Fernsehen

ProSiebenSat.1 muss Farbe bekennen

Schlechte Zahlen, das Fiasko um die Jochen Schweizer-Betei­ligung und zuneh­mender Druck aus Mailand: ProSiebenSat.1 kämpft derzeit an verschie­denen Fronten. In stra­tegi­schen Fragen muss der Medi­enkon­zern nun Farbe bekennen.
Von Björn König

In Italien investiert MFE stark in Shows und fiktionale Inhalte In Italien investiert MFE stark in Shows und fiktionale Inhalte
Foto: Mediaset
Spätes­tens ein Blick ins Handels­blatt dürfte dem amtie­renden ProSiebenSat.1-Manage­ment kürz­lich deut­lich gemacht haben, dass Groß­aktionär MFE seine Inter­essen im neuen Aufsichtsrat ohne jeden Zweifel mit Nach­druck durch­setzen wird. Deren Vertre­terin Katha­rina Behrends skiz­zierte vorab, wohin die Reise nach Vorstel­lungen aus Mailand gehen soll und das kann man folgen­der­maßen zusam­men­fassen: ProSiebenSat.1 muss sich in vielerlei Hinsicht deut­lich verän­dern. Insbe­son­dere zwei Punkte spielen dabei eine zentrale Rolle.

Ärger über Betei­ligungen

In Italien investiert MFE stark in Shows und fiktionale Inhalte In Italien investiert MFE stark in Shows und fiktionale Inhalte
Foto: Mediaset
Ein großer Aufreger in Mailand sind die ProSiebenSat.1-Betei­ligungen außer­halb des Kern­geschäfts. Behrends machte ihrer­seits keinen Hehl daraus, dass MFE wenig Sinn und Zweck in diesen Berei­chen sehe. Der sprich­wört­liche Elefant im Raum war in diesem Zusam­men­hang zwei­fels­ohne das Fiasko mit Erleb­nis­gut­scheinen von Jochen Schweizer mydays. Dieses handelte ProSiebenSat.1 sogar Ärger mit der Staats­anwalt­schaft ein, von den finan­ziellen Risiken ganz zu schweigen.

Neu ist das Thema nicht, schon MFE-Finanz­chef Marco Gior­dani zeigte sich in der Vergan­gen­heit über das Geschäfts­modell in Unter­föh­ring mehr als befremdet und hinter­fragte, wie dies für Anteils­eigner konkreten Mehr­wert schaffen solle. Risiken, wie sie nun aus der Jochen Schweizer-Betei­ligung entstanden sind, dürfte die Italiener in ihrer Perspek­tive sicher­lich weiter bestärken.

Knack­punkt Finanzen

Bislang hielt sich MFE mit Blick auf das opera­tive Geschäft in München bedeckt, doch der Ton wird aller Wahr­schein­lich­keit nach deut­lich rauer. Das hat nicht nur formal mit dem Aufsichts­rats­posten zu tun, die Italiener schauen als größter Aktionär insbe­son­dere auf Umsätze und Akti­enkurs. Dass es hier zu nach­hal­tigen Korrek­turen kommen muss, ist unzwei­fel­haft klar. Das wird umso deut­licher, wenn man neben dem Umsatz das EBITDA von ProSiebenSat.1 und MFE im direkten Vergleich gegen­über­stellt.

Nahe­lie­gend ist also, dass sich Mailand und München künftig über eine Neuaus­rich­tung unter­halten werden, ein Verkauf nicht stra­tegi­scher Betei­ligungen könnte weiterhin Geld in die Konzern­kasse spülen, das dann für andere Inves­titionen verfügbar ist. Ein großes Thema war dabei für Behrends Koope­rationen bei IT und Inhalten, so müsse ProSiebenSat.1 mehr Geld für Eigen­pro­duk­tionen in die Hand nehmen.

Syner­gien auf unter­schied­lichen Märkten

Noch­mals deut­lich wurde aber, dass MFE bei Content auf Diver­sifi­kation setze. Die stra­tegi­sche Ausrich­tung der einzelnen MFE-Betei­ligungen in Italien, Spanien und Deutsch­land unter­scheide sich aufgrund verschie­dener Bedürf­nisse auf den einzelnen Märkten. Dass ProSiebenSat.1 also auch unter einer Mehr­heits­betei­ligung von MFE zur Abspiel­sta­tion italie­nischer Spiel­shows wird, ist somit eher unwahr­schein­lich.

Man wird nun aber defi­nitiv zügig Syner­gien beim Thema IT heben, das ist de facto sicher. Die kommenden Wochen und Monate bleiben in München also mit Sicher­heit span­nend. Letzt­end­lich hat der Druck aus Mailand für ProSiebenSat.1 aber auch eine klärende Wirkung, denn bestehende Probleme schiebt der Medi­enkon­zern seit Jahren vor sich her. Ein Abschluss dieses Kapi­tels ist also tatsäch­lich auch im eigenen Inter­esse mehr als über­fällig.

ProSiebenSat.1-Aufsichtsrat: Welchen Einfluss hat Italien?

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