Entscheidung

Russland will Digitalradio DAB+ nicht einführen

Russland hat sich im Vergleich zu vielen europäischen Ländern gegen die Einführung des digital-terrestrischen Radios DAB+ ausgesprochen. Stattdessen kommt DRM+ zum Zug.
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Statt DAB+: Russland will DRM+ einführen Statt DAB+: Russland will DRM+ einführen
Foto: UniWave
UKW ist (noch) der analoge Hörfunkstandard in der gesamten Welt. Beim digital-terrestrischen Nachfolger gibt es aber schon heute keinen einheitlichen Weg mehr. Selbst Europa ist sich jetzt in der Frage nach dem künftigen digitalen Rundfunkstandard nicht mehr einig.

DRM+ bringt in Russland bessere Reichweiten

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So hat sich Russland im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern gegen DAB+ ausgesprochen. Stattdessen wird hier der digitale Standard DRM+ eingeführt. Das entschied das russische Ministerium für digitale Entwicklung, Kommunikation und Massenmedien am 11. September. Entsprechende Frequenzen würden nun beantragt, heißt es. Neben dem von UKW bekannten Frequenzband von 87,5 bis 108 MHz sollen Frequenzen im OIRT-Band (65,9 bis 74 MHz) in den Einsatz kommen. DRM+ erlaubt eine Parallelverbreitung von analogen und digitalen Hörfunkprogrammen. Auf einer Frequenz sind bis zu drei digitale Programme möglich.

Russland hatte auch Interesse an der Einführung von DAB+, doch hiergegen sprachen mehrere Faktoren. Die Frequenzen im OIRT- und im UKW-Band sind niedriger und erzielen daher eine bessere Reichweite in der Fläche. Die bisherige UKW-Struktur lässt sich zudem besser in der digitalen Technologie abbilden. Außerdem wird das Band III, das in Europa weitgehend exklusiv für DAB+ reserviert ist, in Russland noch vom Fernsehen genutzt.

DAB+ bleibt damit zwar das digital-terrestrische System, das in den meisten Ländern in den Einsatz kommt, aber eben nicht überall. In Nordamerika wird digitaler Hörfunk ebenfalls nicht über DAB+ verbreitet. Hier wird das auf UKW verbreitete HD Radio, das nicht mit DRM+ kompatibel ist, genutzt, während China einen eigenen digitalen Standard (CDR), ebenfalls im UKW-Band, eingeführt hat. In anderen Ländern, beispielsweise in Südafrika, laufen derzeit ebenfalls Diskussionen, welcher digitale Standard zum Zuge kommen soll.

Einen Weltstandard beim digitalen Radio gibt es dennoch: die Verbreitung im Internet. Sorgt nicht Geoblocking für eine Zugangsbeschränkung gewisser Hörfunkangebote, sind IP-basierte digitale Hörfunkübertragungen in der ganzen Welt mit Smartphones, Tablets, WLAN-Radios und anderen Endgeräten zu empfangen.

Vaunet: DAB+ schon lange nicht mehr die alleinige digitale Zukunft

Der gegenüber DAB+ kritisch eingestellte Privatradioverband Vaunet warnte unterdessen nochmals vor einem politisch verordneten Wechsel der Radioübertagung von UKW auf DAB+: "Unsere Hörer empfangen digitales Radio schon lange auch mobil über Apps oder über Webradioangebote, immer häufiger auch mit ihrem Smartphone", sagt der Fachbereichsvorsitzende Radio im Vaunet, Klaus Schunk. "DAB+ ist schon lange nicht mehr die alleinige digitale Zukunft."

Er warnte auch erneut vor einem politisch gesetzten Abschaltdatum für die UKW-Verbreitung: "Das funktioniert schlichtweg nicht. Ein Wechsel von UKW zu DAB+ macht nur Sinn, wenn die analoge Radionutzung tatsächlich auf unter 10 Prozent abgesunken ist", so Schunk. Bis dahin seien die privaten Radios wirtschaftlich auf ihre UKW-Reichweiten angewiesen. "Eine falsche Weichenstellung wird einen dramatischen Einbruch in der Vielfalt der Anbieter und Angebote bedeuten. Die aktuelle Entwicklung in Norwegen nach dem Zwangsumstieg auf DAB+ zeigt, wie ein politisches Hauruckverfahren einen Radiomarkt nachhaltig beschädigen kann. Auch in Deutschland würde sich bei einem solchen Szenario die Versorgung der Bevölkerung mit Informationen aus ihren Regionen nachhaltig verschlechtern", so Schunk, der sich allerdings noch auf Reichweitenzahlen aus Norwegen vom Sommer bezog. Inzwischen sind in dem Nordland die Reichweiten nach den Sommerferien wieder gestiegen und liegen nur knapp hinter dem Niveau vor der UKW-Abschaltung.

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