Netzausbau

Funklöcher: Netzbetreiber verfehlen Lizenzauflagen

Telekom, Voda­fone und Telefónica werden die Lizenz­auf­lagen zur Schlie­ßung von Funk­löchern wahr­schein­lich verfehlen.
Von mit Material von dpa

Deutsch­lands Mobil­funk-Netz­betreiber sind beim Schließen von noch unver­sorgten Regionen später dran als geplant. Wie aus einem Bericht der Bundes­netz­agentur an ihren Beirat hervor­geht, wird voraus­sicht­lich keiner der drei etablierten Betreiber eine entspre­chende Ausbau­auf­lage erfüllen. In der Frequenz­auk­tion von 2019 verpflich­teten sich die Firmen dazu, bis Ende 2022 in 500 bishe­rigen "weißen Flecken" neue Funk­sta­tionen zu bauen. Dem Bericht zufolge ist Telefónica o2 erst bei 45, die Telekom bei 28 und Voda­fone bei zwölf. Die Firmen wollen sich gegen­seitig Zugang verschaffen, sie sind für je ein Drittel der weißen Flecken zuständig. Weiße Flecken bleiben länger Weiße Flecken bleiben länger
Foto: Telefonica, Montage: teltarif.de
Das Schreiben liegt der Nach­rich­ten­agentur dpa vor. Es dient als Diskus­sions­grund­lage für die Beirats­sit­zung am kommenden Montag. Die Gründe der Verzö­gerungen seien viel­fältig, hieß es von der Netz­agentur. "Hier ist im Einzel­fall zu prüfen, welche Gründe für die Verzö­gerung ange­geben werden und ob die Verzö­gerungen von den Netz­betrei­bern zu vertreten sind." Weiße Flecken sind Gebiete, in denen weder LTE- noch 5G-Funk­signale empfangen werden. Die Ausbau­auf­lage besagt, dass auch dort ein Down­load in einem Tempo von 100 MBit/s möglich sein muss.

GSM allein reicht nicht

Streng genommen sind weiße Flecken nach Defi­nition der Bundes­netz­agentur keine Funk­löcher, weil dort zumin­dest in den meisten Fällen GSM-Signale zu empfangen sind. Im daten­getrie­benen Inter­net­zeit­alter dürften viele Bundes­bürger die ausschließ­lich mit dem 2G-Netz versorgten Regionen aber wie ein Funk­loch empfinden, da der mobile Internet-Zugang über GPRS und EDGE im GSM-Netz schlicht unbrauchbar ist.

Nach Angaben auf der Webseite breit­band-monitor.de gab es im Oktober auf 2,94 Prozent der Fläche Deutsch­lands weiße Flecken. Hinzu kommt noch eine Fläche von 18,56 Prozent mit "grauen Flecken", wo nur einer oder zwei der drei Netz­betreiber funken. Echte Funk­löcher gibt es auf 0,32 Prozent der Fläche - dort ist nicht mal das GSM-Netz verfügbar.

Das sehen die Lizenz­auf­lagen vor

Neben der Vorgabe für die weißen Flecken enthalten die Aukti­ons­auf­lagen von 2019 die Verpflich­tung, bis Ende 2022 in jedem Bundes­land mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte mit einer Down­load-Geschwin­dig­keit von mindes­tens 100 MBit/s abzu­decken. "Telekom hat die Auflage bislang in zwölf Bundes­län­dern, Telefónica in fünf und Voda­fone in 13 Bundes­län­dern erfüllt", schreiben die Vertreter der Behörde und beziehen sich dabei auf Meldungen der Firmen, die bis Anfang November in Bonn eingingen.

Schafft Telefónica auch diese Auflage nicht? Wenn dem so wäre, würde sich gewis­ser­maßen ein Versäumnis der Vergan­gen­heit wieder­holen: Bei Vorgaben, die mit der Verstei­gerung von 2015 verbunden waren, war Telefónica viel zu spät im Ziel.

Telefónica gibt aller­dings Entwar­nung und erklärt, dass die im Netz­agentur-Bericht enthal­tenen Zahlen nicht den aktu­ellen Stand wieder­gäben und dass man inzwi­schen viel weiter sei. Man liege nun schon in elf Bundes­län­dern über der 98-Prozent-Marke, in den rest­lichen fünf werde die Vorgabe bis Jahres­ende einge­halten. Der Ausbau komme sehr schnell voran. An der Beirats­sit­zung am kommenden Montag will Firmen­chef Markus Haas teil­nehmen - dann hat er die Möglich­keit, einen Über­blick über den aktu­ellen Ausbau­stand zu geben und mögliche Bedenken auszu­räumen. Auch Vertreter der anderen Netz­betreiber sind bei der Beirats­sit­zung vor Ort.

Voda­fone: "Die Netze in Deutsch­land sind gut, aber noch nicht gut genug"

Als Reak­tion auf den Bericht der Bundes­netz­agentur sagt die Tech­nik­chefin von Voda­fone Deutsch­land, Tanja Richter: "Die Netze in Deutsch­land sind gut, aber noch nicht gut genug." Man arbeite "mit Hoch­druck daran, das zu ändern". Wie o2 ist auch Voda­fone zuver­sicht­lich, bis zum Jahres­ende in jedem Bundes­land mindes­tens 98 Prozent der Haus­halte mit 100 MBit/s oder mehr zu versorgen und damit diese Ausbau-Pflicht zu erfüllen. Bei den weißen Flecken sieht das anders aus - hier dürften wohl auch Voda­fone und die Telekom die Latte reißen. Bundesnetzagentur fordert Details zu Verzögerungen ein Bundesnetzagentur fordert Details zu Verzögerungen ein
Foto: teltarif.de
Voda­fone-Vorständin Richter sagt, die Erschlie­ßung dieser Gebiete gestalte sich "aufgrund von vieler­orts langen Geneh­migungs­ver­fahren, der Suche nach neuen Stand­orten und vorbe­rei­tenden Planungs­pro­zessen, die erst am Ende des vergan­genen Jahres abge­schlossen wurden, schwierig". Dennoch betreibe man großen Aufwand, "um auch hier bis zum Jahres­ende spür­bare Fort­schritte zu erzielen".

Telekom will Anfor­derungen erfüllen - mit Einschrän­kungen

Telefónica-Deutsch­land­chef Haas sagt zu diesem Thema: "Die Errich­tung neuer Stand­orte insbe­son­dere in der Fläche erfor­dert einen langen zeit­lichen Vorlauf." Man setze "alles daran, auch diesen Teil der Versor­gungs­auf­lage bis Ende 2022 zu erfüllen". Dafür habe man auch zusätz­liche Maßnahmen ergriffen wie etwa den Einsatz mobiler Stand­orte. Die Telekom teilt mit, dass sie die Anfor­derungen der Bundes­netz­agentur auch dieses Mal erfüllen werde, "soweit es keine recht­lichen und tatsäch­lichen Hinde­rungs­gründe für den Ausbau von einzelnen Stand­orten gibt".

Eigent­lich sollte bis Jahres­ende ein viertes Mobil­funk­netz in Deutsch­land starten: Der Neuein­steiger 1&1 erstei­gerte 2019 erst­mals eigenes Spek­trum, bis Ende dieses Jahres sollten 1000 5G-Stand­orte akti­viert werden. Doch wegen Verzö­gerungen bei einer beauf­tragten Infra­struk­tur­firma kann der Tele­kom­muni­kati­ons­kon­zern aus Monta­baur dieses Zwischen­ziel nach eigenem Bekunden erst im Sommer 2023 errei­chen.

In dem Schreiben der Bundes­netz­agentur fordert die Behörde die Netz­betreiber auf, für jeden verzö­gerten Standort eine detail­lierte Doku­men­tation vorzu­legen. "Dies soll eine Prüfung dahin­gehend ermög­lichen, ob die Verzö­gerungen durch den jewei­ligen Mobil­funk­netz­betreiber oder Dritte zu vertreten sind."

Drohen den Netz­betrei­bern Bußgelder?

Die Behörde verweist zudem auf die Möglich­keit von Bußgel­dern. Ob die Netz­agentur aber wirk­lich dieses scharfe Schwert zücken würde, ist frag­lich: Selbst bei den deut­lichen Verfeh­lungen von o2 nach der Auktion von 2015 beließ es die Behörde bei Ermah­nungen.

Der Grünen-Bundes­tags­abge­ord­nete Maik Außen­dorf hält die Nicht­ein­hal­tung von Ausbau­auf­lagen für "ein echtes Problem". Er will sich dafür einsetzen, dass die Bundes­netz­agentur "hier ihre Instru­mente wirksam einsetzt, um den Druck zu erhöhen". Ob Außen­dorf sich auch dafür stark macht, die Rahmen­bedin­gungen für die Erschlie­ßung neuer Stand­orte zu verbes­sern, bleibt offen.

In einer weiteren Meldung haben wir die aktu­ellen Ausbau-Projekte von Telekom, Voda­fone und Telefónica zusam­men­gefasst.

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