BNetzA: Telekom muss Entgelte für letzte Meile senken
Ein Multifunktionsgehäuse der Telekom in Berlin
Bild: teltarif.de / Daniel Molenda
Noch immer ist die Deutsche Telekom einer der beherrschenden Breitband-Anbieter in Deutschland, insbesondere bei DSL- und VDSL-Anschlüssen. Sie unterliegt in diesem Bereich darum weiterhin der Regulierung, insbesondere was die Weitervermietung der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) an konkurrierende Provider angeht.
Zuletzt waren die Gebühren für diese Weitervermietung angehoben worden, unter anderem weil die Telekom gerne gestiegene Kosten geltend machte. Zu Beginn dieses Jahres tobte bereits die Diskussion um erneute Preissteigerungen, nun hat die BNetzA die beinahe finale Entscheidung vorgelegt.
Details: Die Entgelte sinken
Ein Multifunktionsgehäuse der Telekom in Berlin
Bild: teltarif.de / Daniel Molenda
In dieser Preisrunde scheint die BNetzA mehr auf die Wettbewerber als auf die Telekom gehört zu haben. Eine weitere Neuerung ist, dass der Zeitraum der Gültigkeit dieser Entgelte deutlich länger ist als bisher. Die Entgelte wurden nämlich erstmals mit einer Laufzeit von zehn Jahren genehmigt.
Zum 1. Juli 2022 sollen laut der Behörde die in den letzten Entscheidungsperioden gestiegenen Entgelte für die TAL am Hauptverteiler (HVt-TAL) von 11,19 Euro auf 10,65 Euro sinken. Der Hauptverteiler ist der zentrale Punkt im Netz der Telekom, ab dem die einzelnen Kupferleitungen zu den Endkunden führen. Die Preise für die in Zukunft wohl stärker nachgefragte TAL am Kabelverzweiger (KVz-TAL), d.h. die grauen Verteilerkästen am Straßenrand, sollen von 7,05 Euro auf 6,92 Euro zurückgehen.
Ursprünglich hatte die Telekom in diesem Verfahren im Januar Entgelte in Höhe von 12,15 Euro (HVt-TAL) beziehungsweise 8,25 Euro für die KVz-TAL für einen kürzeren Zeitraum beantragt, den Antrag dann aber Ende März auf die jetzt genehmigten Entgelte geändert.
Das Ziel der Bundesnetzagentur bei dieser Entscheidung war es nach eigenen Angaben, "die Digitalisierung zu unterstützen und den Zugang und die Nutzung von Glasfasernetzen zu fördern". Der TAL komme bei der Migration von Kupfernetzen auf Glasfasernetze "große Bedeutung zu". Auf dem Weg hin zu hochbitratigen Netzen habe die TAL für Netzbetreiber, Anbieter und Investoren die Funktion eines "Ankerprodukts".
Nach der Senkung wieder Erhöhung
Die Behörde beabsichtigt, die Entgelte erstmals nicht mit einer Laufzeit von drei, sondern von zehn Jahren zu genehmigen. Nach fünf Jahren ist allerdings ein Anstieg der Preise um 4 Prozent vorgesehen. Dieses Vorgehen soll "grundlegenden Anliegen der Telekommunikationsbrache" Rechnung tragen, die in diesem Punkt "sehr geschlossen auftritt". Die langfristige Festlegung der Entgelte soll den Ausbau von Glasfasernetzen und den Wechsel auf diese Netze erleichtern.
Der Entscheidungsentwurf ist ab sofort unter bundesnetzagentur.de/tal2022 zur Konsultation veröffentlicht. Für interessierte Parteien besteht Gelegenheit, bis zum 13. Mai schriftlich Stellung zu den Entgeltvorschlägen zu nehmen.
Der Entscheidungsentwurf wird wie üblich auch der EU-Kommission, dem Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und den nationalen Regulierungsbehörden der anderen EU-Mitgliedstaaten übermittelt, die innerhalb eines Monats Stellungnahmen abgeben können. Sofern die EU-Kommission keine ernsthaften Bedenken gegen die Entscheidung äußert, kann sie ab dem 1. Juli endgültig in Kraft treten.
Die Reaktionen der Telekom-Mitbewerber
Der Bundesverband Breitbandkommunikation BREKO e.V. befürwortet die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die Entgelte für den Zugang zur TAL für die nächsten 10 Jahre festzulegen. Das schaffe "langfristig Rechtssicherheit für die Nachfrager dieser zentralen kupferbasierten Vorleistung der Telekom".
Wichtig sei laut BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers aber jetzt, dass die Behörde auch "zügig den nächsten Schritt macht und langfristige Planungssicherheit für die Glasfaser ausbauenden Unternehmen" schaffe, die für einen beschleunigten Ausbau der Glasfasernetze zwingend notwendig sei. Dazu müsse sie gemeinsam mit der Branche in einem transparenten Verfahren ein Konzept erarbeiten, dass "die wesentlichen der Fragen der Migration von kupferbasierten Netzen auf Glasfasernetze, wie die verfügbaren Vorleistungen, die Migrationsprozesse und -zeiträume und die Verteilung der Migrationskosten" regele.
So würden das derzeit schon Regulierungsbehörden in anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Großbritannien machen, deren Vorgehensweisen "Deutschland als Beispiel dienen sollten."
VATM nicht ganz zufrieden
Nicht so ganz zufrieden zeigt sich der Branchenverband VATM, der erfolglos eine Absenkung auf das Entgeltniveau aus dem Jahr 2016 gefordert hatte (10,02 Euro).
Auch der VATM lobt zwar die längere Planungssicherheit, auch mit der neuen Entscheidung müsse allerdings zur Kenntnis genommen werden, "dass der Telekom in den nächsten Jahren eine erhebliche Überrendite aus der Vermarktung ihres Kupfernetzes zufällt". VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner kritisiert, das daraus resultierende Quersubventionierungspotenzial ergebe sowohl für die etablierten Nachfrager als auch die vielen neuen Infrastrukturinvestoren "ein erhebliches Wettbewerbshindernis“.
"Nicht umsonst" verweise die Telekom aktuell darauf, dass deren Marktanteil bei den Neukunden wiederholt bei deutlich über 50 Prozent liege und sie laufend Marktanteile von den Wettbewerbern zurückhole. Hieraus folge, dass der Regulierer "wachsam bleiben und die richtigen Instrumente in der Hand halten" müsse, um "Verwerfungen im Markt" vorzubeugen oder diese "effektiv beseitigen zu können". Auch die immer häufiger zu vermeldende Einigungen und Verträge zwischen den Beteiligten könnten "keinesfalls eine effektive und wettbewerbssichernde Regulierung ersetzen".
Laut Statistischem Bundesamt wird der Zugang zum Internet immer günstiger. Auf der anderen Seite steigen die Bandbreiten, denn die Netzbetreiber drücken auch im Frühjahr 2022 beim Glasfaserausbau aufs Tempo.