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Nach Ende der Testphase: Handy-TV wird Standardanwendung

Experten glauben an Koexistenz von DVB-H und DMB
Von ddp / Ralf Trautmann

Das mobile Fernsehen wird nach mehreren Pilotprojekten bald Standard werden. Die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin wird dies zeigen. Allerdings müssen die Anbieter in Deutschland zahlreiche Aspekte berücksichtigen - von der Technologie über die Verfügbarkeit der Frequenzen bis hin zum richtigen Geschäftsmodell.

Noch gibt es das Handy-Fernsehen nicht flächendeckend. Das liegt an den knappen Frequenzen und an den knappen Endgeräten. Zwar können UMTS-Nutzer schon heute ausgewählte Fernsehangebote sehen. Aber während sich bei UMTS etwa nur ein Dutzend Nutzer in eine Zelle einwählen kann, spielt die Anzahl der Nutzer bei den Broadcast-Standards für das digitale Fernsehen keine Rolle.

Welcher der beiden Standards sich auf dem Markt durchsetzen wird, ist noch nicht ausgemacht. In der Frage der verfügbaren Frequenzen hat DMB (Digital Media Broadcasting) die Nase vorn: Es kann bislang nicht genutzte Frequenzen des Standards für das digitale Radio, DAB, nutzen. Aus diesem Grund bietet debitel bereits erste Mobil-TV-Geräte in einigen Großstädten an. Anders ist das bei DVB-H (Digital Video Broadcasting for Handhelds). Es nutzt die gleichen Frequenzbereichen wie der Standard für das digitale Fernsehen, DVB-T. Weil nur wenige Frequenzen frei sind, müssen die Betreiber die Ergebnisse der Frequenzplanungskonferenz RRC06 abwarten. Deshalb wird ein großflächiger Start frühestens im Jahre 2007 möglich sein.

DMB liegt bei Endgeräten vor DVB-H

Auch bei den Geräten liegt DMB vorne: Die Firmen Samsung und LG bieten bereits die ersten serien- und marktreifen Endgeräte an, weil der Standard in den letzten Jahren in Korea bereits flächendeckend eingeführt wurde. Beide Firmen werden neben Sony Ericsson auf der Internationalen Funkausstellung IFA vom 1. bis 6. September in Berlin ihre Geräte präsentieren. Endgeräte für DVB-H gibt es hingegen von verschiedenen Herstellern nur als Prototypen. Die Deutsche TV-Plattform, ein breiter Zusammenschluss von Programmanbietern, Rundfunkanstalten, Netzbetreibern und staatlichen Einrichtungen, geht davon aus, dass 2007 auch die entsprechenden Endgeräte auf dem Markt verfügbar sein werden.

Die Mobilfunkbetreiber T-Mobile, Vodafone, o2 und E-Plus setzen trotz der Frequenz- und Geräteprobleme geschlossen auf DVB-H. Der Standard ist nämlich internetfähig und ermöglicht so neue, interaktive Dienste. "DMB ist der Marktöffner für mobiles Fernsehen, DVB-H wird dann zeigen, wie es wirklich geht", bewertet Handy-TV-Experte Pascal Tilly die Entwicklung. Auf der IFA werden T-Mobile und o2 Beispiele präsentieren. Gemeinsam mit Vodafone und E-Plus betreiben sie noch bis Ende August ein Pilotprojekt. Wie es weitergehen wird, hängt nicht zuletzt auch vom Bundeskartellamt ab, das eine künftige Zusammenarbeit noch absegnen muss.

Experten: Nachfolgestandard DXB wird Kampf zwischen DMB und DVB-H beenden

Die Deutsche TV-Plattform geht davon aus, dass sich in Deutschland beide Technologien etablieren werden und je nach Anforderungen der jeweiligen Anwendungen auch regionale und lokale Sendernetze aufgebaut werden. Mit dem Nachfolgestandard DXB bietet sich in wenigen Jahren die Möglichkeit, den Wettbewerb beider Standards in Wohlgefallen aufzulösen. "Welcher Standard sich durchsetzen wird, ist heute noch nicht abzusehen," sagt Michael Thiele, Sprecher der Deutschen TV-Plattform, "technisch wäre es jedoch möglich, mit DXB beide Techniken auf einem Chip zu realisieren."

Der Erfolg beim Kunden wird jedoch nicht vom Standard, sondern vom Angebot abhängen. Experte Pascal Tilly meint: "Den richtigen Schub wird es erst mit neuen interessanten, interaktiven Inhalten geben. Die Technologie ist nur das notwendige Übel." Völlig neue Programmformate und Geschäftsmodelle sollen das Handy mit integriertem Rundfunkempfänger zu einem interaktiven Informations- und Kommunikationsmedium machen. Ganz kostenlos wird dies aber nicht sein: Die Deutsche TV-Plattform rechnet in einem Entwicklungsszenario zwar damit, dass öffentlich-rechtliche Programmanbieter auch weiterhin frei verfügbare Inhalte anbieten, kommerzielle Diensteanbieter aber auf Dienste auf der Suche nach zusätzlichen Einkommen nur mit Zugangsschutz setzen werden.

Ob der Erfolg sich allerdings mit zusammengestückelten Sendungen wie dem Comedy-Kanal von Mobiles Fernsehen Deutschland (MFD [Link entfernt] ) einstellen wird, bezweifelt Tilly. Musik, Nachrichten, Sport und Regionale Informationen mit Veranstaltungshinweisen zählen dagegen zu Tillys Favoriten. Ein Format, das wie die Handelsplattform eBay oder die Kontaktplattform OpenBC Inhalte von Nutzern integrieren könnte, wäre seiner Ansicht die durchschlagende Anwendung, auf die alle warten.

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