Gerüchte: Kauft die Deutsche Telekom die British Telecom?
Helle Aufregung in Großbritannien: Wie britische Medien (u.a. die Tageszeitung "The Telegraph") berichten, stünde die "komplette Übernahme" der British Telecom (BT) durch die Deutsche Telekom bevor. Dieses Thema ist in Großbritannien hoch emotional aufgeladen. Die Deutschen ("The Huns") hinterlassen bis heute bei vielen Briten "gemischte" Gefühle, aufgrund der nicht immer schönen Vergangenheit der letzten 100 Jahre z.B. in zwei Weltkriegen.
Deutsche Telekom hat aktuell 12 Prozent von BT
Die meisten britischen Telefonzellen wurden - analog zum deutschen Pendant - umgewidmet.
Foto: Picture Alliance/dpa/Press Association
Aktuell gehört der Deutschen Telekom bereits ein Anteil an BT, den sie im Rahmen der Fusion von Orange UK (Tochter von Orange Frankreich / France Telecom) und T-Mobile UK (frühere One2One) zu Everything Everywhere (EE) "geerbt" hatte. Die fusionierte EE-Gesellschaft wurde schließlich an die BT Group verkauft, deren ehemalige Tochter o2-UK vorher auch verkauft wurde und die inzwischen mit VirginMedia zur VirginMedia-o2 UK fusioniert hat. Der EE-Kaufpreis erfolgte seinerzeit in Aktien und dadurch bekam die Telekom eine Minderheitsbeteiligung an der BT-Group von 12 Prozent. Durch den späteren Brexit war der Wert dieses Anteils empfindlich abgesunken.
Höttges möchte Wertverlust ausgleichen
Nun ist Telekom Chef Tim Höttges dafür bekannt, keine halben Sachen zu machen. Schon im Februar hatte er gegenüber der renommierten Wirtschaftszeitung Financial Times gesagt "i will get that money back". Hoettges hatte diese Transaktion als seinen „größten Fehler“ bezeichnet und angedeutet, dass er ihn wiedergutzumachen wolle. Die Idee: Den Anteil der Telekom an der BT zu erhöhen, was den Aktienkurs und damit den Wert des Unternehmens steigern dürfte.
24,5 Prozent Anteile bei Patrick Drahi
Aber auch der französisch-israelische Telekommunikationsmilliardär Patrick Drahi, dem unter anderem der französische Mobilfunker SFR gehört, hatte seine Anteile bei BT erhöht, stößt aber wohl an politische Grenzen, noch mehr bekommen zu können.
Aktuell hat Drahi einen Anteil von 24,5 Prozent. Bekäme er mehr als 25 Prozent Anteile zusammen, würde er eine Sperrminorität bei Aktionärsversammlungen erhalten. Da British Telekom analog zur Deutschen Telekom wichtige nationale Sicherheitsinfrastrukturen realisiert, ist es politisch absolut nicht erwünscht, dass ein ausländisches Unternehmen, die nationale Sicherheit behindern könnte.
Kann die Telekom erhöhen?
Ob die Deutsche Telekom ihren Anteil kräftig aufstocken darf, wird in England als Lackmustest für Großbritanniens Verhalten bei künftigen europäischen Investitionen nach dem Brexit angesehen.
BT-Management ist auch dagegen
Das Hauptquartier der British Telecom mit den Logos von EE (Everything Everywhere) in London. Kommt bald das Magenta T dazu?
Foto: British Telecom (BT)
Das BT-Management scheint von dem verstärkten Einstieg der Deutschen offenbar auch nicht so begeistert und soll sich bereits hochkarätige Berater an Bord geholt haben, die den "Angriff" abwehren sollen.
Aktueller Vorstand will aufhören
Nicht nur das: Der aktuelle Vorstandsvorsitzende der BT, Philip Jansen, möchte Anfang nächsten Jahres seinen Posten aufgeben. Das könnte für weitere Unsicherheiten sorgen und den Börsenkurs drücken, was wiederum für potenzielle Käufer interessant wäre. Als möglicher Nachfolger von Jansen wird Marc Allera gehandelt, aktuell Chef des BT-Privatkundengeschäfts von BT.
Es bleibt nicht viel Zeit
Hochrangige Branchenvertreter glauben außerdem, dass die Deutsche Telekom, die seit der Übernahme des Mobilfunkbetreibers EE durch BT im Jahre 2016 Anteilseigner ist, angesichts der Veränderungen in der politischen Landschaft Großbritanniens nur ein knappes Zeitfenster zur Übernahme der vollen Kontrolle hat. Sie müsste rechtzeitig vor den nächsten Unterhaus-Wahlen zum Zuge kommen. Dann wird nämlich mit einer Labour-Regierung gerechnet, die diese Übernahme kaum gut finden kann. Auch die Labour nahestehenden Gewerkschaften dürften eine Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen nicht akzeptieren wollen.
Deutsche Telekom würde British Telekom umorganisieren
Es gilt als sicher, dass ein neuer Mehrheitseigner (wie die Telekom) den historisch gewachsenen BT-Konzern gründlich umkrempeln und umorganisieren würde, um ihn kostengünstiger und effizienter aufzustellen. Das bedeutet in vielen Fällen: Neue ungewohnte Abläufe, mehr Stress, Zusammenlegung oder Verschiebung von internen Einheiten, mehr Abstimmungsbedarf und am Ende der Wegfall zahlreicher Arbeitsplätze.
Beobachter rechnen damit, dass Telekom Chef Höttges seinerzeit für jede BT-Aktie unterm Strich etwas mehr als 4 Pfund (4,68 Euro) bezahlt habe, aber aktuell liegt der Kurs bei 1,22 Pfund.
Unklar bleibt, ob die Telekom nur ihren Anteil erhöhen oder ein Delisting von der Börse anstreben könnte, was dem BT-Management verständlicherweise noch weniger gefallen dürfte.
BT hat viele Schulden
Was zukünftig mit BT wird, ist insofern wichtig, da das Unternehmen 15 Milliarden Pfund (etwa 17,5 Milliarden Euro) in ein neues Glasfaser-Breitbandnetz investieren muss. Steigende Kreditzinsen sind dabei ein echtes Problem, denn die Aufrüstung von Kupfer auf Glasfaser kostet jetzt noch mehr Geld, als vorher veranschlagt. BT ächzt laut Beobachtern unter einer Schuldenlast (ohne Leasing) von etwa 14 Milliarden Pfund (16,4 Milliarden Euro). Für die Umschuldung werde weiteres Geld benötigt, das BT derzeit nicht flüssig hat.
Welche Auswirkungen hat das auf Kunden der Deutschen Telekom?
Für die Kunden der Deutschen Telekom dürfte ein Aufstocken der Anteile an British Telecom keine Auswirkungen haben, das Roaming auf der Insel fällt weiterhin unter die freiwillige Anwendung der EU-Roaming-Regeln. Auch für Mobilfunk-Kunden von EE dürfte sich wenig ändern, sie können noch auf dem Kontinent ebenfalls günstig mobil telefonieren und surfen. Für Aktionäre der Deutschen Telekom könnte es hingegen schon spannender werden. Die Aktionäre der British Telecom würden im Falle eines Delistings dann ein Auszahlungsangebot bekommen.
Ob und wann aus dieser Geschichte wirklich etwas wird, steht aber derzeit noch in sämtlichen Sternen. Zu Spekulationen wie diesen äußern sich die betroffenen Unternehmen meist nicht.
Keine Spekulation ist hingegen, dass die Deutsche Telekom gemeinsam mit Vodafone und o2-Telefónica gemeinsame Feldtests zur digitalen Identität startet.