Hintergrund

"Hardware-Chaos" verschreckt DSL-Kunden

Mangelnde Durchgängigkeit von Anschlüssen und Endgeräten bei VoIP und NGN
Von Björn Brodersen

"Hardware-Chaos verärgert DSL-Kunden" titelte gestern Die Welt und hat dabei ein heißes Thema aufgegriffen. Da DSL-Anbieter wie Vodafone und HanseNet (Alice) sich weigerten, die notwendigen Schnittstellen offenzulegen, könnten die Kunden nicht im freien Handel erhältliche Router an den DSL-Anschlüssen betreiben. Die Problematik ist nicht neu und betrifft auch nur diejenigen Kunden, die ein DSL-Komplettpaket mit einem auf NGN (Next Generation Network) basierten Telefonanschluss beziehen, nicht aber Kunden mit einem DSL-Anschlusspaket mit klassischem Festnetz-Telefonanschluss. Wegen der zunehmenden Verbreitung der VoIP- oder NGN-Anschlüsse sowie neuartiger Dienste wie etwa IPTV wird die Frage der Kompatibilität zwischen Netzen und Endgeräten immer drängender.

Bundesnetzagentur: "Kunde wird nicht geschädigt"

Hardware-Chaos bei Alice und Vodafone verschreckt DSL-Kunden Fremd-Hardware am DSL-Anschluss
Bild: AVM, Vodafone, HanseNet, teltarif.de
Das auf eine EU-Richtlinie zum offenen Gerätemarkt im Telekommunikationsmarkt zurückgehende Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG [Link entfernt] ) verpflichtet Betreiber von öffentlichen Telekommunikationsnetzen, "genaue und angemessene technische Beschreibungen ihrer Netzzugangsschnittstellen bereitzustellen und zu veröffentlichen" sowie auch "regelmäßig alle aktualisierten Beschreibungen dieser Netzschnittstellen zu veröffentlichen". Laut des Gesetzes müssen die Schnittstellenbeschreibungen "alle Informationen enthalten, damit die Hersteller die jeweiligen Prüfungen in Bezug auf die für die jeweilige Telekommunikationsendeinrichtung geltenden schnittstellenrelevanten grundlegenden Anforderungen nach eigener Wahl durchführen" kann (FTEG, §5). Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze dürfen zudem "den Anschluss von Telekommunikationsendeinrichtungen an die entsprechende Schnittstelle aus technischen Gründen nicht verweigern, wenn die Endeinrichtungen die geltenden grundlegenden Anforderungen erfüllen" (FTEG, §11).

Dies bedeute aber nicht, dass zwangsläufig jedes Gerät an jedem Anschluss funktionieren muss, erklärte uns Rudolf Boll, Pressesprecher der Bundesnetzagentur. Weil der Kunde auch nicht geschädigt werde, da er von den beiden Anbietern passende Hardware zum Subventionspreis erhalte, sieht die Bundesnetzagentur auch keinen Handlungsbedarf: "Natürlich wäre es schön, wenn alles standardisiert wäre, aber dazu müssen sich die Unternehmen einigen", so Boll weiter. Für die Kunden von Vodafone und HanseNet, die ein DSL-Komplettpaket mit integriertem NGN-Anschluss beziehen, bedeutet dies: Sie können unter Umständen nicht bereits vorhandene oder selbst im freien Handel gekaufte Hardware für den Telefon- oder IPTV-Zugang nutzen, sondern müssen auf die vom Provider gestellte Hardware zurückgreifen.

Internetzugang funktioniert, NGN-Telefonanschluss nicht

Weitere Informationen:
Möglicherweise betroffen von der mangelnden Kompatibilität zwischen Anschluss und Endgerät sind nicht alle DSL-Kunden von HanseNet und Vodafone sondern diejenigen, die ein DSL-Komplettpaket mit einem auf Next Generation Networks (NGN) basierten Telefonanschluss nutzen. Weitere Einschränkung: Nur DSL-Kunden dieser Provider, die nicht den vom Anbieter gestellten vorkonfigurierten Router nutzen, sondern auf im freien Handel gekaufte Hardware zurückgreifen, können den IP-basierten Telefonanschluss nicht nutzen, solange sie nicht sämtliche Konfigurationsdaten kennen. Dabei kann der reine Internetzugang mit Fremd-Hardware sogar funktionieren, wie uns HanseNet-Pressesprecher Carsten Nillies bestätigte.

Wer also beispielsweise ein DSL-Komplettpaket von HanseNet mit einem herkömmlichen Festnetzanschluss bezieht, kann durchaus selbst gekaufte Hardware anderer Hersteller an seinem DSL-Anschluss betreiben und weiterhin über das öffentliche Telefonnetz telefonieren. Wer auf Nachfrage beim Kundendienst seines DSL-Providers sämtliche Konfigurationsdaten zur Eingabe in seinem Router erhalten hat, kann auch an einem DSL- und IP-basierten Telefonanschluss dieser Anbieter die Standard-Hardware durch ein selbst gekauftes Gerät ersetzen und den integrierten Telefonanschluss nutzen. Laut dem Bericht der "Welt" hätten manche Kunden durch hartnäckiges Einfordern der Zugangsdaten damit auch Erfolg gehabt.

Auf der zweiten Seite unseres Hintergrundartikels erfahren Sie, warum vom Provider gelieferte Hardware von Vorteil sein kann.

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