WiFi-6: EU harmonisiert Frequenzen um 6 GHz
EU harmonisiert Frequenzen für WiFi-6
Bild: teltarif.de
Wer in einem innerstädtischen Gebiet wohnt und zusätzlich noch in einem Mehrfamilienhaus, kennt das Problem: Viel zu viele WLAN-Netze "verstopfen" den Funkverkehr. Wer eine WLAN-Analyse-App verwendet, sieht meist auf einen Blick, dass die 2,4-GHz-Netze oft restlos überfüllt sind. Lediglich im 5-GHz-Band kann man mit einem automatischen oder manuellen Kanalwechsel gegebenenfalls noch auf weniger genutzte Kanäle ausweichen und damit noch etwas Leistung aus dem eigenen Heimnetzwerk herauskitzeln.
Künftig sind - wie bereits berichtet - bei WLAN mehr Kanäle und mehr Bandbreite möglich, aber die neuen Frequenzen rund um 6 GHz mussten erst freigeschaufelt werden. Nun hat die EU einen weiteren Schritt hin zur europaweiten Nutzungsmöglichkeit von WiFi-6 getan.
2020 gefasster Beschluss nun offiziell veröffentlicht
EU harmonisiert Frequenzen für WiFi-6
Bild: teltarif.de
Der EU-Ausschuss für Elektronische Kommunikation (ECC) hatte bereits im vergangenen Herbst über die Einführung von WLAN im 6-GHz-Frequenzbereich entschieden. Auch unter Beteiligung der deutschen BNetzA wurden damals die technischen Grundlagen für einen gemeinsamen europäisch harmonisierten Markt für 6-GHz-WLAN geschaffen.
Ende Juni wurde nun der finale Beschluss im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Er nennt sich etwas sperrig "Durchführungsbeschluss (EU) 2021/1067 der Kommission vom 17. Juni 2021 über die harmonisierte Nutzung von Funkfrequenzen im Frequenzband 5945–6425 MHz für die Einführung drahtloser Zugangssysteme einschließlich lokaler Funknetze (WAS/Funk-LANs)".
Schon im Titel wird klar, was die EU hier technisch beschlossen hat: Im Frequenzbereich 5945–6425 MHz wurde ein zusätzliches Spektrum von 480 MHz für WLAN-Anwendungen reserviert.
EU begründet Harmonisierung mit aktuellen Ereignissen
Interessant ist, dass die EU in der Veröffentlichung sogar Bezug nimmt auf aktuelle Ereignisse: Wegen der wachsenden Zahl und Vielfalt der Geräte für drahtlose Zugangssysteme einschließlich lokaler Funknetze ("WAS/Funk-LANs") und wegen des Anstiegs der Verbindungsgeschwindigkeit und des Datenverkehrsvolumens sei es notwendig, für die Bereitstellung drahtloser Breitbanddienste über WAS/Funk-LANs zusätzlich zu den Frequenzen, die bereits im 2,4-GHz-Band (2400–2483,5 MHz) und im 5-GHz-Band (5150–5350 MHz und 5470–5725 MHz) nicht-exklusiv zur Verfügung stehen, neue Frequenzen zu harmonisieren. Zusätzliche Frequenzen für WAS/Funk-LANs sollten nach Auffassung der EU "die breiten Kanäle unterstützen, die für viele Anwendungen, die eine große Bandbreite benötigen (z. B. Videokonferenzen, Herunterladen von Medien, Telemedizin, Online-Lernen, Online-Spiele, erweiterte Realität und virtuelle Realität), erforderlich sind, um Gigabit-Geschwindigkeiten zu erreichen. Solche Anwendungen haben auch in der Coronavirus-Krise eine immer größere Bedeutung."
Im Einklang mit der Strategie der Kommission für die europäische Gigabit-Gesellschaft sollten "alle wichtigen sozioökonomischen Triebkräfte (darunter Schulen, Verkehrsknoten und Hauptanbieter öffentlicher Dienste) sowie stark digitalisierte Unternehmen" bis 2025 Zugang zu Internetanbindungen mit Download- oder Upload-Geschwindigkeiten von 1 GBit/s haben. Alle Privathaushalte in der Union sollten über Internetanschlüsse mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 100 MBit/s verfügen, die auf 1 GBit/s aufgerüstet werden können. Diese Geschwindigkeiten müssen dann natürlich auch im lokalen WLAN weitertransportiert werden.
Anwendungsfälle für WiFi-6 und weitere Dienste
Der empfohlene Rahmen der EU sieht die beiden folgenden Anwendungsfälle für WAS/Funk-LANs im Frequenzband 5945–6425 MHz vor:
- Innenraumeinsatz mit geringer Leistung (Low Power Indoor, LPI), dauerhaft auf Gebäude, Züge mit metallbeschichteten Fenstern und Luftfahrzeuge beschränkt und nur dort zu verwenden.
- Einsatz mit sehr geringer Leistung (Very Low Power, VLP) zur Verwendung in Innenräumen und Außenbereichen. Der VLP-Einsatz in Außenbereichen ist für Anwendungen mit geringer Reichweite für eine kleinflächige Direktkommunikation bestimmt.
Ganz "alleine" werden Geräte in diesem Frequenzbereich allerdings zukünftig nicht sein: "Im Einklang mit der Vollzugsordnung für den Funkdienst der Internationalen Fernmeldeunion (ITU)" sei das Frequenzband 5945–6425 MHz in allen drei Regionen der ITU primär dem Mobilfunkdienst, dem festen Funkdienst (FS) und dem festen Funkdienst über Satelliten (FSS) zugewiesen worden. Das Frequenzband 5945–6425 MHz werde von Satelliten-Erdfunkstellen auf Schiffen, FSS-Erdfunkstellen, FS-Systemen (Punkt-zu-Punkt), passiven Sensoren (Satellit), Geräten mit geringer Reichweite (Funkortung) und Ultrabreitbandanwendungen genutzt.
Das Frequenzband 5945–6425 MHz werde auch für ortsfeste terrestrische Richtfunkverbindungen großer Reichweite (Punkt-zu-Punkt) mit mittlerer oder hoher Kapazität einschließlich Rückführung des Datenverkehrs in mobilen Breitbandnetzen genutzt. In einigen Mitgliedstaaten sei die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im städtischen Schienenverkehr (IVS) einschließlich datengestützter Zugbeeinflussung (CBTC) in Teilen des Frequenzbands 5905–5935 MHz und in einem Mitgliedstaat im Frequenzband 5925–5975 MHz genehmigt worden. IVS im städtischen Schienenverkehr im 5,9-GHz-Band ermöglicht laut der EU ein "sicheres und effizientes Management des städtischen Schienenverkehrsbetriebs".
Untersuchungen zur gemeinsamen Nutzung und zur Kompatibilität hätten aber gezeigt, dass eine Koexistenz zwischen WAS/Funk-LANs (LPI, VLP) und bestehenden Nutzungen (FSS-Erdfunkstellen und terrestrischer FS-Richtfunk) im Frequenzband 5945–6425 MHz möglich sei, sofern eine Reihe von Bedingungen erfüllt ist, um einen angemessenen Schutz bestehender Nutzungen vor funktechnischen Störungen durch WAS/Funk-LANs in diesem Frequenzband zu gewährleisten.
Die EU-Mitgliedstaaten sind nun angewiesen, bis zum 1. Dezember das Frequenzband 5945–6425 MHz für die Einrichtung von drahtlosen Zugangssystemen einschließlich lokaler Funknetze (WAS/Funk-LANs) gemäß den technischen Bedingungen auszuweisen und es nicht-exklusiv, nichtstörend und ungeschützt dafür zur Verfügung zu stellen.
Inzwischen unterstützen immer mehr Geräte den WiFi-6-Standard - mehr dazu lesen Sie in unserer Meldungsübersicht zu WiFi-6.