Handyverbot für Häftlinge: Neuer Abschirm-Spachtel soll helfen
Kein Anschluss hinter diesen Mauern - Superspachtel blockt Handynetz
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Es sieht aus wie ein feinkrümeliger Minen-Rest in
einem Bleistiftanspitzer - schwarz und glänzend. Das patentierte
Pulver auf Kohlenstoffbasis lässt sich mit Wasser zu einer ganz
neuartigen Spachtelmasse anrühren, wie Erfinder Reinhard Mohn
erklärt. Der Ende 2014 zum deutschen Patent angemeldete Spachtel
blockt nicht nur Strahlungen von Sendemasten, Hochspannungsleitungen
und elektrischen Geräten ab, sondern auch Handy- und WLAN-Netze sowie
Funk- und Radarwellen, wie Mohn sagt. Er ist Geschäftsführer der
Sigro Korrosions- und Bautenschutz GmbH Parchim.
Die Strahlenschutzfunktion des neuen Baustoffes ließen sich die Parchimer Handwerker von Wissenschaftlern nachweisen. Ein Gutachten der Bundeswehr-Universität München vom August 2014 belegt das Abblocken von diversen Mobilfunknetzen, Radar und Behördenfunk. Voraussetzung sei eine mindestens drei Millimeter starke Materialschicht aus Grafitspachtel, erklärt der Ludwigsluster Elektrotechniker und Miterfinder Jens Düwel. Eine Anwendung sehe er in Wohnhäusern, vor allem Schlaf- und Kinderzimmern, sagt er. Denn Elektrosmog könne sich störend auf die Lebensqualität und sogar auf die Gesundheit auswirken.
Bedarf für den Strahlenschutz-Spachtel könnte es möglicherweise aber auch in Gefängnissen geben, meinen die Erfinder. Tatsächlich sucht das Justizministerium Mecklenburg-Vorpommerns derzeit nach Möglichkeiten, das Handyverbot für Häftlinge durchzusetzen, wie ein Sprecher bestätigt.
Kontakte über Mobiltelefone könnten nicht ausreichend kontrolliert werden, die Sicherheit in Justizvollzugsanstalten sei dadurch in Gefahr, meint der Sprecher. Beispielsweise könnten Zeugen zu Gerichtsprozessen aus der Untersuchungshaft heraus per Handy beeinflusst werden. Auch sei es möglich, Ausbrüche zu planen oder illegale Drogengeschäfte abzuwickeln.
Offenbar knüpfen Gefangene immer öfter den illegalen Draht zu Gesprächspartnern jenseits der Knastmauern. 2014 wurden laut Ministerium in den landesweit fünf Vollzugsanstalten 408 Mobiltelefone sichergestellt und im Jahr davor 318 eingeschleuste Geräte konfisziert. Das Land investiere daher dieses Jahr noch in Mobilfunkblocker eine halbe Million Euro, erklärt der Sprecher. Von dem Geld solle ein Störsender zunächst in der Justizvollzugsanstalt Waldeck bei Rostock installiert werden, um heimliche Handygespräche nach draußen zu unterbinden.
Noch keine Anfragen von Justizbehörden nach Abschirm-Spachtel
Kein Anschluss hinter diesen Mauern - Superspachtel blockt Handynetz
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Bislang allerdings gebe es noch keine Anfragen von Justizbehörden
nach dem Abschirm-Spachtel, räumt Reinhard Mohn ein. Die Idee gehe
ursprünglich auch auf eher alltägliche Bauprobleme zurück -
Kältebrücken im Mauerwerk. Zwei Jahre lang experimentierten die
Parchimer Fachleute mit Grafit-Gemischen, um eine wärmeleitende
Wandverkleidung zu entwickeln. Durch den Ausgleich größerer
Temperaturunterschiede könnten mit dem thermoleitenden Material Nässe
und Schimmel in Wohnungen vermieden werden. Schließlich stießen die
Erfinder auf eine weitere Eigenschaft ihrer schwarz-grauen
Spachtelmasse - die Blockwirkung gegen elektromagnetische Wellen.
Die eigentliche Innovation bestand darin, das spröde Grafit in eine streich- und spritzfähige Spachtelmasse zu verwandeln. Immer wieder vermischten die Parchimer in ihrer "Hexenküche" genannten Versuchskammer schwarzes Grafitpuder mit Zusatzstoffen.
"Denkbar sind enorm viele Anwendungsbereiche", sagt Geschäftsführer Mohn. Denn der Handyblocker-Spachtel mache Räume zugleich auch abhörsicher und schütze gegen Spionage oder funkgesteuerte Hackerangriffe, verspricht er. Neben Technologieunternehmen und Gefängnissen könnten sich auch Banken und Behörden, Kliniken, Schulen und Kindertagesstätten baulich besser absichern.
Inzwischen wurde die Baustoff-Innovation mit mehreren Preisen bedacht. Mitte März erhielten die Mecklenburger Tüftler auf der Internationalen Handwerksmesse München den Bayerischen Staatspreis, der für technische Spitzenleistungen vergeben wird. 2014 ging ein Innovationspreis der Volks- und Raiffeisenbank Schwerin an die findigen Maurermeister aus Parchim. Diese wollen ihren Grafit-Spachtel nun ab Sommer in einem eigenen Mischwerk tonnenweise herstellen.