Breitbandgipfel

Diskussion: Kabelanbieter wollen Marktstellung weiter auskosten

Anga-Cable-Runde zu Glasfaser, LTE, Breitband und Weiße Flecken
Von der Anga Cable in Köln berichtet Thorsten Neuhetzki

Diskussionsrunde: Kabelanbieter wollen Marktstellung weiter auskosten Diskussionsrunde: Kabelanbieter wollen Marktstellung weiter auskosten
Bild: teltarif.de
Mit Recht hat die Anga Cable die Diskussionsrunde als "Breitbandgipfel" bezeichnet. Man hätte es auch als Elefantenrunde bezeichnen können. Auf dem Podium im Kölner Messe-Kongress-Bereich gaben sich in dieser Woche in einer 90-minütigen-Diskussionsrunde hochrangige Personen die Ehre, die sich allesamt ein Ziel gesteckt haben: mehr Bandbreite für Deutschland. Nur über den Weg und andere Details haben sie unterschiedliche Ansichten. Getroffen haben sich unter der kurzweiligen Diskussionsleitung von Publizist Werner Lauff unter anderem Dr. Iris Henseler-Unger, Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Dietmar Schickel (COO Tele Columbus), Lutz Schüler (Unitymedia-Chef), Christian P. Illek (Telekom-Marketing-Chef) und Theo Weinrich (Geschäftsführer wilhelm.tel).

Diskussionsrunde: Kabelanbieter wollen Marktstellung weiter auskosten Diskussionsrunde: Kabelanbieter wollen Marktstellung weiter auskosten
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"Unsere Strategie ist es, der Telekom Marktanteile abzugreifen", eröffnet Unitymedia-Chef Schüler dem Publikum ganz offen, als es in der Diskussionsrunde um einen "drohenden" Bitstrom-Zugang für andere auf die Kabelnetze geht. "Wenn wir der Telekom jetzt Zugang zu unserem Netz geben, dann geht diese Strategie nicht mehr auf", so Schüler ungewohnt deutlich. Mit dem verwendeten DOCSIS 3.0 sei es schon heute möglich, 500 MBit/s im Downstream beim Endkunden anzubieten. Mit Blick auf die Telekom und die VDSL-Raten von 50 MBit/s dürfte es wenig verwunderlich sein, dass die Telekom versucht, diese Datenraten mit geringen Investitionskosten anbieten zu können. "Wenn wir das jetzt zulassen, machen wir uns aber unser Alleinstellungsmerkmal kaputt." Später einmal könne die Lage aber anders aussehen. "Ich würde mir wünschen, dass Bitstrom freiwillig angeboten wird", sagte BNetzA-Vizepräsidentin Henseler-Unger, die an anderer Stelle vor einigen Monaten der Kabel-Branche schon mit Zuckerbrot und Peitsche gedroht hat.

Unitymedia sieht sich auf dem Weg zum FTTB-Anbieter

Die kleineren Netzbetreiber sehen das pragmatischer. wilhelm.tel hat im Norden Deutschlands schon vor Jahren begonnen, ein eigenes hochbitratiges Netz aufzubauen und gewährt anderen Anbietern hier Zugriff. Fairerweise sei gesagt: Es ist ein Glasfasernetz, kein klassisches Kabelnetz. Doch dazu sagte Schüler, dass er die Differenzierung zwischen Glasfaser und Kabel ohnehin nicht verstehe, schließlich seien auch die Netze von Unitymedia & Co. zu weiteren Teilen glasfaserbasiert. Je nach Bedarf werde das Glasfaser immer näher zum Kunden gelegt und es gebe durchaus Gebäude, die direkt mit Glasfaser erschlossen seien, das Signal dann aber über Koaxialkabel in die Wohnungen komme.

Tele-Columbus-COO Dietmar Schickel meinte mit Blick auf die Worte von Henseler-Unger auf der Anga Cable und in den vergangen Monaten, dass ihm angesichts der Andeutungen wohl ohnehin bald nichts mehr anderes übrigbleibe, als einen Bitstrom-Zugang anzubieten. "Wir müssen uns da wohl was einfallen lassen." Allerdings wurde sein Unternehmen unlängst von Kabel Deutschland übernommen - auch wenn der Vorgang noch beim Kartellamt anmeldet und genehmigt werden muss. Kabel Deutschland hatte sich zuletzt ebenfalls gegen eine Öffnung ausgesprochen.

BNetzA-Vize: "Ich treffe auf Leute aus dem einen Prozent "Weiße Flecken"

Ein anderes Thema auf dem Breitbandgipfel war der eigentliche Ausbau der Netze, die Weißen Flecken und der Bedarf der Kunden in einigen Jahren. Ein Prozent soll es noch sein, das keinen Breitbandanschluss bekommt. "Aber irgendwie treffe ich auch immer diejenigen, die diesem einem Prozent angehören zu scheinen", gibt Henseler-Unger zu. Doch sie schränkt ein: "Viele wissen vermutlich auch gar nicht, dass es inzwischen bei ihnen schon LTE gibt, etwas weil es noch nicht aktiv vermarktet wird". Zur Sprache kam aber auch, dass viele Kunden sich nicht mit LTE abfinden wollen und lieber einen "echten" Internetanschluss per Leitung wünschen. "Auf Glasfaseranschlüsse werden Sie aber auf dem Land von wenigen Einzelfällen abgesehen noch sehr sehr lange warten müssen."

Telekom-Marketing-Chef Illek begrüßte den Technologie-Mix, den auch sein Unternehmen anbietet. Eine Mischung aus diversen Breitbandtechnolgien ergebe die entsprechende Schließung der Weißen Flecken. Gleichzeitig diene der Mix auch dazu, in den Ballungszentren hohe Datenraten anzubieten. Er trat damit der Kritik entgegen, dass in Metropolen mit LTE eine weiteres breitbandiges Netz aufgebaut werde. Illek sprach von einem Lasttest in einer LTE-Stadtzelle. Hier habe man 150 YouTube-Videos parallel abgerufen und keine Probleme gehabt. "LTE kann schon was", sagte er.

Zwei weitere Bundesländer erfüllen in Kürze LTE-Auflagen

Unterstützung bekam er von ungewohnter Seite: Die BNetzA-Vizepräsidentin pflichtete ihm bei, dass viele ihre Smartphones beispielsweise ja auch zu Hause nutzten, hohe mobile Bandbreiten also immer wichtiger würden und man sich nicht an der These "Zuhause per Leitung, unterwegs per Funk" festhalten solle. Apps im Mobilfunk seien viel attraktiver als TV über Glasfaser und die Anbieter müssten sich überlegen, ihre Netze attraktiver zu machen. Zum Flächenausbau der 800-MHz-Netze lies sie durchblicken, dass schon sehr zeitnah zwei weitere Bundesländer die Anforderungen an den Netzausbau erfolgreich abgeschlossen hätten. Die Frequenzen dürfen dann auch in Städten genutzt werden.

Moderator Lauff forderte die Experten auf, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Welche Datenraten sind in zwei Jahren üblich und zu welchem Preis. Die Meinungen waren unterschiedlich. Während Illek keine weiter sinkenden Preise im Festnetz sieht, aber wachsende Bandbreiten prognostizierte, erwartet Schickel mehr Bandbreite für weniger Geld. Lutz Schüler hingegen sieht bei den Kunden für hohe Datenraten auch eine hohe Zahlungsbereitschaft. Diese gelte es abzuschöpfen und das Geld wieder in die Netze zu investieren. Schüler geht von Datenraten von 200 bis 250 MBit/s bei 10 Euro im Monat mehr als heute aus.

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