Hat Euronews noch Zukunft?
Euronews trennt sich von seiner Zentrale im französischen Lyon
Foto: Dillinger Fabrik
Nachrichtensender sind in Europa weit verbreitet, das gilt allerdings nur innerhalb der Nationalstaaten. Auf supranationaler Ebene existiert derzeit nur Euronews. Der Sender mit Sitz im französischen Lyon will nicht nur selbst eine europäische Perspektive auf die Nachrichtenlage bieten. Auch Brüssel erkennt den Sender als wichtiges mediales Instrument zur europäischen Integration an. Das allerdings bringt Euronews gleichermaßen Kritik ein. Nach dem Verkauf an einen portugiesischen Finanzinvestor ist die Zukunft offen.
Entlassungen und Umzug
Euronews trennt sich von seiner Zentrale im französischen Lyon
Foto: Dillinger Fabrik
Nachdem sich der ägyptische Telco-Milliardär Naguib Sawiris von seiner Euronews-Beteiligung trennte und diese an den portugiesischen Finanzinvestor Alpac Capital veräußerte, setzen die neuen Eigentümer nun auf radikale Sparmaßnahmen. Schluss ist für die Zentrale in Lyon, das markante Gebäude soll verkauft werden. In diesem Zusammenhang steht auch ein Umzug in die belgische Hauptstadt Brüssel an.
Zwar ist die Redaktion dann näher an EU-Kommission, Ministerrat und Parlament - auf der anderen Seite muss die Hälfte des journalistischen Teams aus Lyon den Sender verlassen. Somit kündigen sich Sparmaßnahmen in großem Stil an, welche ganz aktuell auch in zahlreichen weiteren Medienhäusern zu beobachten sind. Alpac Capital dürfte als nicht-strategischer Finanzinvestor allerdings ohnehin weniger auf redaktionelle Notwendigkeiten schauen.
Kaum Kritik an EU
Euronews gilt vonseiten der EU als förderungsfähig, was ohnehin schon einen faden Beigeschmack hat. Auch die Berichterstattung wirkt gegenüber EU-Institutionen größtenteils wohlwollend, kritische Auseinandersetzungen im Sinne einer nationalstaatlichen Perspektive findet sich im Gesamtprogramm eher selten. Somit stellt sich in vielerlei Hinsicht die Frage, ob Euronews nicht eher als Sprachrohr von EU-Institutionen fungiert und als dieses aus Brüssel finanziert werden soll.
Da Kürzungen durch den neuen Eigentümer Alpac Capital bereits gesetzt sind, wird der finanzielle Druck auf die Redaktion weiter steigen. Gleiches gilt für die Suche nach neuen Einnahmequellen. Umso größer ist der Reiz, sich Förderungen aus dem lukrativen EU-Fördertopf zu sichern. Insgesamt bleibt also die Frage offen, wie unabhängig ein europäischer Nachrichtensender letztendlich überhaupt sein kann. Viele Alternativen sind aber ohnehin nicht in Sicht, lediglich der US-Medienkonzern Comcast hatte über seine Tochter NBCUniversal ein solches paneuropäisches Nachrichtenprojekt angestoßen, sich aber später aus strategischen Gründen daraus zurückgezogen.