Urteil gegen Drillisch: Keine 15 Euro für Wechsel der eSIM
Rechtsstreit um Gebühr für eSIM bei Drillisch
Foto: teltarif.de, Logo: Drillisch
Zahlreiche Hersteller verbauen in ihre Smartphones und Tablets ein Modul für eine eSIM. Das hat dazu geführt, dass auch mehr und mehr Mobilfunk-Discounter aufwachen und ihren Kunden eine eSIM anbieten - bei Drillisch war es im Oktober 2019 so weit. Allerdings musste teltarif.de kurz darauf konstatieren, dass Drillisch die Gebühr von knapp 15 Euro nicht nur für die Erstausstellung einer eSIM berechnet, sondern auch für jeden Umzug auf ein anderes Gerät, beispielsweise nach einem Handy-Defekt.
Gegenüber teltarif.de haben mehrere Drillisch-Sprecher in den vergangenen Jahren immer wieder gebetsmühlenartig betont, die Tarif-Preise bei Drillisch seien ohnehin bereits "auf Kante genäht" und deswegen müsse man im Gegensatz zu den teureren Netzbetreibern für derartige Zusatzleistungen eben extra Geld verlangen. Ein teltarif.de-Leser wollte das aber nicht auf sich sitzen lassen und klagte gegen Drillisch - mit Erfolg. Unterstützt wurde der Leser dabei von der Rechtsanwaltskanzlei Proto Legal in Berlin.
Rechtsstreit um Gebühr für eSIM bei Drillisch
Foto: teltarif.de, Logo: Drillisch
eSIM-Gebühr: Benachteiligung bei Gerätewechsel?
Der Leser, der Kunde bei smartmobil.de war, erkundigte sich im August 2020 bei der Kundenbetreuung nach einer eSIM für seinen Vertrag. Drillisch antwortete, dass dies möglich sei und der Tausch 14,95 Euro kosten würde. Der Kunde betonte, dass er als Neukunde sicherlich keine knapp 15 Euro für die Ausstellung bezahlen werde, woraufhin die Kundenbetreuung ihm die eSIM auf Kulanz einmalig kostenlos ausstellte.
Im Jahr 2021 hat der Kunde dann ein neues Smartphone erworben, das wegen eines Defekts zum Händler zurück geschickt werden musste. Für jeden hierzu erforderlichen Umzug der eSIM auf ein anderes Gerät wollte Drillisch wieder die knapp 15 Euro eintreiben. Der Kunde verwies auf die Leistungsbeschreibung von Drillisch, in der zu lesen ist, dass Drillisch im Rahmen des Vertrags als Diensteanbieter eine Telekommunikationsdienstleistung erbringt. Dadurch, dass Drillisch verweigere, hierfür kostenlos eine eSIM zur Verfügung zu stellen, habe Drillisch den Vertrag nicht erfüllt. Der Kunde interpretierte dies als Leistungsverweigerung und entzog Drillisch die Einzugsermächtigung für die Rechnung.
In seiner Begründung argumentierte der Leser, das Vorgehen von Drillisch verstoße gegen die EU-Verordnung 2015/2120 vom 25. November 2015, die eine freie Endgerätewahl vorschreibt. Ein Nutzer einer klassischen SIM-Karte könne das Gerät frei wählen und auch wechseln. Drillisch verhindere dies, indem der Provider die Aktivierungscodes ohne Bezahlung durch den Kunden unter Verschluss halte bzw. sich weigere, die für einen Endgerätewechsel technisch notwendigen Codes bereit zu stellen. Nutzer einer eSIM würden also gegenüber Nutzern einer physikalischen SIM "auf unangebrachte Art und Weise" benachteiligt.
Der Fall landete vor Gericht
Nachdem Drillisch sich nach mehrfacher Aufforderung weiterhin weigerte, ein kostenloses eSIM-Profil zu liefern, kündigte der Kunde im September 2021 den Vertrag fristlos wegen einer nicht erbrachten Leistung. Darauf reagierte Drillisch im November mit einer erneuten Zahlungserinnerung und drohte eine Schadensersatzforderung an. So landete der Fall vor Gericht.
Interessant sind hierbei die Ausführungen des Rechtsanwalts des Kunden, der für das lediglich schriftlich ohne Anhörung durchgeführte Verfahren vor dem Amtsgericht München die Rechtsauffassung darlegte. Um ein Mobilfunkgerät mit einem Mobilfunknetz zu verbinden, sei von Mobilfunkanbietern bisher stets eine SIM-Karte bereitgestellt worden. Diese könne der Kunde in ein Endgerät seiner Wahl einsetzen. Er könne auch zwischen verschiedenen Geräten wechseln, indem er die SIM-Karte entnimmt und in ein anderes Gerät einsetzt. Dieser Einsatz- und Tauschvorgang löse keine Kosten aus. Die eSIM sei ein moderner Nachfolger der SIM-Karte und bei allen deutschen Netzbetreiben sei der Geräte-Wechsel kostenlos.
Nach dem Gerätedefekt habe der Kunde Drillisch erneut um Bereitstellung des eSIM-Aktivierungscodes gebeten. Drillisch habe in unzutreffender Weise behauptet, dass dieser Vorgang mit der Neuausstellung einer physikalischen SIM-Karte gleichzusetzen sei. Drillisch habe keinen Zahlungsanspruch; bis zuletzt sei die Erfüllung der Hauptleistungspflicht verweigert worden.
Ergebnis: Der Kunde muss nicht bezahlen
Logos: Drillisch, Grafik/Montage: teltarif.de
eSIM-Gebühr als überraschende Klausel?
Über einen kostenpflichtigen Zugang zum Aktivierungscode würde keinerlei Einverständnis bestehen, führte der Anwalt gegenüber dem Gericht weiter aus. Dies sei weder im Vertrag noch in den AGB vereinbart gewesen.
Selbst wenn es eine entsprechende vertragliche Regelung bzw. AGB-Regelung gäbe, sei diese als überraschende Klausel (§ 305c BGB) bzw. wegen unangemessener Benachteiligung (§ 307 Abs. 1 BGB) unwirksam. Die Kosten für das Bereitstellen des eSIM-Zugangs seien unüblich und würden von anderen Marktteilnehmern nicht erhoben. Vielmehr gehöre das Bereitstellen des eSIM-Profils zu den Pflichten des Anbieters. Denn ohne das eSIM-Profil könne der Vertrag nicht erfüllt werden.
Gegenüber dem Benutzer einer herkömmlichen SIM-Karte sei der Benutzer einer eSIM finanziell benachteiligt. Denn der eSIM-Nutzer könne diese dem Gerät nicht entnehmen und in ein anderes Gerät einbauen. Ein Nutzer einer normalen SIM-Karte könne dies hingegen jederzeit, und zwar kostenlos.
Dürfte das Entgelt tatsächlich erhoben werden, sei dies nicht richtlinienkonform. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2015/2120 sei eine freie Endgerätewahl vorgeschrieben. Dies werde jedoch konterkariert, wenn man Nutzer durch die Erhebung von Kosten für die eSIM-Aktivierung von einem Endgerätewechsel abhalte.
Die Entscheidung: Kunde muss nicht zahlen
Im Januar fällte das Amtsgericht München dann ein Anerkenntnisurteil: Es wurde festgestellt, dass die Beklagte (Drillisch) gegen den Kläger (Kunden) keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 28,30 Euro hat. Drillisch hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf 28,30 Euro festgesetzt, eine weitergehende Urteilsbegründung lieferte das Gericht nicht. Schon am 21. Dezember hatte Drillisch gegenüber dem Gericht die Klageforderung schriftlich anerkannt.
Auf Anfrage schrieb Drillisch gegenüber teltarif.de zu dem Urteil: "Bei dem Verfahren vor dem Amtsgericht München wurde ein Einzelfallsachverhalt eines Kunden behandelt. Aus prozessökonomischen Gründen haben wir entschieden, die Forderung des Kunden anzuerkennen und das Verfahren damit zu beenden. Da es sich um ein Anerkennungsverfahren handelt, lassen sich daraus keine generellen Aussagen oder Schlüsse ableiten."
Smartwatches sind bei einigen eSIM-Profilen verschiedener Mobilfunk-Provider außen vor. Doch auch bei Handys gibt es Einschränkungen.