Digitalradio

DAB+: Abruf von regionalen Frequenzen verschlafen

Im Saar­land ist ein geplantes Privat­radio-Bouquet im Digi­talradio DAB+ an fehlenden wirt­schaft­lichen Frequenzen geschei­tert. Es wird kein Einzel­fall bleiben. Deutsch­land hat bei DAB+ zu lange gezö­gert.
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Vorerst keine neuen, regionalen DAB+-Programme im Saarland Vorerst keine neuen, regionalen DAB+-Programme im Saarland
Foto: Ocean Digital
Das Saar­land ringt weiter um die Etablie­rung eines landes­weiten DAB+-Bouquets für Privat­radios. Wie teltarif.de über Programm­anbieter erfuhr und inzwi­schen auch die Landes­medi­enan­stalt Saar­land (LMS) bestä­tigte, soll es neben zäher Verhand­lungen des desi­gnierten Platt­form­betrei­bers Divicon mit den Veran­stal­tern (zumin­dest hier soll sich eine Lösung abge­zeichnet haben) nun ein weiteres Problem geben: Aus der bishe­rigen Beant­wortung der Bundes­netz­agentur sei zu schließen, dass der Frequenz­block 11C am Standort Schoks­berg (15 km nörd­lich von Saar­brücken) unter Nutzung der Bestands­antenne der Media Broad­cast inter­national wahr­schein­lich nicht zu koor­dinieren sei.

Auch die bislang weiteren Gespräche mit der BNetzA hätten zu dem Ergebnis geführt, dass die Bestands­antenne am Standort Schoks­berg - wenn über­haupt - dann keines­falls mit der ausge­schrie­benen Sende­leis­tung von 10 kW, sondern nur mit einer deut­lich gerin­geren Leis­tung (die Rede ist von maximal 1 kW) betrieben werden könnte. Grund ist, dass die Kapa­zität unter anderem auch von Frank­reich bean­sprucht, bezie­hungs­weise im Elsass bereits einge­setzt wird.

Mit der gerin­geren Leis­tung am Schoks­berg wäre in Saar­brücken kein oder nur schlechter Indoor-Empfang möglich. Da die Instal­lation einer zweiten Antenne, die von Frank­reich gefor­derte Para­meter einhält, dem desi­gnierten Platt­form­betreiber Divicon Media und den Programm­anbie­tern zu teuer ist, sei das bishe­rige Verfahren nun als wirt­schft­lich nicht darstellbar einge­stuft worden.

BNetzA soll sich um Ersatz­kapa­zität bemühen

Vorerst keine neuen, regionalen DAB+-Programme im Saarland Vorerst keine neuen, regionalen DAB+-Programme im Saarland
Foto: Ocean Digital
Der Medi­enrat der Landes­medi­enan­stalt Saar­land hat sich in seiner Sitzung vom 5. März eben­falls mit dem aktu­ellen Stand der Einfüh­rung eines landes­weiten privaten DAB+-Multi­plexes im Saar­land befasst. In den tech­nischen und betriebs­wirt­schaft­lichen Planungen für die Reali­sierung des von der LMS ausge­schrie­benen DAB+-Landesmux wurde laut der Medi­enanalt nicht zuletzt aus ökono­mischen Gründen immer von einer Nutzung/Mitbe­nutzung der Bestands­antenne am Schoks­berg ausge­gangen.

Vor diesem Hinter­grund hat der Medi­enrat der LMS einstimmig seinen Vorsit­zenden und die Verwal­tung der LMS gebeten, gemeinsam mit der Staats­kanzlei des Saar­landes, die zusammen mit der LMS tele­kommu­nika­tions­recht­lich Rund­funk­bedarfs­träger für das Saar­land ist, auf die Bundes­netz­agentur zuzu­gehen, um im Inter­esse der Programm­veran­stalter für das Saar­land eine Lösung zu entwi­ckeln, die einen wirt­schaft­lich sinn­vollen Betrieb des DAB+-Landesmux zulässt. Programm­veran­stalter rechnen sogar damit, dass hierfür eine Neuaus­schrei­bung nötig sein könnte, da sich die bishe­rige Ausschrei­bung explizit auf den Kanal 11C bezieht.

Der Medi­enrat der LMS betonte in diesem Zusam­menhang, dass eine Schlech­terstel­lung des Saar­landes im Vergleich zu dritten Ländern bei der Versor­gung mit einem landes­weiten DAB+-Angebot nicht hinnehmbar sei. Aus der Grenz­nähe des Saar­landes dürften nicht nach­haltige Einbußen in der mögli­chen Versor­gung mit Digi­talradio-Ange­boten erwachsen.

Staats­kanz­leien: Zu lange auf Platz­hirsche gewartet

Die Staats­kanz­leien der Länder haben es gene­rell vieler­orts versäumt, Kapa­zitäten für landes­weite und regio­nale DAB+-Bede­ckungen recht­zeitig bei der Bundes­netz­agentur abzu­rufen. Lange hatten sie abge­wartet, bis die bei DAB+ zöger­lichen Privat­radio-Platz­hirsche ihren Bedarf anmel­deten. Auf den Bedarf auswär­tiger und neuer Veran­stalter wurde und wird statt­dessen oft nicht reagiert.

Inzwi­schen haben die deut­schen Nach­barländer ihrer­seits viele Frequenz­blöcke für DAB+ bei den Tele­kommu­nika­tions­behörden koordinieren lassen. Umso schwerer ist es nun für die Bundes­netz­agentur, bedarfs­gerechte Kanäle in Deutsch­land in Absprache mit den Nach­barlän­dern zu koor­dinieren. Unter anderem deswegen kommt es auch zu Verzö­gerungen bei der Vergabe von regio­nalen Digi­talradio-Kapa­zitäten in NRW und Thüringen.

Small-Scale Alter­native fürs Saar­land?

Laut Infor­mationen von teltarif.de wünschen einige Programm­anbieter nun die Möglich­keit eines alter­nativen Muxes im Saar­land. Dieser soll aus Sendern klei­nerer Leis­tung direkt in den größten Städten des Bundes­landes bestehen. Mit einem solchen Bouquet könnte auch der bisher geplante Kanal 11C genutzt werden, da in diesem Fall eine Über­strah­lung nach Frank­reich prak­tisch nicht vorhanden wäre. Mit einer solchen Lösung, die wesent­lich preis­güns­tiger als die bisher ange­strebte landes­weite wäre, könnte dennoch ein Groß­teil der saar­ländi­schen Bevöl­kerung versorgt werden.

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