o2: Telefónica hebt 5G-Kernnetz in die Cloud
Wird ein Mobilfunknetz aufgebaut, gibt es neben den Sendestationen mit Antenne auch die Signalaufbereitung (meist am Sender) und Vermittlungsrechner im Kern (englisch Core). Im "Core" sind die Daten des Kunden gespeichert und werden die Verbindungen geschaltet, für Daten, Sprache oder andere Funktionen.
Bisher war es üblich, dass sich ein Netzbetreiber dafür ein oder mehrere Rechenzentren aufgebaut hat, worin das alles stattfand, mit spezieller nur für diesen Zweck entwickelter Hardware.
Nun wachsen die Datenmengen unaufhörlich, und es kann auch sein, dass die Anforderungen und Dienste sich plötzlich ändern. Dann müsste jedes Mal neue Hardware aufgestellt werden, die das kann, das wird auf die Dauer teuer und unflexibel. Deshalb haben sich viele Unternehmen entschlossen, ihre Systeme auf Software umzustellen und in die Cloud auszulagern. Das können externe Rechenzentren bei spezialisierten Dienstleistern sein, man kann die Cloud aber auch auf eigenen Rechnern laufen lassen. Bekannte Cloud-Anbieter sind Amazon (AWS), Google, Microsoft (Azure), Deutsche Telekom und viele andere.
Digitale Vernetzung im 21. Jahrhundert
Das 5G-Core-Netz soll über Technik von Ericsson in einer Google-Cloud in deutschen Rechenzentren laufen.
Credits: Gettyimages (edited) / o2 Telefónica
o2 Telefónica möchte bei der "digitalen Vernetzung im 21. Jahrhundert" den nächsten Schritt gehen und in Zukunft sein 5G-Kernnetz in die Cloud verlagern.
Mit seinem softwarebasierten 5G-Cloud-Kernnetz möchte o2 noch schneller Updates im Netz einspielen und neue Vernetzungslösungen für Privat- und Geschäftskunden bereitstellen können.
Zusammenarbeit von o2, Google und Ericsson
Dabei arbeitet o2 Telefónica eng mit den Partnern Google Cloud und dem Hardwarelieferanten Ericsson zusammen. Dazu wurde die Google Distributed Cloud Edge im o2-Rechenzentrum implementiert, über die das 5G-Kernnetz – mit dem Dual-Mode 5G Core von Ericsson – betrieben wird.
Im laufenden Betrieb setzt o2 auf ein sogenanntes Cloud-Sicherheitskonzept, das strikten Datenschutzanforderungen und Sicherheitsmechanismen entspricht. Schließlich muss ja sichergestellt werden, dass außer o2 niemand unbefugtes auf die Cloud zugreifen und den Betrieb stören oder Daten abschöpfen kann.
o2 sieht Cloud-Kernnetz als Zukunft
„Wir gehen mit unserem neuen 5G-Cloud-Kernnetz einen innovativen und zukunftsweisenden Weg“, sagt Mallik Rao, Technik- und IT-Chef (CTIO) von o2 Telefónica. „Die Cloud ist ein echter Game Changer für die digitale Vernetzung im 21. Jahrhundert. Sie ermöglicht uns, Innovationen schneller zur Marktreife zu bringen, die benötigte Rechenleistung flexibel zu managen und neue 5G-Anwendungen für unsere Privat- wie Geschäftskunden bereitzustellen. Wir können hier das volle Potential von 5G, Cloud und Automatisierung nutzen. Gemeinsam mit unseren Partnern Ericsson und Google Cloud leisten wir Pionierarbeit für das Netz der Zukunft.“
Stefan Koetz, Chef für Europa & Lateinamerika bestätigt, „das 5G-Kernnetz von Ericsson ist cloud-nativ und kann vollständig automatisiert bereitgestellt werden. Damit ermöglichen wir es Telekommunikationsbetreibern, 5G-Innovationen noch schneller in ihre Netze zu bringen.“
Amol Phadke, zuständig bei Google Cloud, bekräftigt: „Cloud-native Netze helfen Telekommunikationsanbietern dabei, noch agiler, effizienter und innovativer zu werden, indem sie Kundenbedürfnisse vorhersehen können und darauf reagieren. Wir freuen uns, durch den Einsatz von Google Distributed Cloud Edge im 5G-Kernnetz von o2 Telefónica zukunftsfähige Netzinfrastrukturen und Anwendungen voranzutreiben.“
Neue 5G-Kundenanwendungen
Im ersten Schritt soll das 5G-Cloud-Kernnetz genutzt werden, um echte Kundenanwendungen und Vernetzungslösungen für mobiles Breitband, Network-Slicing (abgeschirmtes Netz im Netz), Echtzeitanwendungen und private 5G-Netze in einer Testumgebung auszuprobieren, zu optimieren und für den späteren realen Livebetrieb vorzubereiten. Um die strengen Datenschutzbestimmungen einzuhalten, werden hierbei aber keine echten Kundendaten verwendet, betont man bei o2.
Kernnetz (Core) ist das Herzstück des Mobilfunknetzes
Das Kernnetz (Core) ist das Herzstück des o2-Netzes. Es verarbeitet den Daten- und Sprachverkehr von derzeit rund 47 Millionen Mobilfunk-Kunden. Zudem wird es den erwartbar steigenden Datenverkehr managen.
o2 Telefónica hat ein neues Kernnetz auf Basis der neusten Technik von Ericsson eingerichtet, das sämtliche Mobilfunkstandards von 2G/GSM bis hoch zu 5G-Standalone (5G-SA) unterstützt.
o2 möchte mit Google Cloud bei "B2X" (Unternehmensangeboten für andere Unternehmen oder Privatkunden) noch flexibler werden, wenn diese Angebote "skaliert" (vergrößert) werden sollen.
Mit der Cloud-Lösung soll das o2-Netz noch flexibler automatisiert werden können, damit die Kunden zufriedener sind (besseres "Kundenerlebnis"), und dass die Zeit bis zur Einführung neuer Funktionen oder Dienste kürzer wird.
Alte Bekannte
o2 Telefónica, Google und Ericsson haben schon länger miteinander zu tun und kennen sich. Die Google Cloud wird bei o2 schon für andere Angebote genutzt.
Für alle, die beim Thema "Cloud" ein ungutes Gefühl haben: o2, Google und Ericsson betonen, dass alle Datenschutzstandards (EU-DSGVO) eingehalten und alle Cloud-Rechenzentren in Deutschland betrieben werden.
5G-Technologie für die Industrie wird an der TU München erprobt.