ARD Plus: "Unsere Zielgruppe sind ältere Streamer und Familien"
Mit "ARD Plus" startete ein neues Streaming-Angebot, welches vor allem mit seinem umfangreichen Archiv aus ARD-Klassikern der vergangenen Jahrzehnte punkten will. Über die konkreten Pläne, den Rundfunkbeitrag und das Verhältnis zu US-Streamern sprechen wir mit den Geschäftsführern Ingo Vandré und Michael Loeb.
teltarif.de: Herr Vandré, wie unterscheidet sich die ARD Mediathek von ARD Plus?
Ingo Vandré: In der vom Rundfunkbeitrag finanzierten ARD-Mediathek werden weiterhin alle verfügbaren Inhalte kostenfrei angeboten. Bei ARD Plus hingegen handelt es sich um ein zusätzliches, freiwilliges Angebot, beziehbar über ein Abo-Modell. ARD Plus fängt dort an, wo die ARD Inhalte und auch große Programmschätze nicht mehr in der Mediathek anbieten kann. So enthält ARD Plus eine große Auswahl der beliebtesten TV-Filme, Krimis, Serien, Dokumentationen, Shows und Comedy-Formate der ARD. Dazu zählen unter anderem das größte Tatort-Archiv, die populärsten deutschen Kinderserien und -filme sowie Kult-Klassiker aus 70 Jahren Fernsehgeschichte.
Michael Loeb (WDR Mediagroup, l.) und Ingo Vandré (ARD Plus)
Foto: ARD
teltarif.de: Welche Zielgruppe wollen Sie mit Ihrem Angebot langfristig erreichen?
Michael Loeb: Unsere erste Zielgruppe sind die älteren Streamer. Das sind in Deutschland 21 Millionen Menschen über 50 Jahren und noch mal gut 20 Millionen über 65. Von dieser Zielgruppe nutzt bislang nur ein kleiner Prozentanteil Streaming-Angebote. Das ist ein riesiges Potenzial.
Unsere zweite Zielgruppe sind Familien mit Kindern und natürlich richtet sich das Angebot an Liebhaber von ARD Inhalten in allen Altersgruppen.
teltarif.de: Der Rundfunkbeitrag - insbesondere in seiner Höhe und Verwendung - gilt als gesellschaftlich umstritten. Viele Beitragszahler fragen sich, warum sie zusätzlich für ein Streaming-Angebot der öffentlich-rechtlichen ARD zahlen sollen. Wie reagieren Sie auf diese Kritik?
Michael Loeb: Mit dem Rundfunkbeitrag werden Fernseh-, Hörfunk und Online-Programme der Sender finanziert, bei ARD Plus hingegen handelt es sich um ein zusätzliches, freiwilliges, kommerzielles Angebot. Es fängt dort an, wo die ARD Inhalte nicht länger anbieten kann, da sie in der ARD-Mediathek nur befristet angeboten werden dürfen. Unser Wunsch ist es, ARD-Formate interessierten Nutzern auch darüber hinaus und unter der Marke ARD zu präsentieren. Das ist nicht mehr Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags und daher nicht gebührenfinanziert. Das Geld muss erwirtschaftet werden, daher auch die Finanzierung über das Abo-Modell. Im Grunde läuft es ähnlich wie beim Verkauf einer DVD: Mit dem Angebot ARD Plus entstehen wiederum Kosten, Rechte sind zu erwerben, Produzenten und Urheber sind für zusätzliche Nutzungen zu vergüten.
teltarif.de: Wie entwickelt sich das Angebot mit Blick auf die Abonnentenzahlen?
Ingo Vandré: Zu gegebener Zeit werden wir Wasserstandsmeldungen herausgeben. Noch ist es zu früh, wir sind gerade erst gestartet.
teltarif.de: Im Hinblick auf non-fiktionale ARD-Inhalte finden sich diese auch auf anderen Streaming-Plattformen, wie beispielsweise Pluto TV. Werden diese Inhalte dort verbleiben oder künftig auch bei ARD Plus zu sehen sein?
Ingo Vandré: Die Lizenzgeber von ARD Plus werden Inhalte weiterhin auch auf anderen Streaming-Plattformen verbreiten. Im Gegensatz zu Drittplattformen repräsentiert ARD Plus das größtmögliche Angebot mit einer zielgruppengerechten Kuratierung der Inhalte.
teltarif.de: Bleibt es bei eigenen Inhalten oder werden für ARD Plus auch Lizenzproduktionen verfügbar sein?
Ingo Vandré: Ein Großteil der Inhalte von ARD Plus werden bereits als Lizenzinhalte bei einer Vielzahl von Rechteinhabern lizenziert. Der Ausbau mit Inhalten, die nicht im linearen Angebot in der ARD gelaufen sind, ist eine Option, die nicht unwahrscheinlich ist.
teltarif.de: Im Zuge von Sparmaßnahmen wurde über eine Zusammenlegung der Mediatheken von ARD und ZDF diskutiert. Hätte dies auch Auswirkungen auf ARD Plus?
Michael Loeb: Das Thema wird aktuell noch diskutiert und ist daher noch Zukunftsmusik. Zudem sind wir ein separates, kommerzielles Angebot, unabhängig von den Mediatheken.
teltarif.de: Existieren derzeit inhaltliche Überschneidungen zwischen ARD Plus und der ARD Mediathek?
Michael Loeb: Grundsätzlich hat das Angebot von ARD Plus keinen Einfluss auf das Angebot der ARD-Mediathek, wo weiterhin alle verfügbaren Inhalte kostenfrei angeboten werden. ARD Plus fängt dort an, wo die ARD Inhalte nicht mehr anbieten kann, weil sie nach den rundfunkrechtlichen Vorgaben nur zeitlich befristet angeboten werden dürfen oder weil Rechte für die Mediatheken nur zeitlich befristet erworben werden konnten. Im Idealfall finden die Nutzer ausgewählte Inhalte auf ARD Plus, sobald sie in der ARD-Mediathek nicht mehr auffindbar sind. Vereinzelte inhaltliche Überschneidungen können wir dabei nicht ausschließen.
teltarif.de: Mit welchem Budget planen Sie für Originals bzw. Eigenproduktionen?
Ingo Vandré: Hierzu können wir derzeit leider keine konkreten Angaben machen.
teltarif.de: Sehen Sie ARD Plus in Konkurrenz zu den globalen Streaming-Diensten?
Michael Loeb: Wir sind zwar ein neuer, lokaler Player am Markt, aber uns als Konkurrenz zu den globalen Streaming-Diensten zu sehen, ist sicherlich etwas überambitioniert. Wir verstehen uns eher als attraktives Zusatzangebot.
Verfügbar ist ARD Plus bereits als eigenständiges Streaming-Angebot, aber auch erreichbar u.a. über Amazon Prime, Apple TV und MagentaTV. Momentan ist das Angebot zwar wie gesagt noch überschaubar, wird aber technisch wie inhaltlich sukzessive erweitert.
Zur Person: Ingo Vandré und Michael Loeb
Ingo Vandré ist Geschäftsführer der ARD Plus GmbH und Leiter Sales & Direct Publishing bei der WDR mediagroup. Michael Loeb ist Geschäftsführer der ARD Plus GmbH und der WDR mediagroup GmbH. Von 1985 bis 1991 hat er Rechtswissenschaften an den Universitäten Mannheim und München studiert. Von 1991 bis 1994 war er als Rechtsreferendar in Bonn und von 1994 bis 1999 als Volljurist im Justitiariat des Westdeutschen Rundfunks (WDR) tätig, bevor er in die Geschäftsleitung der WDR mediagroup wechselte.