Super-Mediathek: Joyn umwirbt erneut ARD und ZDF
ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets hat erneut die öffentlich-rechtlichen Häuser für eine Zusammenarbeit im Mediathek-Bereich umworben. Dem privaten TV-Konzern schwebt vor, dass die Mediatheken von ARD und ZDF auf der eigenen Streaming-Plattform Joyn des TV-Konzerns verfügbar sein könnten und es im Endausbau eine regelrechte Super-Mediathek mit Inhalten unterschiedlichster Sender geben könnte. Bislang kann man auf Joyn nur das Live-Programm der öffentlich-rechtlichen Sender sehen.
Habets sagte am Freitag in seiner Rede auf der ProSiebenSat.1-Aktionärshauptversammlung mit Blick auf das Thema: "Bei der Integration der Inhalte des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf Joyn würden wir selbstverständlich alle medienrechtlichen Vorgaben berücksichtigen, insbesondere mit Blick auf das Thema Werbung." Auch urheberrechtlich oder kartellrechtlich sehe man keine Hindernisse. "Wir führen dazu bereits gute Gespräche mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk."
Öffentlich-rechtliches Streaming-Network hat Priorität
Die ARD-Mediathek auch bei Joyn?
Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Auf eine Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur hieß es von einem ARD-Sprecher in einer Reaktion dazu: "Der ARD Vorsitzende Kai Gniffke und Bert Habets haben sich bislang in einem persönlichen Gespräch allgemein ausgetauscht. ARD und ZDF bauen derzeit ihr gemeinsames Streaming-Netzwerk auf, diese Zusammenarbeit hat für die ARD erste Priorität. Über eine Kooperation mit ProSiebenSat.1 zum Aufbau einer deutschsprachigen Medienplattform unter dem Dach von Joyn werden derzeit keine Gespräche geführt."
Das ZDF hob in einem Statement auf dpa-Anfrage ebenfalls das Streaming-Netzwerk der öffentlich-rechtlichen Häuser hervor: Beim Thema Streaming setze man auf Vernetzung und habe deshalb gemeinsam mit der ARD ein Streaming-Netzwerk konzipiert. "Zentrales Ziel ist es zunächst, einen großen Kosmos öffentlich-rechtlicher Inhalte zu schaffen und für das Publikum komfortabel nutzbar zu machen."
Deshalb baue man unter anderem auf eine übergreifende Suche, ein gemeinsames Login, ein direktes Abspielen aller Inhalte oder auch auf übergreifende Empfehlungen. Letztere seien bereits vor wenigen Wochen im Doku-Bereich gestartet und werden demnach zügig ausgebaut. Außerdem hieß es vom ZDF: "Wir verstehen das Projekt als ein europäisches und könnten uns gut vorstellen, auch andere Partner zu beteiligen. Eine gemeinsame Plattform für öffentlich-rechtliche und private Medienhäuser würde zunächst einen entsprechenden Rahmen durch den Gesetzgeber erfordern."
Eine Einschätzung (von Michael Fuhr)
Die Idee einer Sender übergreifenden Multi-Mediathek von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern ist nicht neu und freilich eine gute Idee. Ohne viele Portale durchstöbern zu müssen, findet der Zuschauer auf Knopfdruck gezielt auf seinen Wunsch zugeschnittene Beiträge.
Dem Vorhaben steht allerdings freilich das Konkurrenz-Denken der Sender im Weg: Wenn der Streamer etwa zum Thema "Heizungsgesetz" Beiträge der privaten Konkurrenz anklickt, dann dürfte dies den Öffentlich-Rechtlichen missfallen, zumal dann fraglich ist, in welcher Reihenfolge und nach welchen Kriterien die Suchergebnisse gelistet sind. Es ist schon schwer genug, ein gemeinsames Streaming-Netzwerk der Öffentlich-Rerchtlichen zu konzipieren, da ARD und ZDF bisher stur an ihren getrennten Mediatheken festhalten. Somit bleibt die Super-Mediathek auch weiterhin die berühmte Sau, die immer mal wieder durchs Dorf getrieben wird.
In einem weiteren Beitrag haben wir uns mit aktuellen Reformvorhaben der Öffetnlich-Rechtlichen beschäftigt.