Kritik an Breitbandförderung - NRW testet Gigabit-Gutscheine
Inexio-Geschäftsführer David Zimmer wünscht sich mehr Mut seitens der Politik, um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen
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Auch nach mehreren Jahren und weitreichenden Anpassungen der Förderung im Breitbandausbau reißt die Kritik nicht ab. Die enormen Summen, die bislang in den Ausbau geflossen sind und von der Bundesregierung noch in Aussicht gestellt werden, veranlassen Netzbetreiber darauf zu pochen, dass die Förderung die Ausnahme darstellen sollte. „Sie muss nachrangig sein und darf den privatwirtschaftlichen Ausbau nicht behindern“, mahnte Andrea Huber in der Diskussionsrunde „Von Megabit zu Gigabit: Welche Breitbandförderung braucht das Land?“ auf der Fachmesse Anga Com in Köln. Die Geschäftsführerin des Kabelnetzbetreiberverbands Anga warnte zudem vor einem Überbau bestehender durch geförderte Netze.
Inexio-Geschäftsführer David Zimmer wünscht sich mehr Mut seitens der Politik, um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen
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Einig waren sich die Diskutanten auch darin, dass es im Markt genug Geld gäbe, um den Ausbau privatwirtschaftlich zu stemmen. „Der Breitbandausbau lässt sich nicht übers Geld beschleunigen“, brachte es etwa David Zimmer, Managing Director bei Inexio, auf den Punkt. Sein Lösungsvorschlag: Vereinheitlichung und Reduzierung der Genehmigungsverfahren. „Es gibt aber immer noch die Regionen, in denen sich der privatwirtschaftliche Ausbau nicht lohnt“, hielt ihm Florian Braun entgegen. Braun ist in der CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen für Digitalisierung und Innovation zuständig. Auch er weiß um den bürokratischen Aufwand, den ein Förderantrag mit sich bringt. „Wir wollen in Zukunft eine Doppelprüfung durch Bund und Land vermeiden“, erklärte Braun auf der Anga Com.
NRW prüft Voucher
Darüber hinaus prüft die CDU/FDP-Regierung in Nordrhein-Westfalen den Einsatz sogenannter Voucher, also Gutscheine für Privathaushalte oder Unternehmen, die sie für einen Glasfaseranschluss einsetzen können. NRW stellt für einen Test solcher Voucher eine Million Euro zur Verfügung. „Derzeit werden die Rahmenbedingungen festgelegt, was alles andere als einfach ist“, erklärte Unionspolitiker Braun in Köln. So müsse das EU-Beihilferecht beachtet werden, das staatliche Eingriffe in Märkte reglementiert.
Tobias Braun und die CDU-Landtagsfraktion in NRW testen den Einsatz von Vouchern
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Derartige Gigabit-Voucher werden aus der Telekommunikationsbranche schon seit längerem gefordert. Trotz solcher neuen Förderoptionen konzentriert sich die Kritik auf die öffentliche Hand, vor allem auf die langwierigen Genehmigungsverfahren. „Wenn Sie für Ihren Ausbau das Eisenbahnbundesamt oder die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung dabei haben, kann es schon mal passieren, dass sich zwei Jahre lang nichts tut“, ist Zimmer die Verärgerung deutlich anzumerken. „Es fehlt in der Politik am Mut, hier etwas zu ändern.“
Stephan Drescher fehlt es zudem an Ehrlichkeit. „Keiner kann mir mit einfachen mathematischen Mitteln erklären, wie wir bis 2025 den flächendeckenden Glasfaserausbau hinbekommen sollen“, sagte der Geschäftsführer von envia TEL auf der Anga Com. Mehr Ehrlichkeit würde seiner Meinung nach zu besseren Rahmenbedingungen für den Breitbandausbau führen. Alle Diskutanten waren sich jedoch darin einig, dass es einer konzertierten Aktion der gesamten Branche bedarf, um das Ziel der Flächendeckung zu erreichen – wann auch immer das sein mag.