UKW, DAB+ oder 5G: Weiter Streit um die Zukunft des Radios
Digitalradio-Panel auf der IFA
Foto: Michael Fuhr
Deutliche Zuwächse für DAB+ und Internetradio, und dennoch wird über die Zukunft des Radios weiter gestritten.
Das wurde auf dem Panel "Der moderne Dreikampf des Hörfunks: UKW, DAB+ und 5G" anlässlich des Digitalradio-Tages
auf der IFA deutlich.
MDR-Intendantin wünscht Rückkehr des Vaunet ins Digitalradio-Board
Digitalradio-Panel auf der IFA
Foto: Michael Fuhr
Mit großer Genugtuung hat MDR-Intendantin Karola Wille die in Berlin veröffentlichten Zahlen aus
dem Digitalisierungsbericht Audio der Landesmedienanstalten zur Kenntnis genommen. Demnach nimmt
die Verbreitung von Digitalradios deutlich Fahrt auf. Bereits 23 Prozent der deutschen Haushalte
können ausweislich des Digitalisierungsberichtes aktuell Radio mit dem Übertragungsstandard
DAB+ empfangen. Das ist ein Drittel mehr als noch vor einem Jahr.
Wille, die im ARD-Verbund federführend für die Einführung und Bewerbung des digital-terrestrischen
Radiostandards DAB+ ist, sieht in den außerordentlich positiven Zahlen einen wichtigen Meilenstein:
"Die Zahlen deuten darauf hin, dass für DAB+ der Knoten geplatzt ist". Sie wünscht sich, dass der
Privatradioverband Vaunet anlässlich dieser eindeutigen Zahlen nun wieder am Digitalradio-Board
des Bundes teilnimmt.
Kai Fischer: "Smartphone ist Radiogerät der Zukunft"
Kai Fischer, Geschäftsführer von Antenne Niedersachsen, kann allerdings auch aus den neuen Zahlen keinen Erfolg für DAB+ erkennen. Vielmehr sei UKW für ihn nach wie vor der eindeutig dominierende Verbreitungsweg für den Hörfunk. Die neuen Zahlen sagten nichts über die reale Nutzung von DAB+ aus, zudem stört ihn, dass das Wachstum beim terrestrischen Digitalradio eher im Auto stattfinde, während die Geräteausstattung in den Haushalten weiter gering sei.
Demonstrativ hielt er ein Smartphone in die Höhe und meinte: "Das ist das Radiogerät der Zukunft". DAB+ sei für ihn kein digitaler, sondern ein Verbreitungsweg aus der analogen Welt, da er nicht den Anforderungen an ein modernes, digitales Medium gerecht werde, etwa wegen der fehlenden Möglichkeiten wie Adressierbarkeit und Rückkanal.
Nachdem er in Niedersachsen mit dafür gesorgt hat, dass sich das Landesparlament gegen eine Zukunft mit DAB+ ausgesprochen habe, kündigte er an, dass DAB+ in naher Zukunft von einem weiteren Landesrechnungshof kritisch unter die Lupe genommen werden könnte. Dieser habe sich bei ihm erkundigt und komme "nicht aus Norddeutschland"-
Mit Blick auf den Vaunet meinte er, der Verband habe einen Vier-Punkte-Plan zur digitalen Migration vorgelegt. Bisher wollte aber niemand mit ihm darüber sprechen. Ansonsten: "Wir lassen uns keinen Verbreitungsweg aufzwingen".
Hamburg soll zweiten Privatradio-Mux bekommen
Thomas Fuchs, Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, sieht in dem Plan des Vaunet kein Gesprächsangebot, sondern eine "Gesprächsausladung", weil dieser nur so vor Polemik und unerfüllbarer Maximalforderungen strotze. Mit Blick auf Hamburg sei es ihm völlig egal, ob Antenne Niedersachsen an DAB+ teilnehmen wolle oder nicht. "In Hamburg haben wir einen völlig ausgebuchten regionalen DAB+-Multiplex". Veranstalter seien auch töricht, wenn sie für 1.500 Euro Verbreitungskosten im Monat auf eine Reichweite von 14 Prozent realer Nutzung verzichten würden. Die Medienanstalt strebe sogar einen zweiten regionalen Mux an, da es weitere Interessenten gebe, die man derzeit nicht berücksichtigen könne.
Helmut G. Bauer, Medienanwalt und früherer Geschäftsführer von Radio NRW, ist traurig über die Diskussion zu DAB+ in Deutschland. Inzwischen hörten mehr als die Hälfte der Bundesbürger Radio auch über digitale Wege. In anderen Ländern sei damit der Einstieg in eine Migration vom analogen UKW-Hörfunk hin zu digitalen Wegen oder zumindest der Einleitung entsprechender Maßnahmen erfolgt. Mit DAB+ sei vor allem eine Stärkung von Marken durch gezielte Ableger möglich. In anderen europäischen Ländern würden Sendergruppen hierfür sogar Network Developer einstellen.
Er widersprach Kai Fischer: DAB+ sei sehr wohl ein digitaler und moderner Verbreitungsweg, da er auch Zusatzinformationen in Text und Bild liefere und zudem künftig interaktiv mit dem Internet verknüpft werden könne.
MA HSH-Direktor Thomas Fuchs betonte schließlich, dass er den Namen des Panels "langweilig" finde, da erneut die gleichen verhärteten Positionen wie vor Jahren ausgetauscht wurden mit Argumenten, die man schon oft gehört habe. Daran werde sich auch in den kommenden Jahren nichts ändern, wenn DAB+ noch erfolgreicher geworden sei.