescheide wurde der "Start­schuss für weitere Inves­titionen in diese Infra­struktur" im Kreis gegeben. Die Kosten werden zu 90 Prozent vom Land Hessen getragen, 10 Prozent steuert der Land­kreis bei. Bauen wird diesen Mast der Ener­gie­ver­sorger EAM. Er empfiehlt sich als "Partner der Kommunen".

Politik und Netz­betreiber an einem Strang

„Wenn Politik und Netz­betreiber an einem Strang ziehen, dann profi­tieren viele Millionen Menschen, weil die Zahl der nervigen Funk­löcher immer weniger und schnelles Netz immer selbst­ver­ständ­licher wird“, erklärte Kommu­nika­tions­vor­stand Michael Jung­wirth von Voda­fone. In Hessen leiste das Mobil­funk­för­der­pro­gramm einen wich­tigen Beitrag. 5G sei mitt­ler­weile für 4,6 Millionen Menschen in Hessen verfügbar, alleine mit "5G+" (5G-SA) könne Voda­fone 1 Million Menschen im Bundes­land errei­chen und bis 2025 sollen es mehr als 90 Prozent der Bevöl­kerung sein.

Die Deut­sche Telekom betont, bereits heute fast 99 Prozent der hessi­schen Haus­halte mit 4G/LTE und 94 Prozent mit 5G zu versorgen. Die letzten weißen Flächen seien ein wich­tiges Anliegen, wozu das Land einen wich­tigen Beitrag leiste, so Dr. Kris­tina Both, Landes­beauf­tragte Politik bei der Deut­schen Telekom.

o2-Vorständin Valen­tina Daiber erhob den Anspruch, mit "unserem o2-Netz schon heute nahezu 100 Prozent" der Bevöl­kerung in Hessen mit schnellem Internet zu versorgen. Für die letzten Lücken in entle­genen Gebieten brauche es eine gemein­same Kraft­anstren­gung von Mobil­funk­unter­nehmen und der öffent­lichen Hand.

100 Prozent Flächen­deckung nicht möglich?

Hessen ist im bundes­weiten Vergleich eines der wald­reichsten Bundes­länder mit heraus­for­dernden topo­gra­fischen Voraus­set­zungen, betont die Landes­regie­rung. Eine hundert­pro­zen­tige Flächen­deckung sei mit Mobil­funk gar nicht möglich, ande­ren­falls müsste in jedem Tal oder jeder Senke ein Mast errichtet werden.

Primäres Ziel bleibe aber die Versor­gung aller Verkehrs­wege und aller Haus­halte mit Mobil­funk.

Die aktu­ellen Zahlen des aktu­ellen Breit­band­atlas sehen für den Schwalm-Eder-Kreis eine über 99-prozen­tige LTE-Mobil­funk­ver­sor­gung für Privat­haus­halte, eben­falls eine nahezu 100-prozen­tige LTE-Versor­gung entlang der Auto­bahnen und eine etwa 98-prozen­tige LTE-Versor­gung entlang der Bundes­straßen vor.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die genannten Ausbau­zahlen klingen beein­dru­ckend, aber gerade im Flächen­land Hessen gibt es noch viel zu viele Ecken und Flecken, wo bislang gar nichts geht. Der Autor kann aus eigener Anschauung alleine in einem einzigen Land­kreis (in Südhessen) viele Orte und Stellen nennen, wo Netz­ver­sor­gung drin­gend geboten wäre.

Wenn Netz­betreiber bei neuen Tech­nolo­gien von hohen Prozent­werten spre­chen, dann unter­stellen sie, dass die komplette Bevöl­kerung nur bei ihnen Kunde ist. Die Politik wirft gerne die Netz­abde­ckung aller Anbieter in einen Topf, der Kunde, der beim "falschen" Anbieter ist, hat davon nichts. Dann muss man zwischen Abde­ckung der Fläche und der Bevöl­kerung spre­chen. Selten werden die Abde­ckungs­werte für öffent­lich befahr­bare Straßen oder Eisen­bahn­stre­cken genannt.

Tech­nisch inter­essant wäre auch, was eine Außen­antenne im Auto brächte, wenn es über­haupt noch Handys gäbe, die einen externen Anten­nen­anschluss haben. Wer erin­nert sich noch an Fest­ein­baute­lefone mit bis zu 8 Watt Sende­leis­tung? Solche Geräte gibt es lange nicht mehr. Also muss viel dichter gebaut werden, als sich die Netz­betreiber das lange vorstellen konnten.

Immerhin: Die Zusam­men­arbeit von Politik und Netz­betrei­bern, die Entrüm­pelung der Bauvor­schriften und eine regel­mäßige Infor­mation über die Fort­schritte sind der rich­tige Weg zur Verbes­serung der Versor­gung. Aber es gibt noch einiges zu tun.

Regel­mäßig berichten wir über den Netz­ausbau im Land.

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