Connect Conference: Deutschland bei 5G nur auf Platz 23
Am 21. und 22. Juni 2022 drehte sich bei der Connect Conference in Dresden, einem "Gipfeltreffen der Telekommunikationsbranche", alles um Trends und Kommunikationstechnologien der Zukunft. Die zweitägige Konferenz wurde von der Fachzeitschrift "Connect" ausgerichtet, die allgemein durch ihren in der Branche weithin beachteten Netztest bekannt ist.
Viele hochkarätige Referenten, die eigens nach Dresden aus vielen Ländern angereist waren, boten den etwa 200 Teilnehmern Vorträge und diskutierten über die wichtigsten Themen der Branche – von 5G über Open RAN und Campusnetze bis hin zu Breitbandabdeckung, Glasfaserausbau und Robotik.
Kritik am Netzausbau
In gewohnt launiger Form stellte Bruno Jacobfeuerborn die aktuellen Aktivitäten der DFMG vor
Foto: connect-conference.info
Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer, ließ es sich nicht nehmen, einen eigenen Vortrag zum "Innovationsstandort Sachsen" zu halten und diskutierte auch in einem Panel mit. Dabei machte Kretschmer, der persönlich offenbar das Vodafone-Netz nutzt, diesem Netzbetreiber schwere Vorwürfe. An den ehemaligen Vodafone-Technik-Chef Hartmut Kremling gerichtet, der ebenfalls an der Konferenz teilnahm, sagte Kretschmer: „Sie hätten noch ein, zehn oder zwanzig Jahre dableiben müssen, dann hätten wir jetzt alle weniger Funklöcher." Vodafone sei ein "echt supercooles Unternehmen" gewesen. "Es gab eine Zeit, da wollten die dieses Land versorgen.“ Inzwischen sei Vodafone „so zufrieden mit den Funklöchern, es ist eine einzige Katastrophe“.
Der Schlüssel sind Rahmenverträge, die Zugang zu Standorten verschaffen
Foto: connect-conference.info
Kremling hatte in seiner Zeit bei Vodafone u.a. durchgesetzt, dass der damalige Zukauf Arcor (Festnetz) nicht weiterverkauft, sondern in das Unternehmen integriert wurde. Er stand seinerzeit im ständigen Konflikt mit dem britischen Mutterhaus, die einen massiven Netzausbau als "viel zu teuer" ablehnten. Inzwischen hat Vodafone Deutschland sogar gar keinen eigenen Technik-Chef mehr. Kremling arbeitet nun als geschätzter internationaler Berater zum Thema Mobilfunk, speziell 5G und darüber hinaus.
Jacobfeuerborn: Wichtig sind Rahmenverträge
Bruno Jacobfeuerborn, Chef der Telekom-Funkturm-Tochter DFMG stellte anhand eines Tik-Tok-Videos die Unterschiede zwischen 2G, 3G, 4G und 5G vor. Er bekannte, kein Fan von 6G zu sein und berichtete in launigem englisch über das "Tal der Ahnungslosen" oder die Bedeutung von "ARD" ("außer Rügen und Dresden" - wo man zu DDR-Zeiten kein West-Fernsehen empfangen konnte).
Eine Turmgesellschaft setzt Roboter ein, um Zeit und Geld zu sparen
Foto: connect-conference.info
Alleine in Dresden stehen 170 Senderstandorte ("Sites") der DFMG, 30 weitere Sites sind im Bau. Bundesweit wurden 25 Rahmenverträge über die Bereitstellung und Nutzung von Standorten abgeschlossen,
25 weitere (Letter of Intent = Absichtserklärungen) seien in Verhandlung. Jacobfeuerborn betonte, dass Dresden einer der Pioniere solcher Verträge gewesen sei.
Digitalisierung spart Kosten
Um das Ausbautempo hoch und die Baukosten niedrig halten zu können, werden alle Abläufe digitalisiert und möglichst viele standardisierte Elemente verwendet, vom vorkonfektionierten Kabel (mit Stecker) bis hin zu den Mastelementen. Moderne Dreiecks-Stahlgitter-Masten können innerhalb eines Tages aufgestellt werden.
Es gebe schließlich noch jede Menge Funklöcher zu schließen, um "dropped Calls" (Gesprächs- und Verbindungsabbrüche) in Zukunft zu vermeiden.
DFMG nutzt Roboter
Das Thema Umwelt spielt in der Industrie eine große Rolle
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Bislang wenig bekannt ist, dass sich die DFMG auch mit smarten Robotern beschäftigt. In Zusammenarbeit mit dem britischen Unternehmen blueprism könnten die Roboter einfache Aufgaben übernehmen, da sie "nicht an Covid erkranken" könnten. Sie hätten schon 220.000 Prozesse übernommen und rund 33.000 Stunden Arbeitszeit eingespart.
Generell sollen Prozesse und Abläufe bei der DFMG möglichst digitalisiert werden. Papier soll nicht mehr verwendet werden, stattdessen kommen Tablets zum Einsatz, beispielsweise beim Aufbau von Sendestationen. Das spart 29 Tonnen Holz, 726.000 Liter Wasser, knapp 70 Tonnen Co2 und knapp 5 Tonnen anderen Müll.
Digitale Zwillinge für die Sendemastplanung
Christoph Heuer von Vantage Towers
Foto: connect-conference.info
Von allen Sendetürmen werden digitale Zwillinge (Twins) angelegt. Etwaige Umbauten oder Änderungen können somit zunächst am digitalen Zwilling ausprobiert werden, bevor sie in der Realität aufgebaut werden. Drohnen umfliegen den Sendeturm, schießen unendlich viele Bilder und bilden somit den Zwilling nach.
Wenn eine Sende-Station irgendwo tief im Wald aufgebaut werden soll, wären Stromleitungen sehr teuer zu verlegen. Deswegen versucht man jetzt mit Wind- und Sonnenenergie, diese Stationen zu versorgen.
Vantage Towers: Turmgesellschaften bieten Vorteile
Turmgesellschaften wie Vantage stellen nicht nur Türme, sondern versorgen auch Gebäude indoor und outdoor
Foto: connect-conference.info / Vantage Towers
Die mit der DFMG konkurrierende Turmgesellschaft Vantage Towers, eine Ausgründung von Vodafone stellte Christoph Heuer (Chef der Regulierungs- und Rechtsabteilung bei Vantage) vor. Er betonte die wichtige Rolle von Turmgesellschaften ("TowerCos") im europäischen Markt. Sein Unternehmen bietet beispielsweise Indoor-Lösungen etwa für Stadien oder große Bürogebäude an.
Gemeinsame Standorte hätten Vorteile für alle Anbieter, Turmgesellschaften sehen sich als "neutrale" Anbieter. Wie seine Kollegen bemängelte er die "ewigen" Genehmigungszeiten in Deutschland. In Portugal beispielsweise sei ein Turmbaugenehmigung in 30 Tagen zu bekommen.
5G-Versorgung: Schweiz Platz 1, Deutschland Platz 23
Umlaut (vormals P3) misst weltweit Mobilfunknetze, hier 5G
Foto: connect-conference.info / Umlaut
Hakan Ekmen von Umlaut (früher P3) beleuchtete die weltweite Bedeutung von 5G. Mehr als 85 Länder nutzen bereits 5G, mit 220 Millionen aktiven Nutzern. Das beste 5G-Netz in Punkto Abdeckung habe die Schweiz, Deutschland findet sich auf Platz 23 wieder, schlechter seien u.a. China, UK, Frankreich und Schweden, gemessen an der Flächenabdeckung.
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