Hintergrund

"Hardware-Chaos" verschreckt DSL-Kunden

Mangelnde Durchgängigkeit von Anschlüssen und Endgeräten bei VoIP und NGN
Von Björn Brodersen

Allerdings nimmt auch in Deutschland die Zahl der VoIP- oder NGN-Telefonanschlüsse und damit die Dringlichkeit des Problems der mangelnden Kompatibilität zwischen Anschluss und Endgerät immer weiter zu. HanseNet schaltet solche DSL-NGN-Anschlüsse in denjenigen Regionen im Bundesgebiet, in denen das Unternehmen kein eigenes Breitbandnetz ausgelegt hat und auf die Vorleistungen anderer Netzbetreiber ausweichen muss. Vodafone schaltet dagegen auf NGN basierende Anschlüsse teilweise auch dann, wenn klassische Telefonschlüsse möglich wären.

In den Köpfen vieler Telefonteilnehmer und Internetnutzer gelten beide Firmen allerdings wie auch die Telekom immer noch als klassische Festnetzfirmen. Anhand der vom Provider ausgelieferten Hardware oder beim Telefonieren lässt sich inzwischen auch nicht mehr zweifelsfrei erkennen, ob es sich beim neuen Anschluss um eine IP-basierte Variante des Telefonanschlusses handelt oder nicht.

Auch beim Bonner Konzern sowie bei der Telekom-Billigmarke congstar sind All-IP-Anschlüsse erhältlich, zudem bei weiteren Providern wie 1&1, o2 und Tele2. Kunden von 1&1 erhalten beispielsweise die von AVM hergestellte FRITZ!Box Fon WLAN 7112, die nur VoIP-Telefonate, aber keine Verbindungen über den herkömmlichen Festnetz-Telefonanschluss unterstützt. Dieses Gerät ist nur über den Anbieter aus Montabaur, nicht aber im freien Handel erhältlich. Tele2 gibt den VoIP-fähigen WLAN-Router Thomson SpeedTouch 780 an Neukunden in einem Komplett-Paket heraus. Diese beiden Geräte ziehen sich automatisch die Zugangsdaten aus dem jeweiligen Rechenzentrum der DSL-Anbieter, sobald sie an das Netz angestöpselt sind.

Provider-Hardware gibts meist zum Versandkostenpreis

Bedenken sollten Kunden dieser Provider mit DSL-NGN-Anschluss: Wer sich nicht so gut auskennt, erhält mit den vorkonfigurierten Routern vom Provider funktionierende und sofort einsetzbare Hardware geliefert. In den meisten Fällen ist die vom DSL-Anbieter gestellte Hardware außerdem zum Versandkostenpreis oder zu einem stark herabgesetzten Kaufpreis erhältlich. Die Kosten für ein zusätzliches Gerät bleiben also im Rahmen für Provider-Wechsler, die schon einen VoIP-fähigen DSL-Router besitzen. Wichtig ist auch: In der Regel bieten die DSL-Provider nur für ihre Standard-Hardware Support, nicht aber für andere Geräte.

Tausende besorgte Kunden hätten in den vergangenen Wochen bei einem nicht benannten Hersteller von DSL-Hardware angerufen, weil sie dachten, ihre Geräte von Fremdfirmen seien kaputt, berichtet "Die Welt". Beim Marktführer AVM laufen diese Anfragen von Nutzern der FRITZ!Box-Geräte zwar auf, die im Zeitungsartikel kolportierte Zahl von "Tausenden von Nutzern" konnte ein Pressesprecher des Berliner Hardware-Herstellers aber nicht bestätigen. Mit zunehmender Verbreitung der IP-basierten Telefonanschlüsse ist die Fragmentierung des Endgeräte- und Anschlussmarktes allerdings hinderlich für den Kunden, denn er hat dann schlichtweg keine Auswahl bei der Hardware. Die Situation ist vergleichbar mit der im Kabel-Internet-Bereich: Wer aufgrund eines Umzugs den Kabel-TV-Anbieter wechselt, benötigt bislang eine neue Set-Top-Box und für einen Internetzugang übers TV-Kabel auch ein ein neues Kabel-Modem. Im Kabel-TV-Bereich will die Bundesnetzagentur allerdings jetzt für einheitliche Schnittstellen sorgen.

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