Interview

ARD Plus: "Unsere Zielgruppe sind ältere Streamer und Familien"

ARD Plus will vor allem mit seinem großen Archiv an lokalen Publi­kums­lieb­lingen aus den vergan­genen Jahr­zehnten punkten und sich als Angebot für ältere Zuschauer und Fami­lien posi­tio­nieren. Trotz großer Ambi­tionen wird das Angebot aber keine Konkur­renz zu Netflix.
Von Björn König

Mit "ARD Plus" star­tete ein neues Strea­ming-Angebot, welches vor allem mit seinem umfang­rei­chen Archiv aus ARD-Klas­sikern der vergan­genen Jahr­zehnte punkten will. Über die konkreten Pläne, den Rund­funk­bei­trag und das Verhältnis zu US-Strea­mern spre­chen wir mit den Geschäfts­füh­rern Ingo Vandré und Michael Loeb.

teltarif.de: Herr Vandré, wie unter­scheidet sich die ARD Media­thek von ARD Plus?
Ingo Vandré: In der vom Rund­funk­bei­trag finan­zierten ARD-Media­thek werden weiterhin alle verfüg­baren Inhalte kosten­frei ange­boten. Bei ARD Plus hingegen handelt es sich um ein zusätz­liches, frei­wil­liges Angebot, beziehbar über ein Abo-Modell. ARD Plus fängt dort an, wo die ARD Inhalte und auch große Programm­schätze nicht mehr in der Media­thek anbieten kann. So enthält ARD Plus eine große Auswahl der belieb­testen TV-Filme, Krimis, Serien, Doku­men­tationen, Shows und Comedy-Formate der ARD. Dazu zählen unter anderem das größte Tatort-Archiv, die popu­lärsten deut­schen Kinder­serien und -filme sowie Kult-Klas­siker aus 70 Jahren Fern­seh­geschichte. Michael Loeb (WDR Mediagroup, l.) und Ingo Vandré (ARD Plus) Michael Loeb (WDR Mediagroup, l.) und Ingo Vandré (ARD Plus)
Foto: ARD

teltarif.de: Welche Ziel­gruppe wollen Sie mit Ihrem Angebot lang­fristig errei­chen?
Michael Loeb: Unsere erste Ziel­gruppe sind die älteren Streamer. Das sind in Deutsch­land 21 Millionen Menschen über 50 Jahren und noch mal gut 20 Millionen über 65. Von dieser Ziel­gruppe nutzt bislang nur ein kleiner Prozent­anteil Strea­ming-Ange­bote. Das ist ein riesiges Poten­zial. Unsere zweite Ziel­gruppe sind Fami­lien mit Kindern und natür­lich richtet sich das Angebot an Lieb­haber von ARD Inhalten in allen Alters­gruppen.

teltarif.de: Der Rund­funk­bei­trag - insbe­son­dere in seiner Höhe und Verwen­dung - gilt als gesell­schaft­lich umstritten. Viele Beitrags­zahler fragen sich, warum sie zusätz­lich für ein Strea­ming-Angebot der öffent­lich-recht­lichen ARD zahlen sollen. Wie reagieren Sie auf diese Kritik?
Michael Loeb: Mit dem Rund­funk­bei­trag werden Fernseh-, Hörfunk und Online-Programme der Sender finan­ziert, bei ARD Plus hingegen handelt es sich um ein zusätz­liches, frei­wil­liges, kommer­zielles Angebot. Es fängt dort an, wo die ARD Inhalte nicht länger anbieten kann, da sie in der ARD-Media­thek nur befristet ange­boten werden dürfen. Unser Wunsch ist es, ARD-Formate inter­essierten Nutzern auch darüber hinaus und unter der Marke ARD zu präsen­tieren. Das ist nicht mehr Teil des öffent­lich-recht­lichen Auftrags und daher nicht gebüh­ren­finan­ziert. Das Geld muss erwirt­schaftet werden, daher auch die Finan­zie­rung über das Abo-Modell. Im Grunde läuft es ähnlich wie beim Verkauf einer DVD: Mit dem Angebot ARD Plus entstehen wiederum Kosten, Rechte sind zu erwerben, Produ­zenten und Urheber sind für zusätz­liche Nutzungen zu vergüten.

teltarif.de: Wie entwi­ckelt sich das Angebot mit Blick auf die Abon­nen­ten­zahlen?
Ingo Vandré: Zu gege­bener Zeit werden wir Wasser­stands­mel­dungen heraus­geben. Noch ist es zu früh, wir sind gerade erst gestartet.

teltarif.de: Im Hinblick auf non-fiktio­nale ARD-Inhalte finden sich diese auch auf anderen Strea­ming-Platt­formen, wie beispiels­weise Pluto TV. Werden diese Inhalte dort verbleiben oder künftig auch bei ARD Plus zu sehen sein?
Ingo Vandré: Die Lizenz­geber von ARD Plus werden Inhalte weiterhin auch auf anderen Strea­ming-Platt­formen verbreiten. Im Gegen­satz zu Dritt­platt­formen reprä­sen­tiert ARD Plus das größt­mög­liche Angebot mit einer ziel­grup­pen­gerechten Kura­tie­rung der Inhalte.

teltarif.de: Bleibt es bei eigenen Inhalten oder werden für ARD Plus auch Lizenz­pro­duk­tionen verfügbar sein?
Ingo Vandré: Ein Groß­teil der Inhalte von ARD Plus werden bereits als Lizenz­inhalte bei einer Viel­zahl von Rech­teinha­bern lizen­ziert. Der Ausbau mit Inhalten, die nicht im linearen Angebot in der ARD gelaufen sind, ist eine Option, die nicht unwahr­schein­lich ist.

teltarif.de: Im Zuge von Spar­maß­nahmen wurde über eine Zusam­men­legung der Media­theken von ARD und ZDF disku­tiert. Hätte dies auch Auswir­kungen auf ARD Plus?
Michael Loeb: Das Thema wird aktuell noch disku­tiert und ist daher noch Zukunfts­musik. Zudem sind wir ein sepa­rates, kommer­zielles Angebot, unab­hängig von den Media­theken.

teltarif.de: Exis­tieren derzeit inhalt­liche Über­schnei­dungen zwischen ARD Plus und der ARD Media­thek?
Michael Loeb: Grund­sätz­lich hat das Angebot von ARD Plus keinen Einfluss auf das Angebot der ARD-Media­thek, wo weiterhin alle verfüg­baren Inhalte kosten­frei ange­boten werden. ARD Plus fängt dort an, wo die ARD Inhalte nicht mehr anbieten kann, weil sie nach den rund­funk­recht­lichen Vorgaben nur zeit­lich befristet ange­boten werden dürfen oder weil Rechte für die Media­theken nur zeit­lich befristet erworben werden konnten. Im Ideal­fall finden die Nutzer ausge­wählte Inhalte auf ARD Plus, sobald sie in der ARD-Media­thek nicht mehr auffindbar sind. Verein­zelte inhalt­liche Über­schnei­dungen können wir dabei nicht ausschließen.

teltarif.de: Mit welchem Budget planen Sie für Origi­nals bzw. Eigen­pro­duk­tionen?
Ingo Vandré: Hierzu können wir derzeit leider keine konkreten Angaben machen.

teltarif.de: Sehen Sie ARD Plus in Konkur­renz zu den globalen Strea­ming-Diensten?
Michael Loeb: Wir sind zwar ein neuer, lokaler Player am Markt, aber uns als Konkur­renz zu den globalen Strea­ming-Diensten zu sehen, ist sicher­lich etwas über­ambi­tio­niert. Wir verstehen uns eher als attrak­tives Zusatz­angebot. Verfügbar ist ARD Plus bereits als eigen­stän­diges Strea­ming-Angebot, aber auch erreichbar u.a. über Amazon Prime, Apple TV und MagentaTV. Momentan ist das Angebot zwar wie gesagt noch über­schaubar, wird aber tech­nisch wie inhalt­lich sukzes­sive erwei­tert.

Zur Person: Ingo Vandré und Michael Loeb
Ingo Vandré ist Geschäfts­führer der ARD Plus GmbH und Leiter Sales & Direct Publi­shing bei der WDR media­group. Michael Loeb ist Geschäfts­führer der ARD Plus GmbH und der WDR media­group GmbH. Von 1985 bis 1991 hat er Rechts­wis­sen­schaften an den Univer­sitäten Mann­heim und München studiert. Von 1991 bis 1994 war er als Rechts­refe­rendar in Bonn und von 1994 bis 1999 als Voll­jurist im Justi­tia­riat des West­deut­schen Rund­funks (WDR) tätig, bevor er in die Geschäfts­lei­tung der WDR media­group wech­selte.

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