Gedeckelt

Argentinien friert Preise für Handy- und Festnetz-Tarife ein

Einige finden, dass Fest­netz und Mobil­funk Daseins­vor­sorge sind und deswegen die Preise staat­lich gede­ckelt oder kontrol­liert gehören. Argen­ti­nien macht das.
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Das Land Argentinien steckt in einer Dauerkrise: Demonstranten protestieren vor dem Parlament gegen eine Justizreform. Telekommunikationspreise werden eingefroren. Das Land Argentinien steckt in einer Dauerkrise: Demonstranten protestieren vor dem Parlament gegen eine Justizreform. Telekommunikationspreise werden eingefroren.
Foto: Alejandro Santa Cruz/telam/dpa
Viele Nutzer sind der Ansicht, dass der Zugang zum Internet, sei es orts­fest daheim oder über Mobil­funk, zur Daseins­ver­sorge wie Strom, Wasser und Abwasser gehören sollte. Preis­lich sollte dieser Zugang gerade so die Bau- und Betriebs­kosten decken, alles andere wird schon als „unmo­ra­lisch“ ange­sehen.

Grund­recht auf Netz­zu­gang

Das Land Argentinien steckt in einer Dauerkrise: Demonstranten protestieren vor dem Parlament gegen eine Justizreform. Telekommunikationspreise werden eingefroren. Das Land Argentinien steckt in einer Dauerkrise: Demonstranten protestieren vor dem Parlament gegen eine Justizreform. Telekommunikationspreise werden eingefroren.
Foto: Alejandro Santa Cruz/telam/dpa
Das krisen­ge­schüt­telte Land Argen­ti­nien (in Südame­rika) macht jetzt Netz­zu­gang zum Grund­recht und friert Tarife für Mobil­funk und Internet ein. Das berichtet die Seite netzpolitik.org.

Um den Zugang zur Tele­kom­mu­ni­ka­tion für die Bevöl­ke­rung auch während der aktu­ellen Corona-Krise weiter zu sichern, hat Alberto Fernández, Präsi­dent von Argen­ti­nien, bekannt gegeben, dass sein Land die Tarife für Mobil­funk, Internet und Kabel­fern­sehen für den Rest des Jahres einfrieren wird.

Kommu­ni­ka­ti­ons­dienste werden künftig als essen­zi­elle öffent­liche Dienst­leis­tungen einge­stuft, teilte der Präsi­dent über Twitter mit.

Infor­ma­ti­ons­zu­gang für alle

Damit lasse sich der Infor­ma­ti­ons­zu­gang für alle garan­tieren und es dürfe künftig auch keine Preis­er­hö­hungen ohne staat­liche Zustim­mung geben. „Bildung, Zugang zu Wissen, Kultur und Kommu­ni­ka­tion sind Grund­rechte, die wir bewahren müssen.“

Per Regie­rungs­de­kret“ wurde ange­ordnet, dass es von nun an Pläne für eine grund­le­gende, univer­selle und obli­ga­to­ri­sche Versor­gung für den ärmsten Teil der Bevöl­ke­rung geben muss. Das Dekret Nummer 690/2020 nimmt eine Rege­lung des Vorgän­gers Macri zurück. Es bedeute aber keine Verstaat­li­chung der TK-Anbieter, betont die argen­ti­ni­sche Regie­rung.

Hyper­in­fla­tion: Preise verdrei­facht

Wie netzpolitik.org weiter berichtet, hätten sich in Argen­ti­nien die Preise für Kommu­ni­ka­ti­ons­dienste seit Dezember 2016 um 268 Prozent erhöht, was deut­lich über der Infla­tion liege.

Aufgrund der Corona-Pandemie hat Argen­ti­nien seit Mitte März eine der strengsten und längsten Ausgangs­sperren der Welt verhängt. Weil das Land auch sonst unter einer hohen Infla­tion leidet und etwa 40 Prozent der Bevöl­ke­rung in Armut leben, hat die Regie­rung die Preise von Lebens­mit­teln und Gütern wie Benzin, Gas und Elek­tri­zität auf dem Stand von März bis Jahres­ende einge­froren. Der Schritt soll verhin­dern, dass die Wirt­schafts­krise zu noch größeren sozialen Problemen führt.

Preis­er­hö­hungen auch bei uns verbieten?

Mit Preis­er­hö­hungen im TK-Sektor muss man in Deutsch­land derzeit nicht rechnen. Dennoch würden staat­lich kontrol­lierte Preise sicher vielen gefallen. Die Frage ist dabei schnell, ob die geneh­migten Preise noch eine Wartung des bestehenden Netzes und den Austausch gegen neue moder­nere Kompo­nenten erlaubt. In vielen Ländern, wo Preise staat­lich fest­ge­schraubt sind, werden die Netze nur recht oder schlecht gewartet oder auf Verschleiß betrieben. Wenn dann irgend­wann später doch einmal die Netze moder­ni­siert werden dürfen, kommen auf die Nutzer über­ra­schend hohe Kosten zu, die schnell den Etat des einzelnen Nutzers sprengen und für Protest sorgen.

Argen­ti­nien ist ein Problem­fall

Im Augen­blick ist diese Maßnahme für Argen­ti­nien sicher gerecht­fer­tigt. Hoffen wir, dass es dem Land gelingt die Krise zu über­winden und die Wirt­schaft danach so auzu­ba­lan­cieren, dass die Unter­nehmen rentabel arbeiten können, die Preise aber für die Mehr­heit der Nutzer erschwing­lich bleiben.

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