Digitalradio

Bald zu wenig Frequenzen für DAB+?

Viele Jahre lang hat der Privat­funk DAB+ in Deutsch­land blockiert und tut dies zum Teil auch immer noch. Da die Staats­kanz­leien der Länder Frequenzen nicht abge­rufen haben, werden diese nun zum Teil im Ausland koor­diniert.
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Gibt es bald zu wneig Frequenzen beim Digitalradio? Gibt es bald zu wneig Frequenzen beim Digitalradio?
Quelle: Deutsche Funkturm (DFMG)
Auf dem Blatt sah es zumin­dest im Jahr 2011, als das digital-terres­trische Digi­talradio DAB+ gestartet war, noch gut aus mit Frequenzen in Deutsch­land. Pro Region wären bis zu fünf, in einigen sogar bis zu sieben Bede­ckungen für Ensem­bles möglich gewesen. Doch der Bedarf war über lange Zeit weit geringer als die verfüg­baren Kapa­zitäten: In vielen Bundes­ländern hatten und haben lokale und regio­nale Privat­radios kein Inter­esse am Digi­talfunk, in Nieder­sachsen gibt es sogar poli­tisch den Versuch einen Ausbau von DAB+ zu verhin­dern, um regio­nale Privat­radios vor Konkur­renz zu schützen.

Ausschrei­bungen in Thüringen und NRW verschieben sich

Gibt es bald zu wneig Frequenzen beim Digitalradio? Gibt es bald zu wneig Frequenzen beim Digitalradio?
Quelle: Deutsche Funkturm (DFMG)
In einigen Regionen könnte das gar nicht mehr nötig sein, denn auch so gibt es inzwi­schen mancher­orts Probleme bedarfs­gerechte, freie Frequenzen für DAB+ zu finden. Beispiels­weise verschiebt sich die eigent­lich für den 10. September geplante Ausschrei­bung eines landes­weiten DAB+-Muxes für Privat­radios in Thüringen nach hinten. "Die Thüringer Staats­kanzlei hat auf die Thüringer Bedarfs­anmel­dung bislang keine Rück­infor­mation der Bundes­netz­agentur erhalten", heißt es dazu auf Anfrage des Bran­chen­dienstes "dehn­media" bei der Thürin­gischen Landes­medi­enan­stalt (TLM). Die Ausschrei­bung sei vorbe­reitet, man wolle aber abwarten, bis "wir die Verfüg­barkeit von Frequenz­ressourcen für unseren Versor­gungs­bedarf mitge­teilt bekommen". Aus ähnli­chen Gründen gibt es auch Verzö­gerungen in NRW, wo eben­falls 2019 noch Kapa­zitäten ausge­schrieben werden sollten.

Staats­kanz­leien haben versäumt Kapa­zitäten bei Bundes­netz­agentur abzu­rufen

Bereits auf der IFA erfuhr teltarif.de, dass es vieler­orts nun schwerer werde, Frequenzen in- und auslän­disch zu koor­dinieren. Hinter­grund: Lange Zeit freie Kanäle aus dem Wies­badener Wellen­plan von 1995 und der Fort­schrei­bung im Genfer Wellen­plan von 2006 sind inzwi­schen nicht mehr verfügbar, da sie von den Staats­kanz­leien der Länder nicht bei der Bundes­netz­agentur abge­rufen wurden. In Ländern wie Öster­reich war man schlauer und ließ sich vorsorg­lich Frequenzen sichern, auch wenn diese zunächst gar nicht zum Einsatz kommen.

Nach­barn von Deutsch­land wie Frank­reich, die Nieder­lande oder Belgien haben aktuell einen großen "Frequenz­hunger" nach Kapa­zitäten für DAB+. Da die Kanäle in Deutsch­land nicht genutzt und zum Teil auch nicht vorsorg­lich reser­viert wurden, können sie nun im Ausland zum Einsatz kommen. Teil­weise wurden auch Kapa­zitzäten in Deutsch­land länder­über­grei­fend getauscht. In anderen Regionen sind die koor­dinierten so genannten Allot­ments nicht mehr mit hoher Sende­leis­tung reali­sierbar.

Es ist frei­lich auch ein Versäumnis der Politik. Zu lange hat man abge­wartet, ob und wann der Privat­funk an DAB+ teil­nehmen möchte. Erst jetzt, mit zuneh­menden Hörer­zahlen, taut das Eis etwas und die Staats­kanz­leien fragen bei der Bundes­netz­agentur nach Kapa­zitäten an. Neben Thüringen und NRW sind regio­nale Muxe in Schleswig-Holstein und dem Saar­land geplant. Der saar­ländi­sche Multi­plex kann starten, da Hessen den Kanal 11C zuletzt frei­gegeben hat.

Kanal 13 für DAB+?

Darüber hinaus laufen laut Infor­mationen von teltarif.de Verhand­lungen, um den Kanal 13 zusätz­lich für DAB+ nutzen zu können. Das ist aktuell nicht möglich, da das Militär die Frequenzen für sich bean­sprucht. In anderen Ländern wie Däne­mark ist der Kanal 13 dagegen zusätz­lich nutzbar.

Das para­doxe an der aktu­ellen Situa­tion ist, dass die Gegner von DAB+ nun einen weiteren Grund haben um gegen den Digi­talfunk zu wettern. Indem sie auf einen Frequenz­mangel hinweisen, den sie indi­rekt selbst zu verant­worten haben.

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