Digitalradio

Gesetzentwurf: Pflicht für Digital-Schnittstelle in Radios

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie will mit einem neuen Gesetz die Digitalisierung des Radios voran treiben. Eine Pflicht für DAB+ bedeutet das aber nicht mehr. Eine AUX-Schnittstelle an einem UKW-Radio reicht aus.
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Bluetooth oder AUX-in: Bald Pflicht für alle Radiomodelle? Bluetooth oder AUX-in: Bald Pflicht für alle Radiomodelle?
Foto: Michael Fuhr
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BWMi) schlägt in einem Refe­ren­ten­entwurf zur Anpassung des §48 des Tele­kommunikations­gesetzes (TKG) ein Handels­verbot für rein analoge UKW-Geräte vor, falls diese bestimmte Mindest­anforderungen erfüllen. Mit der Regelung soll laut eigenen Angaben ein Impuls für die Digi­talisierung des Hör­funks gegeben werden.

Der neue Entwurf ist eine Novelle der im vergangenen Jahr von der Bundesregierung abgelehnten Länder-Initiative. Diese hätte mehr den digital-terrestrischen Hörfunkstandard DAB+ präferiert. Der nun vorgelegte Entwurf ist dagegen sehr allgemein gehalten, eine Schnittstelle für ein Digitalgerät reicht demnach aus. Damit können weiter auch rein analoge Radiomodelle nur mit UKW-Empfang im Handel bleiben. Sie müssen aber verpflichtend zumindest über einen AUX- oder USB-Eingang oder eine Drahtlos-Verbindung, beispielsweise mit Bluetooth, verfügen.

Mangelhafte und langsame Marktdurchdringung mit Digitalradio

Bluetooth oder AUX-in: Bald Pflicht für alle Radiomodelle? Bluetooth oder AUX-in: Bald Pflicht für alle Radiomodelle?
Foto: Michael Fuhr
Die Digitalisierung des Hörfunks sei im Gegen­satz zu Entwicklungen in anderen EU-Mitglied­staaten nicht zufrieden­stellend, heißt es in dem Entwurf. Die von Bund und Länder ergriffenen Initiativen hätten nicht zu dem gewünschten Ergebnis geführt. Die Markt­durch­dringung mit Hörfunk­geräten, die zum Empfang digitaler Signale geeignet sind, gehe nur schleppend voran. Gleichzeitig biete die Digitalisierung des Hörfunks für Anbieter von Rund­funk­programmen zahlreiche Möglich­keiten ihre Angebots­vielfalt zu steigern und den Nutzern ein qualitativ höherwertiges Produkt anzubieten, heißt es. Die mit der Gesetzes­änderung beabsichtigte Förderung zur Verbreitung geeigneter Hörfunk­geräte sei ein wichtiger Baustein, die bestehenden technischen Optionen auch für den Hörfunk nutzbar zu machen.

Jede Menge Einschränkungen und Ausnahmen in Gesetzentwurf

Es gibt aber in dem Entwurf auch jede Menge Einschränkungen: Gebrauchtgeräte sind beispielsweise aus dem Anwendungsbereich der Regelung ausgeschlossen. Diese Bereichsausnahme diene der Nachhaltigkeit und Sozialverträglichkeit der Regelung, indem gebrauchte Radiogeräte aller Art weiterhin frei angeboten werden können, also nicht entsorgt werden müssen.

Mit der Beschränkung der Regelung auf Geräte, die den Sendernamen anzeigen können, würden einfache Empfangsgeräte im unteren Preissegment von der Regelung ausgenommen, so dass keine oder minimale Auswirkungen auf das Verbraucherpreisniveau zu erwarten seien. Die Einschränkung auf Geräte, die "den Programmnamen anzeigen" können, schließe reine UKW-Empfänger aus, die lediglich über eine Frequenzanzeige verfügen. Umfasst würden jedoch die meisten Autoradios, da sie in der Regel mit einem RDS-Empfangsteil ausgestattet sind und den Programmnamen anzeigen können. Generell ausgenommen sind Geräte, die nicht primär für Radio genutzt werden. Ein in einem Mikrowellengrill oder einem Mobiltelefon eingebautes UKW-Radio muss demnach auch künftig keinen Digitalradio-Empfang verarbeiten können.

Verbindung mit dem Internet

Die Ausrüstungspflicht besteht in einer Schnittstelle, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. Hierbei kann es sich um eine beliebige Luftschnittstelle (elektrische oder optische Schnittstelle) handeln. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Inhalte aus dem Internet zumeist über Schnittstellen bezogen werden, die nach IEEE (wie bei WLAN) oder anderen Normen nicht-europäischer Normenorganisationen standardisiert worden sind. Die Schnittstelle kann eine Luftschnittstelle für den direkten Bezug eines digitalen Hörfunksignals sein (z.B. DAB+), sie kann aber auch dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz oder ein Telekommunikations-Endgerät dienen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Internetanschluss nur über ein solches Netz oder Endgerät möglich ist.

Durch die Herausnahme von Bausätzen aller Art aus dem Anwendungsbereich der Regelung wird sichergestellt, dass nicht für den Digitalempfang taugliche Radiobausätze weiterhin frei angeboten werden können und so insbesondere für Zwecke der Jugendbildung sowie der beruflichen Aus- und Fortbildung zur Verfügung stehen.

Im Ergebnis soll die Regelung die Digitalisierung des Hörfunks und damit auch die Unterstützung der Endgerätedurchdringung in allen digitalen Übertragungswegen unterstützen. Gleichzeitig soll der Geräteindustrie ausreichend Zeit zur Umstellung ihrer Produktionsprozesse eingeräumt werden. Die im Entwurf ebenfalls vorgesehene Ausnahme für bereits vor Inkrafttreten der Regelung (zwölf Monate nach Verkündung des Gesetzes) in Verkehr gebrachte Geräte soll sicherstellen, dass ein Abverkauf der bisherigen Gerätepalette in angemessenem Umfang möglich bleibt. Im letztjährigen Entwurf galt als Stichtag des Inkrafttretens der 1. Januar 2019.

Neuer Gesetzentwurf bringt DAB+ nicht voran

Unser Eindruck: Der neue Gesetzentwurf ist überflüssig, denn er bringt vor allem den digital-terrestrischen Hörfunk DAB+ in keiner Weise voran. Letztendlich dürfen auch weiter alle rein analogen UKW-Radios verkauft werden. Schon heute besitzen viele Empfänger und vor allem Autoradios einen AUX-Eingang oder Bluetooth für externe Geräte. Genutzt wird diese Möglichkeit häufig nicht, nur Freaks dürften beispielsweise DAB+-Adapter an Küchenradios anschließen. Eine Mindestverpflichtung auf eine Integration der Wellenbänder UKW und DAB/DAB+, gepaart mit einer Schnittstelle für weitere Endgeräte wie ein Smartphone, wäre in jedem Fall der Weg gewesen, der für eine schnellere Marktdurchdringung mit dem digital-terrestrischen Radio wichtiger gewesen wäre. Allerdings gibt es in Deutschland immer noch Kräfte mit starker Lobby, die genau das verhindern wollen. Beispielsweise große Privatradios, die in Zukunft weiter auf die analoge UKW-Technologie setzen wollen, gepaart mit Internetanwendungen als Bonus.

Das BMWi bittet um Stellungnahmen bis zum 18. April, um sie für die weitere Abstimmung einbeziehen zu können. Diese sind ausschließlich per E-Mail an Buero-VIA2@bmwi.bund.de zu richten.

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