Kontroverse um die Zukunft von DVB-T
Thema des diesjährigen Münchner Medientages war die Zukunft des terrestrischen Rundfunks in Deutschland
Michael Fuhr
Soll der terrestrische Rundfunk (DVB-T) in Deutschland ausgebaut oder sollen die entsprechenden Frequenzen dem Mobilfunk zugeschlagen werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Panel-Diskussion auf den diesjährigen Münchner Medientagen. Die Diskussionsteilnehmer lieferten sich einen Schlagabtausch. Klar wurde einzig und alleine, dass möglichst rasch politische Entscheidungen getroffen werden müssen, um Planungssicherheit zu schaffen.
Telekom schließt deutschen Alleingang aus
Thema des diesjährigen Münchner Medientages war die Zukunft des terrestrischen Rundfunks in Deutschland
Michael Fuhr
Markus Haas, der im Vorstand von Telefónica Deutschland für die Bereiche Strategie und Recht tätig ist, bezweifelte die Zukunftsfähigkeit des digital-terrestrischen Fernsehens und verwies auf den "riesigen Flop" bei der gescheiterten Einführung von DVB-H. Haas bezeichnete die sinnvolle Verknüpfung von Glasfaser und Mobilfunk als Schlüssel zum Erfolg.
Vor "präjudizierenden Schnellschüssen" warnte Karl-Heinz Laudan, Vice President für Spectrum Policy der Deutschen Telekom. Er sagte, zunächst sei es nötig, den Bedarf an Kapazitäten anhand des Nutzerverhaltens zu ermitteln: "Der Rundfunk muss erarbeiten, wie die Terrestrik künftig aussehen soll." Einen deutschen Alleingang bei der Aufteilung der zweiten Digitalen Dividende hält Laudan für ausgeschlossen: "Das 700-MHz-Band wird europaweit für den Mobilfunk verfügbar gemacht."
Privatsender wollen verschlüsseln
Anders als die Telekommunikationsunternehmen sahen es naturgemäß die Rundfunkveranstalter. Annette Kümmel, die bei dem Medienunternehmen ProSiebenSat.1 Media AG den Bereich Medienpolitik leitet und dem Vorstand des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) angehört, verwies darauf, dass alle Mitglieder im Verband am Wettbewerb der Infrastrukturen festhalten wollten. Obwohl Terrestrik der teuerste Übertragungsweg sei, werde der Switch auf DVB-T2 nicht ausgeschlossen. Allerdings müssten sich die Rahmenbedingungen verbessern, damit neue Geschäftsmodelle etabliert werden können. Zudem sollte den Veranstaltern die Möglichkeit eingeräumt werden ihre Programme zu verschlüsseln.
Den Wechsel zu DVB-T2 befürwortete auch Prof. Dr. Karola Wille: "Rundfunk als Massenmedium benötigt terrestrische Netze", sagte die Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). In diesem Sinne hätten sich die öffentlich-rechtlichen Veranstalter auch für die DVB-T-Nachfolgetechnik ausgesprochen.
Bundesnetzagentur für Kompromiss
Einen Kompromiss brachte Dr. Iris Henseler-Unger ins Spiel. Die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur schlug vor, möglichst vor dem Jahr 2020 das 700 MHz-Band (698:806 MHz) gemeinsam für DVB-T2 und den Mobilfunk zu nutzen. Zu einem späteren Zeitpunkt sollten die Rundfunkangebote in den Frequenzbereich unterhalb 700 MHz verlagert werden, so dass der Bereich über 700 MHz alleine vom Mobilfunk genutzt werden könne. Möglich wird das nach dem Ende eines Parallelbetriebs von DVB-T und DVB-T2.
Medienpolitiker: Rundfunk und Mobilfunk sind gleichermaßen wichtig
In einem Impulsreferat verwies Hans-Joachim Otto, der scheidende Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, auf den stetig steigenden Bedarf an Übertragungskapazitäten für Rundfunk und Datendienste. Der Bundestagsabgeordnete plädierte dafür, einen Kompromiss bei der Verteilung der knappen Funkfrequenzen zu finden, um in unterversorgten Regionen sowohl Breitband-Mobilfunk als auch terrestrischen Rundfunk anzubieten. "Die Aufgabe der Frequenzpolitik ist es, die Zukunft der Vielfalt zu gestalten, ohne einzelne Akteure abzuschneiden", sagte er und plädierte für gemeinsame Lösungen in einer Übergangszeit: "Ich sehe keinen unlösbaren Konflikt."
Auch Dr. Jürgen Brautmeier, der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), hob die Notwendigkeit flächendeckender Breitband-Internetanschlüsse hervor. Der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen setzte sich zugleich dafür ein, dass die Entwicklung nicht zulasten der Fernseh- und Radioveranstalter gehe. "Wir wollen die terrestrischen Übertragungswege sichern", unterstrich er. Zudem forderte Brautmeier schnelle Entscheidungen, denn unter anderem wegen der fehlenden Planungssicherheit habe RTL die Verbreitung via DVB-T ja bereits beendet.
"Der Ausstieg von RTL aus DVB-T ist ein guter Schritt, denn das treibt die Diskussion voran", kommentierte Wolfgang Breuer, Chief Ececutive Officer des Netzbetreibers Media Broadcast, etwas überraschend. Mit Blick auf das zentrale Thema der Diskussion "die Aufteilung des 700 MHz-Bandes bei der Weltfunkkonferenz 2015 (WRC)" forderte Breuer, mit den "Lebenslügen" aufzuhören: "Das 700 MHz-Band wird die Probleme nicht lösen".