Politik

Merkel offenbar für weniger Wettbewerb bei Telefon und Internet

Wettbewerbsverband warnt davor, den Wettbewerb "zu opfern"
Von Thorsten Neuhetzki

Angela Merkel findet den TK-Markt offenbar zu zersplittert Angela Merkel findet den TK-Markt offenbar zu zersplittert
Foto: dpa
"Die gesamte Regulierung in Europa ist zu sehr auf Zer­splitterung und niedrige End­kunden­tarife ausgerichtet und viel zu wenig auf Investitionen". Das sind die Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel, gesagt nach Angaben des Bundes­verband Breitband­kommunikation (Breko) unter Berufung auf Berichte von Nachrichten­agenturen. Was sich zunächst nach mehr Investitionen anhören könnte, ist aus Sicht des Branchen­verbandes ein Schritt in die Richtung, den Wettbewerb zu Gunsten großer Anbieter "zu opfern".

Der Breko warnt in einer aktuellen Stellung­nahme die Bundes­regierung eindringlich davor, Wettbewerb und Verbraucher­nutzen auf dem Tele­kommunikation­smarkt dem Streben nach Größe und Marktmacht einzelner Groß­konzerne zu opfern. Wörtlich heißt es unter Berufung auf die Agenturberichte vom Breko "die künftige Regierung [hat sich] offenbar die Argumente der Deutschen Telekom zu Eigen gemacht und fordert weniger Regulierung, um einige wenige europäische Großkonzerne – wie die Telekom – zu privilegieren, damit diesen mehr Investitionsmittel zur Verfügung stehen." Merkel verwies auf den asiatischen Markt, wo es beispielsweise in China nur drei große Anbieter gebe, die entsprechend höhere Umsätze verzeichnen.

Union nimmt TK-Markt unter Beschuss

Angela Merkel findet den TK-Markt offenbar zu zersplittert Angela Merkel findet den TK-Markt offenbar zu zersplittert
Foto: dpa
Binnen zwei Tagen gerät der Tele­kommunikations­markt so gleich doppelt unter Beschuss. Erst gestern war bekannt geworden, dass in den Koalitions­verhandlungen zwischen Union und SPD die Rede davon ist, die Deutsche Telekom regional aus der Regulierung zu entlassen. Das hätte gravierende Folgen für den Wettbewerb, da die Telekom ihren Wettbewerbern dann keinerlei Vorleis­tungen mehr anbieten müsste, sondern dieses nur noch auf freiwilliger Basis in den betreffenden Regionen tun würde - zu nicht regulierten Preisen.

Aus Sicht des Branchenverbandes, der eine Vielzahl der Breitbandwettbewerber der Telekom vereint, haben Wettbewerb und Vielfalt im Markt für Breitband-Ausbau und attraktive Endkundenpreise gesorgt – "eine Tatsache, die keinen Anlass zur Kritik geben sollte. " Der Verband hofft, dass es daran keine Änderungen gibt. "Eine starke und unabhängige Regulierungsbehörde ist der Garant für starke Wettbewerber der Incumbents [der etablierten Anbieter; hier: Telekom]“, bekräftigt Breko-Präsident Ralf Kleint. "Da die Deutsche Telekom noch immer marktbeherrschend ist, brauchen wir auch in Zukunft eine verlässliche Regulierung durch die Bundesnetzagentur."

Kritik an Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Telekom

Kritisiert wird abermals auch, dass der Bund stark an der Telekom beteiligt ist und gleichzeitig die Spielregeln für den Wettbewerb festlegt. Für den Bund bedeutet das: Je stärker die Telekom ist, desto mehr Dividende kann der Mehrheitsaktionär auch bekommen. Zudem sollte die Bundesregierung aus Sicht des Lobby-Verbandes nicht davon ausgehen, dass die Deutsche Telekom den Breitband-Ausbau im ländlichen Raum im Alleingang stemmen wird. "Die Telekom als börsennotierter Konzern muss Rendite-Erwartungen erfüllen, was mit Investitionen auf dem Land nicht realisierbar ist", so Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers.

Rückblick: Gestern war bekannt geworden, dass - getrieben durch die CSU - die Telekom in regionalen Märkten bei einem entsprechenden Infrastrukturwettbewerb sowie einem gleichzeitig geringem Marktanteil aus der Regulierung entlassen werden sollen. Stellungnahmen der Branche dazu haben wir ebenfalls zusammengestellt. Bezüglich der Stärkung der Telekom gibt es auch seitens der EU Bestrebungen, die denen von Angela Merkel sehr ähneln. Was die Große Koalition zum Thema Netzneutralität plant, lesen Sie in diesem Artikel.

Mehr zum Thema Regulierung