mobiles Fernsehen

Probelauf für Handy-TV ohne Testnutzer?

Der normale Mobilfunkkunde kann das Angebot nicht selbst testen
Von Björn Brodersen

In Berlin bot sich den Anwesenden auf der Pressekonferenz zum heute startenden DVB-H-Pilotprojekt ein seltenes Bild: Vertreter der vier deutschen Mobilfunkbetreiber saßen einträchtig nebeneinander auf dem Podium und hoben die gemeinsamen Leistungen der Netzbetreiber in den vergangenen drei Monate hervor. Wie bereits berichtet haben T-Mobile, Vodafone, E-Plus und o2 heute in der Hauptstadt den Startschuss für ein Handy-TV-Pilotprojekt gegeben, mit dem sie hierzulande das mobile Fernsehen via DVB-H-Standard (Digital Video Broadcasting - Handheld) voranbringen wollen. Im kommenden Jahr wollen die vier Mobilfunker sogar mit einem gemeinsam gebildeten Betreiberkonsortium den kommerziellen Betrieb des Fernsehens auf dem Handy aufnehmen. Bis dahin müssen allerdings noch viele offenen Fragen geklärt werden.

So lobenswert die Initiative für die terrestrische Übertragung von Fernseh- und Radioprogrammen auf mobile Endgeräte trotz unklarer Rahmenbedingungen für einen kommerziellen Betrieb auch ist, der in vier Städten Berlin, Hamburg, München und Hannover laufende Versuch erweckt den Eindruck eines voreiligen Schnellschusses. Zwar konnten sich die eingeladenen Besucher der Veranstaltung von der inzwischen guten Übertragungs- und Darstellungsqualität auf den kleinen Handydisplays überzeugen, durch die man selbst Fußballspiele aus der Totalen anschauen kann. Doch der normale Handynutzer wird kaum eine Möglichkeit haben, das mobile Fernsehen per DVB-H selbst zu testen. Ein Versuch ohne Nutzer also?

Gezeigte DVB-H-Handys sind noch nicht im Handel erhältlich

Das Samsung SGH-P910 Bei den in Berlin präsentierten DVB-H-Geräten handelt es sich durchweg um Handys, die auf der jüngsten CeBIT präsentiert wurden, aber noch nicht im Handel erhältlich sind. Testgeräte - unbestätigten Angaben zufolge rund 1 000 Stück - verteilen die Gerätehersteller und Netzbetreiber nur an Journalisten und teilweise an ausgewählte Kunden. Eine Ausnahme bildet die Vodafone-Lounge im Restaurant "Il Punto" am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor: Hier können sich Interessierte ab dem 8. Juni täglich ab 11 Uhr das DVB-H-Angebot auf verschiedenen Handys von BenQ-Siemens, Nokia, Motorola, Samsung und Sagem vorführen lassen. Während der Testphase übertragen die beteiligten Unternehmen 14 Fernseh- und zwei Radiokanäle mit leichten regionalen Unterschieden: In allen vier Teststädten können die Programme von ARD, ZDF, N3, BR, RBB, RTL, Sat.1, Pro Sieben, n-tv, N24, Vox, MTV und Eurosport auf dem Handy gesehen werden, dazu kommen die öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramme von NDR-Info und RBB Radio Fritz. Darüber hinaus werden jeweils ein weiterer privater Regionalsender sowie zwei Radio-Programme auf dem Handy ausgestrahlt.

Das zukünftige Angebot wird wahrscheinlich rund 40 Kanäle umfassen, aus technologischer Sicht sind sogar bis zu 50 möglich. Die Programme werden verschlüsselt, der Kunde bezahlt einen monatlichen Abonnementspreis, der den Schätzungen der Verantwortlichen zufolge zwischen 5 und 15 Euro liegen wird. Dann können die öffentlich-rechtlichen und einige private Programme frei empfangen werden, dazu wird es weitere Programme von Bezahlsendern, Mehrwertdienste und interaktive Angebote geben. Die Inhalte werden später via Roaming auch im Ausland - beispielsweise in Italien, wo DVB-H derzeit eingeführt wird - zu empfangen sein. Zu den Abonnementskosten kommen allerdings noch GEZ-Gebühren hinzu, die der Nutzer künftig genauso wie für internettaugliche PCs entrichten muss. Bei den Geräten können die Kunden wahrscheinlich mit subventionierten Einstiegspreisen rechnen.

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