5G-Netz mit dem Apple iPhone 12 Pro im Test
iPhone12 und iPhone 12 Pro sind die ersten Smartphones von Apple, die auch den neuen Mobilfunk-Standard 5G unterstützen. Erste Erfahrungen mit dem neuen iOS-Handy im 5G-Netz haben wir bereits gesammelt. Nun haben wir neue Tests in allen deutschen Mobilfunknetzen durchgeführt. Welche Erfahrungen wir dabei gemacht haben, lesen Sie in diesem Artikel.
Wir hatten für den Test mit dem iPhone 12 Pro SIM-Karten von der Deutschen Telekom und von o2 zur Verfügung. Von Vodafone haben wir ein eSIM-Profil genutzt. In Frankfurt am Main hatten wir in allen Netzen 5G im Frequenzbereich von 3500 MHz zur Verfügung. Dazu haben wir im Telekom- und Vodafone-Netz 5G DSS ausprobiert. Mit dieser Technik können die Netzbetreiber LTE und 5G parallel im gleichen Frequenzspektrum verbreiten.
5G mit dem iPhone 12 Pro im Test
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Die Telekom setzt für 5G in dieser Netzkonfiguration den 2100-MHz-Bereich ein, der früher dem UMTS-Standard vorbehalten war. Vodafone betreibt 5G DSS in Frankfurt am Main auf 1800 MHz. Diese Netzkonfigurationen werden von den aktuellen iPhone-Modellen von Apple unterstützt. Bei anderen Konstellationen gibt es - wie bereits berichtet - sowohl im Telekom-, als auch im Vodafone-Netz zum Teil Probleme.
iPhone 12 Pro "vergisst" 5G-Funktion
Wir hatten das iPhone 12 Pro vor dem Test für einige Tage in einer Gegend betrieben, in der der 5G-Standard noch nicht verfügbar ist. Das Smartphone war im Single-SIM-Modus und in der Betriebsart "5G aktiviert" in Betrieb. Somit müsste sich das Gerät automatisch ins 5G-Netz einbuchen. Das war in unserem Test aber nicht der Fall. Das iPhone 12 Pro zeigte weiterhin LTE-Empfang ohne 5G-Erweiterung an.
Vergleichbare Effekte haben wir bei 5G-DSS-Netzkonfiguration auch schon mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra erlebt. Abhilfe war möglich, indem wir das Samsung-Handy kurz in den Flugzeugmodus versetzt hatten. Anschließend war 5G verfügbar. Das klappte im Test mit dem iPhone 12 Pro teilweise ebenfalls - allerdings nicht immer. Hin und wieder half nur ein Neustart, um das Smartphone daran zu "erinnern", dass es auch den 5G-Standard unterstützt.
Netzstandard-Auswahlmenü des iPhone 12 Pro
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Abseits dessen zeigte sich in Regionen mit 5G-DSS-Versorgung von der Deutschen Telekom, dass sich das iPhone 12 Pro auch an Stellen ins 5G-Netz eingebucht hat, wo das mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra nicht geklappt hat. Das ist insofern interessant, als die Geräte ähnliche Einschränkungen bei der 5G-Nutzung haben, umgekehrt aber eben auch die gleichen Frequenz-Kombinationen unterstützen (sollten).
5G DSS: Datenübertragungsraten eher enttäuschend
Wenn 5G DSS einmal läuft, ist das von den Providern oft so hervorgehobene "Nutzererlebnis" eigentlich nichts besonderes - wenn man einmal davon absieht, dass als Netzstandard 5G und nicht LTE oder 4G auf dem Startbildschirm steht. Beim ersten Test im Telekom-Netz - noch auf der Anfahrt nach Frankfurt am Main - haben wir lediglich knapp 50 MBit/s im Downstream gemessen.
In der Stadt selbst kamen wir zum Teil auf Datenübertragungsraten um 150 MBit/s. Das ist schneller als so mancher Internet-Zugang im Festnetz. Sonderlich beeindrucken konnte uns das Ergebnis aber nicht. Schließlich haben wir vergleichbare Datenübertragungsraten auch schon im LTE-Netz erlebt. Vorteil für den Netzbetreiber: Er kann damit werben, bereits große Teile Deutschlands mit 5G zu versorgen.
Spitzenwerte beim mobilen Internet im Telekom-Netz
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Im Vodafone-Netz kamen wir immerhin auf 199 MBit/s im Downstream. Hier war vor allem der (ausschließlich über LTE realisierte) Upstream mit 83 MBit/s überzeugend. 199 MBit/s sind aber auch über 4G möglich. Dazu braucht man keinen neuen Netzstandard. Ultrakurze Reaktionszeiten gibt es ebenfalls nicht (in unserem Test im Vodafone-Netz waren es zwischen 30 und 35 ms), da es sich ja noch nicht um ein eigenständiges 5G-Netz handelt.
Schnelle Downloads auf 3500 MHz
Auf 3500 MHz gibt es zwar auch noch keine eigenständigen 5G-Netze. Hier haben die Provider aber ausreichend Bandbreite zur Verfügung, um hohe Datenübertragungsgeschwindigkeiten zu ermöglichen. Dafür ist der Versorgungsbereich einer Basisstation auf diesen hohen Frequenzen sehr klein. In der Regel sind es nur wenige hundert Meter. Dazu ist jedes Haus, jede Wand und selbst jeder Baum ein Hindernis, das die Signale dämpft und für einen noch kleineren Versorgungsradius sorgt.
Besonders beeindruckend waren unsere Tests im Telekom-Netz. Hier kratzten wir mehrfach an der 1-GBit/s-Marke. In einem der durchgeführten Speedtests erreichten wir beispielsweise 979 MBit/s im Downstream und 127 MBit/s im Upstream. Auch die Ansprechzeiten von unter 10 ms ließen Surf-Feeling wie bei schnellen Festnetzanschlüssen aufkommen.
Gutes Ergebnis im Vodafone-Netz
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Im Vodafone-Netz waren die Datenübertragungsraten nicht ganz so hoch. 625 MBit/s im Downstream und knapp 75 MBit/s im Upstream konnten aber dennoch überzeugen. Kaum ein Festnetzanschluss bietet einen vergleichbar schnellen Internet-Zugang. Die Pingzeiten lagen zwischen 20 und 25 ms - nicht ganz so beeindruckend wie im Telekom-Netz, aber dennoch überzeugend.
So verlief der Test im o2-Netz
Telefónica nutzt die DSS-Technik derzeit noch nicht. Der Münchner Betreiber ist erst Anfang Oktober mit 5G gestartet. Dabei konzentriert sich das Unternehmen derzeit auf die Versorgung erster Hotspots in Großstädten. Hierfür kommt der 3500-MHz-Bereich zum Einsatz. Sukzessive will o2 sein Netz in den kommenden Monaten ausbauen und dann auch DSS einsetzen.
Der erste 5G-Test im Telefónica-Netz war beeindruckend und ernüchternd zugleich. Gemessene 224 MBit/s im Downstream sind für den neuen Netzstandard auf 3500 MHz eher wenig. Auf der anderen Seite hat man bei o2 im 4G-Netz faktisch nie ähnlich hohe Datenübertragungsraten zur Verfügung. Aber auch der schwache LTE-Upstream mit 10,5 MBit/s und die fast sogar als peinlich zu bezeichnenden Pingzeiten zwischen 75 und 80 ms konnten nicht überzeugen.
o2 bietet 5G erst seit wenigen Wochen an
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Dazu war das Netz selbst in Sichtweite zur Basisstation teilweise instabil. Immer wieder zeigte das S-Meter des iPhone 12 Pro nur noch einen, zwei oder drei Balken an. Manchmal "erholte" sich die Anzeige dann wieder und wir hatten Vollausschlag. Teilweise zeigte das Smartphone aber auch nur noch LTE-Empfang ohne 5G an. Interessant ist, dass wir am gleichen Test-Standort mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra höhere Datenraten gemessen haben.
Fazit: 5G mit dem iPhone 12 Pro funktioniert - mit Einschränkungen
Grundsätzlich funktioniert die 5G-Nutzung mit dem iPhone 12 Pro in allen deutschen Mobilfunknetzen. Über die Einschränkungen, dass 5G und Dual-SIM nicht gleichzeitig nutzbar sind und dass nicht alle LTE-5G-Frequenzkombinationen nutzbar sind, haben wir bereits berichtet. Das Problem, dass sich das iPhone 12 Pro teilweise nicht oder stark zeitverzögert ins 5G-DSS-Netz einbucht, sollte per Software-Update lösbar sein.
Wirklich beeindrucken konnten die 5G-Netze im n78-Frequenzband (3500 MHz) von Telekom und Vodafone. Datenübertragungsraten von 600 bis 1000 MBit/s und Reaktionszeiten unter 10 ms sind genau das, was man vom neuen Netzstandard erwartet. Die DSS-Technik mag als Evolution hin zu eigenständigen 5G-Netzen wichtig sein. Der praktische Nutzen hält sich gegenüber einer reinen LTE-Versorgung aber in Grenzen.
Test vor einer der o2-Basisstationen in Frankfurt am Main
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Warum der 5G-Empfang von o2 instabil war und auch die Datenübertragungsraten nicht ganz überzeugen konnten, ist unklar. Da die Erfahrungen mit dem Samsung Galaxy S20 Ultra ähnlich waren, ist die Ursache aber nicht beim iPhone 12 Pro, sondern eher beim Netz zu suchen. Größtes Manko ist indes die fehlende Unterstützung für einige in den deutschen Netzen eingesetzte Frequenz-Kombinationen - eine Einschränkung, die wir auch von vielen Smartphones anderer Hersteller kennen.