Digitalradio

Netzbetreiber: Warnungen über DAB+ waren erfolgreich

Auch wenn nur wenige Geräte die Warn­mel­dungen empfangen haben: Die Netz­betreiber sind mit dem Test­lauf der Bevöl­kerungs­war­nung über DAB+ am bundes­weiten Warntag zufrieden.
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Am bundes­weiten Warntag hat sich der digital terres­tri­sche Rund­funk DAB+ als wich­tiger, robuster und zuver­läs­siger Kanal zur Über­mitt­lung von Meldungen im Krisen­fall bewiesen. So zumin­dest sieht es der Verein Digi­tal­radio Deutsch­land e.V. Die Alar­mie­rung über das MoWaS-System des Bundes, die Sende­anlagen und Signal­wege funk­tio­nierten wie erwartet einwand­frei. Öffent­lich-recht­liche und private Programm­anbieter betei­ligten sich redak­tio­nell sowie teil­weise mit Test- und scharf geschal­teten Alarm­mel­dungen.

DAB+ sei auch in Krisen­fällen die zukunfts­sichere Alter­native zu UKW: "Im Warnmix spielt das klas­sische lineare Radio schon immer eine bedeu­tende Rolle: Denn das batte­rie­betrie­bene Radio – oder das Auto­radio – funk­tio­niert meist auch im Kata­stro­phen­fall. Dank DAB+ mit seiner robusten Infra­struktur gibt es jetzt eine sehr gute neue Möglich­keit, verläss­lich zu warnen", so Dr. Thorsten Schmiege, Präsi­dent der Baye­rischen Landes­zen­trale für neue Medien. Bevölkerungswarnung auf dem Display eines DAB+-Radios Bevölkerungswarnung auf dem Display eines DAB+-Radios
Foto: Michael Fuhr/teltarif.de
Am gemein­samen Akti­onstag von Bund, Ländern und Kommunen wurden um 11 Uhr alle verfüg­baren Warn­mittel des "Modu­laren Warn­sys­tems" (MoWaS) erprobt. Neben öffent­lich-recht­lichen und privaten Radio- und TV-Sendern gehörten dazu auch Sirenen, Laut­spre­cher­wagen, Warn-Apps und öffent­liche Werbe­tafeln.

DAB+ Warntag national

Als bundes­weiter öffent­lich-recht­licher Sender betei­ligte sich Deutsch­land­radio mit den Programmen Deutsch­land­funk, Deutsch­land­funk Kultur und Deutsch­land­funk Nova. Nach Auslö­sung der Test-Warn­mel­dung durch das Bundesamt für Bevöl­kerungs­schutz und Kata­stro­phen­hilfe (BBK) wurde diese von den zustän­digen Redak­tionen veri­fiziert und anschlie­ßend mehr­fach im Programm verlesen. Geeig­nete DAB+-Radios mit Alarm­funk­tion schal­teten sich aus dem Standby ein und über­trugen das warnende Live-Radio­pro­gramm.

DAB+ Radios zeigten einen Lauf­text mit wich­tigen Infor­mationen auf Deutsch, Englisch und Fran­zösisch. DAB-Empfangs­geräte mit Farb­dis­play über­trugen via Slide­show statt übli­cher Programm­logos eine rote Kachel mit der Meldung des BBK. Die Entwar­nung erfolgte gegen 11:45 Uhr. Zusätz­lich erhielten alle Nutzer der Dlf-Nach­richten-App eine entspre­chende Push­mel­dung auf ihre Mobil­tele­fone.

DAB+ Warntag auf Länder­ebene

In den Bundes­län­dern Bayern und Sachsen-Anhalt wurde die Alar­mie­rung über DAB+ teil­weise unter realen Bedin­gungen erprobt. In Bayern hatten zuvor vor allem private Radio­pro­gramme auf diese Aktion aufmerksam gemacht. Um 11 Uhr wurde im Test­kanal 10D der Bayern Digital Radio GmbH eine scharfe Warn­mel­dung abge­setzt. DAB+-Geräte mit Warn­funk­tion im Sende­gebiet – also im west­lichen Mittel­franken und südöst­lichen Ober­bayern – haben den Test empfangen.

Wie in Bayern koope­rierte auch in Sachsen-Anhalt das Fraun­hofer IIS für den Warntag mit privaten landes­weiten Hörfunk­ver­anstal­tern und der zustän­digen Landes­medi­enan­stalt. Radio Brocken und radio SAW hatten um 11 Uhr einen Testalarm im Kanal 11C ausge­löst. Entspre­chende Geräte empfingen eine Test­durch­sage und blen­deten weitere Infor­mationen auf dem Radio­dis­play ein.

Auch auf Länder­ebene wurde die auto­mati­sierte Über­tra­gung der Warn­mel­dung in ein anderes Programm­ensemble und das Einschalten aus dem Standby erfolg­reich getestet.

DAB+ Daten­dienste: Weiter­ent­wick­lung des Alarm­sys­tems

Die Mitglieder des Vereins Digi­tal­radio Deutsch­land haben sich dafür ausge­spro­chen, das inter­national normierte DAB+-System um einen zusätz­lichen, barrie­refreien Warn­dienst zu erwei­tern. Die Grund­funk­tion soll ab 2023 eine Weiter­ent­wick­lung der klas­sischen Warn­durch­sage umfassen. Zusätz­lich zur Ton-Signa­lisie­rung und Sprach­durch­sage wird das Warn­system dazu ertüch­tigt, Empfänger aus dem Standby-Modus zu akti­vieren. Dies ist zum Beispiel bei Radio­weckern von Vorteil. In späteren Gerä­tege­nera­tionen ab 2024 stehen die Barrie­refrei­heit sowie fremd­sprach­liche und erwei­terte Text­infor­mationen im Fokus.

Das Enga­gement der Vereins­mit­glieder mache deut­lich, dass der digi­tale Radio­stan­dard DAB+ und die darüber verfüg­baren digi­talen Daten­dienste auch in Krisen­fällen und Warn­situa­tionen eine zukunfts­sichere Alter­native zu UKW ist. Für den Empfang von DAB+-Warn­mel­dungen ist keine Inter­net­ver­bin­dung notwendig.

Auch klei­nere Netz­betreiber testeten Warnung über DAB+

"Radio ist und bleibt eine unver­zicht­bare Kompo­nente eines gesamt­heit­lichen Warn­sys­tems für die Bevöl­kerung, aber es ist noch viel zu tun." Dies ist das Fazit des Warn­tages aus Sicht der klei­neren Sende­netz­betreiber Milling Broad­cast Services GmbH und RegionalRadioBW. Beide hatten die Warn­funk­tio­nali­täten des digi­talen Radio­stan­dards DAB+ in Teilen von Rhein­land-Pfalz (Region Bad Kreuz­nach), Baden-Würt­tem­berg (Heil­bronn-Stutt­gart) und Meck­len­burg-Vorpom­mern (Rostock) getestet.

Dazu wurde um 11 Uhr ein Alarm­signal auf den jewei­ligen lokalen DAB-Programm­paketen ausge­sendet. Dieses Signal hatte moderne Digi­tal­radio-Empfänger und Auto­radios dazu bewegt, vom laufenden Radio­pro­gramm auf einen Warn­kanal umzu­schalten, bezie­hungs­weise Empfänger im Standby-Betrieb zu akti­vieren und die Nach­richt laut abzu­spielen.

Unter Einbe­zie­hung der radio­affinen Commu­nity in Deutsch­land konnte so gleich­zeitig fest­gestellt werden, welche Radio­emp­fänger bereits jetzt die Alarm-Meldungen auswerten können. Bei rund 20 Prozent der Geräte war das der Fall. "Hier gibt es noch Nach­hol­bedarf", so Dana Dieze­mann, Inha­berin der RadioRegionalBW. "Beson­ders ältere Geräte verstehen das Alarm-Flag nicht. Jedoch auch ohne Alarm­schal­tung könnte DAB+ bereits jetzt bei der Bevöl­kerungs­alar­mie­rung unter­stützen, durch die Einrich­tung eines dauer­haften Kanals, auf dem Warn­mel­dungen in Wort und Text über­tragen werden."

Dem kann Chris­tian Milling, Geschäfts­führer der Milling Broad­cast Services GmbH nur beipflichten: "Das neue groß bewor­bene Cell­broad­cas­ting hat auf unseren Endge­räten nicht funk­tio­niert, Meldungen über Nina und Katwarn kamen entweder nicht oder nur mit großer Verzö­gerung an, die Webseite des BBK war lange Zeit über­lastet oder meldete, dass keine Meldungen vorliegen und die im Ort instal­lierte Sirene war nur sehr leise vernehmbar. Ledig­lich die MoWas-Meldung für Rund­funk und TV kam zeitnah an und konnte dank Text-To-Speech-Synthe­tisie­rung kurz darauf in den DAB+-Multi­plexen ausge­strahlt werden."

In der Stutt­garter Region testeten unter Real­bedin­gungen Auto­radio­her­steller ihre neuen Modelle auf die DAB+ Warn­funk­tio­nalität. Das DAB+-Signal wurde in allen drei Fällen durch die Open-Source-Soft­ware "Open Digital Radio" erzeugt. "Bereits im Vorfeld des Warn­tages wurde bei Tests deut­lich, dass die maßgeb­lichen Warn­funk­tionen unter­stützt und damit den Anfor­derungen für die Bevöl­kerungs­war­nung mehr als gerecht wird", so Dana Dieze­mann. "Sollten zukünftig weitere Anfor­derungen an die DAB+-Funk­tio­nali­täten gestellt werden, lässt sich dies dank offenem Quell­text leicht ergänzen".

Warn­kanäle bleiben am Netz

Beide klei­neren Sende­netz­betreiber arbeiten eng mit den Medi­enan­stalten und den Endge­räte-Herstel­lern zusammen, um hier auch 2023 ein noch besseres "Warn­erlebnis" zu errei­chen. Die EWF-Warn­kanäle sollen fester Bestand­teil der genannten lokalen DAB-Ensem­bles bleiben.

"Nach den Erfah­rungen, die wir 2021 mit dem Ahrtal­radio nach der Flut an der Ahr gemacht haben, wissen wir, welchen unschätzbar wich­tigen Beitrag Radio vor, während und nach einer Kata­strophe spielt. Diese Erkennt­nisse wollen wir in die Verbes­serung der Warn­sys­teme in Deutsch­land mit einbringen", so Milling weiter.

Unsere eigenen Erfah­rungen mit DAB+ zum Warntag haben wir in einer sepa­raten Meldung zusam­men­gefasst.

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