Tim Höttges, Chef der Deutschen Telekom
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Der neue Telekom-Vorstandschef Tim Höttges sieht die europäischen Konzerne im internationalen Wettbewerb immer
weiter zurückfallen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als
Europäer auf Dauer so nicht weitermachen können", sagte der 51-Jährige im Interview mit dem Handelsblatt. Zugleich forderte er
"Chancengleichheit mit den großen
amerikanischen und asiatischen Unternehmen, die unsere Industrie beherrschen - zum Beispiel beim Datenschutz und oder bei der Möglichkeit der Marktkonsolidierung."
Das Ziel der Attacke: die kaum kontrollierte Dominanz amerikanischer Internet-Konzerne wie Google.
"Da geht es nämlich nicht mehr nur um die Telekom", sagte Höttges. Es hat längst ein Prozess
begonnen, der unsere gesamte Ökonomie, ja: unsere Gesellschaft radikal verändert."
Der Telekom-Chef wird unterdessen nicht müde, einen europäischen Markt zu fordern, der seitens
der EU bereits angedacht ist aber aus Sicht der Wettbewerber zu verheerenden Nachteilen für einen liberalisierten Markt
führen würde. "Wir brauchen in Europa einen gemeinsamen Markt", so der Telekom-Chef. Unter der Prämisse sei es auch "völlig in Ordnung",
dass dann beispielsweise eine Abschaffung der Roaming-Gebühren gefordert werde - "zumindest nach einer Übergangsfrist".
Doch "wenn wir bei den Roaminggebühren von einem Markt ausgehen, dann dürfen im Gegenzug auch die Kartellbehörden nicht mehr auf winzige Teilmärkte
mit nur zwei, drei Millionen Kunden schauen". Eine Marktdefinition müsse auf einen europäischen Gesamtmarkt ausgerichtet sein.
"Wir haben nicht die Möglichkeiten von Google, sollen aber die Netze bauen, mit deren Hilfe die Wertschöpfung von Google dann noch weiter befeuert wird",
fordert Höttges Hilfe von den Regulierungsbehörden in Bonn und Brüssel.
E+/o2-Fusion: "Jeder bei uns sollte ein Stück weit paranoid sein"
Tim Höttges, Chef der Deutschen Telekom
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Im Hinblick auf die anstehende Fusion seiner beiden Mobilfunkmitbewerber E-Plus und o2 sagte Höttges, jeder bei der Telekom
sollte ein Stück weit paranoid sein, wenn es darum geht, den Markt zu beobachten. "Natürlich sind wir hellwach, auch auch wenn o2 und E-Plus
zusammengehen." Die Telekom sei aber auch davon überzeugt, die besten Ausgangsvoraussetzungen zu haben.
Durch eine Fusion der beiden kleineren Marktteilnehmer würden sie in Bezug auf die Anzahl der aktiven SIM-Karten an
der Telekom und Vodafone vorbeiziehen und die Bonner auf Platz zwei verweisen.
Die Telekom hatte vor zwei Wochen in Bonn ihr neues Strategie-Programm TD18 vorgestellt, das vor allem eine komplette
Überarbeitung des eigenen Netzes mit sich bringt.