Netzausbau

Vodafone: Mobilfunkstation in Friedrichsdorf abgeschaltet

Wenn man in einem schwach versorgten Gebiet lebt und der einzige empfang­bare Sender ausge­schaltet wird, weil die Anbin­dung neu gelegt werden soll, ist das bitter. Voda­fone gibt Einblicke in seine Netz­pla­nung.
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Es sind die Nach­richten, die man eher "zufällig" liest. In einem regio­nalen Online-Magazin wurde über eine Stadt­rats­sit­zung berichtet. Da ging es um einen Kinder­tages­stät­ten­neubau, um Holz­preise und eine seit Wochen ausge­fal­lene Sende­sta­tion von Voda­fone, die angeb­lich nicht mehr einge­schaltet werden soll. Das machte uns neugierig.

teltarif.de ist die Gegend abge­fahren und stellt fest: Von einer flächen­deckenden Netz­ver­sor­gung ist Deutsch­land noch Licht­jahre entfernt.

Reise ins Ittertal: Suche nach Netz

Die Odenwaldbahn bei Friedrichsdorf (Stadt Eberbach) hat GSM-R. Vodafone sendet dort derzeit nicht Die Odenwaldbahn bei Friedrichsdorf (Stadt Eberbach) hat GSM-R. Vodafone sendet dort derzeit nicht
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Der Reihe nach: Es geht um die idyl­lisch im Ittertal im badi­schen Oden­wald gele­gene Gemeinde Fried­richs­dorf, die poli­tisch zur Stadt 69412 Eber­bach (Baden) gehört und geogra­fisch im Drei­län­dereck von Hessen, Bayern und Baden-Würt­tem­berg liegt. Die land­schaft­lich anspruchs­volle Eisen­bahn­strecke Eber­bach - Erbach - Hanau/Darm­stadt (soge­nannte Oden­wald­bahn) führt auf aufwen­digen Viadukten am Ort vorbei.

In Fried­richs­dorf ist der Sender von Voda­fone ausge­fallen, offi­ziell ist die "Mobil­funk­sta­tion in Fried­richs­dorf vorüber­gehend außer Betrieb" wie uns die Pres­sestelle von Voda­fone auf Nach­frage mitteilte.

Fried­richs­dorf: Anbin­dung einer Sende­sta­tion "nicht mehr möglich"

Und weiter: "Voda­fone musste die Mobil­funk­sta­tion in Fried­richs­dorf tatsäch­lich Ende Juni 2021 vom Netz nehmen, weil die bishe­rige Anbin­dung des Stand­ortes nicht weiter betrieben werden konnte. Seitdem arbeiten wir daran, eine komplett neue Anbin­dung dieser Station zu reali­sieren. Diese soll nach aktu­ellem Stand der Planung über Richt­funk erfolgen. Der Mobil­funk­ver­kehr, der bis Ende Juni über die Station in Fried­richs­dorf geführt wurde, wird aktuell und bis zu der Reali­sie­rung der neuen Richt­funk-Strecke möglichst über benach­barte Stand­orte umge­leitet. Aller­dings lassen sich bei einzelnen Kunden vorüber­gehende Einschrän­kungen - bis hin zu Total­aus­fällen - nicht vermeiden."

Ein Befragter Szene­kenner inter­pre­tiert das so: "Die Signal-Miet­lei­tung der Telekom zum Sender war Voda­fone wohl zu teuer, also bauen sie lieber (irgend­wann) Richt­funk."

teltarif.de vor Ort: 20 km kein Netz

Gestresste Vodafone-Kunden finden hier idyllische Ruhe, da der einzige Sender außer Betrieb ist. Telekom und o2 erreichen den Ort Gestresste Vodafone-Kunden finden hier idyllische Ruhe, da der einzige Sender außer Betrieb ist. Telekom und o2 erreichen den Ort
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Wir waren vor Ort: Voda­fone glänzt hier auf rund 20-km-Fahrt­strecke (ab Orts­ende Eber­bach über ganz Fried­richs­dorf, Kail­bach und weiter in Rich­tung Amor­bach) mit abso­luter Abwe­sen­heit. Kein LTE, kein GSM, gar nichts.

Voda­fone bittet "die betrof­fenen Kunden um Entschul­digung für ihre vorüber­gehenden Unan­nehm­lich­keiten. Uns ist bewusst, dass es hier nicht nur um die Wieder­her­stel­lung der Anbin­dung eines Mobil­funk­stand­ortes geht (von 25.500 Stationen, die wir in Deutsch­land betreiben), sondern um Kunden, die klare Kommu­nika­tions­bedürf­nisse haben und den Anschluss an das Mobil­funk­netz von Voda­fone wünschen und benö­tigen."

Schöne Worte, den Kunden wird es wenig helfen, sofern sie nicht schon längst eine Zweit­karte besorgt oder den Anbieter komplett gewech­selt haben.

Eber­bach - Gaimühle - gar kein Netz

Doch wenn auch Telekom und Telefónica den Ort Fried­richs­dorf outdoor noch relativ brauchbar versorgen, sobald man wieder zurück hinunter nach Eber­bach fährt, ist auch hier totales Funk­loch. Der wich­tige Ort Gaimühle (Kreu­zung mehrerer Straßen und Bahn­hal­tepunkt) verfügt sogar über einen Mobil­funk­mast - aber die Deut­sche Bahn führt ihr eigenes GSM-R-Netz.

Mobil­funk nach GSM oder LTE-Stan­dard ist im gesamten Ort einschließ­lich dem benach­barten Sens­bachtal (Stadt Ober­zent) ein Fremd­wort und die Mobil­funk­masten der Bahn sind statisch schwach dimen­sio­niert, dass keine weiteren Antennen möglich sind. 5G kennen die Bewohner von Gaimühle viel­leicht aus der Zeitung.

Ittertal immer wieder kein Netz

Fährt man von Fried­richs­dorf in Rich­tung Norden nach Kail­bach und weiter nach Hessel­bach, bleibt Voda­fone weiterhin stumm, selbst Telekom und o2 mögen hier über weite Stre­cken nicht mehr, bis man den "Limes­pfad" erreicht, wo Voda­fone kurz via LTE-800 alle neu ange­kom­menen E-Mails nach­lie­fert, um sich kurz darauf wieder zu verab­schieden.

Östli­ches Ober­zent - kein Netz

Der Netzmonitor sagt ganz klar: Mobilfunk von Vodafone gibt es hier (auf rund 20 km Strecke) nicht Der Netzmonitor sagt ganz klar: Mobilfunk von Vodafone gibt es hier (auf rund 20 km Strecke) nicht
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Hessel­bach liegt am römi­schen Limes und gehört zur neuen Stadt Ober­zent. Die Netz­ver­sor­gung mit Telekom und o2 ist dort "so lala", Voda­fone schim­mert nur kurzeitig durch. Wer über Schöl­len­bach und Reußen­kreuz und Sens­bach weiter fährt, bekommt erst im Stadt­teil Beer­felden wieder vernünf­tiges Netz von allen drei Anbie­tern, solange man sich nicht in den Orts­kern verirrt, wo auch die Telekom noch massiven Nach­hol­bedarf hat.

Voda­fone erläu­tert seinen Netz­ausbau

Voda­fone nahm zu den Fragen von teltarif.de auch ausführ­lich Stel­lung: "Voda­fone hat sein Mobil­funk­netz im Rhein-Neckar-Kreis gut ausge­baut und wird auch weiter in die Infra­struktur inves­tieren. Aktuell betreibt Voda­fone 129 Stationen im Kreis. Dadurch sind 99,9 Prozent der Bevöl­kerung an das Voda­fone-Mobil­funk­netz mit GSM ange­bunden. Mit unserem mobilen Breit­band­netz LTE errei­chen wir eben­falls 98,6 Prozent der besie­delten Gebiete. Diese gute LTE-Versor­gung resul­tiert daraus, dass nunmehr 121 der 129 Mobil­funk­sta­tionen die Tech­nologie LTE an Bord haben." Der Leser reibt sich die Augen.

Wo wird versorgt - wo nicht?

Infos zur Voda­fone-Netz­abde­ckung für jede Adresse im Rhein-Neckar-Kreis - und damit auch zu den sehr wenigen Funk­löchern in besie­delten Gebieten - seien "ganz trans­parent" hier zu finden. In dieser Darstel­lung sei bereits berück­sich­tigt, dass Topo­gra­phie, Witte­rung und Vege­tation dem Wirkungs­radius der Mobil­funk­technik mitunter physi­kali­sche Grenzen setzen.

Voda­fone versorgt nur besie­delte Flächen

Und dann kommt der entschei­dende Satz: "Achtung: Voda­fone weist auf dieser Netz­karte besie­delte Flächen aus. Der Versor­gungs­auf­trag erstreckt sich nicht auf unbe­wohnte Gebiete abseits von Haupt-Verkehrs­wegen."

Ausblick auf die Zukunft

Fahrtstrecke: Eberbach (links unten) bis Friedrichsdorf - Kailbach - Hesselbach - Schöllenbach - Ober-Sensbach - Beerfelden (links) Fahrtstrecke: Eberbach (links unten) bis Friedrichsdorf - Kailbach - Hesselbach - Schöllenbach - Ober-Sensbach - Beerfelden (links)
Ausschnitt: Open Street Maps
Immerhin: "Auch perspek­tivisch wird Voda­fone weiter in sein Mobil­funk­netz im Rhein-Neckar-Kreis inves­tieren. Bis Mitte 2022 sind 21 LTE-Ausbau­pro­jekte im Kreis geplant: LTE-Funk­löcher werden geschlossen durch acht neue LTE Stand­orte in Wies­loch, Sins­heim, Leimen, Neckar­bischofs­heim, Neckar­gemünd, Wall­dorf, Schönau und St. Leon-Rot", alles Orte, wo es heute schon Netz gibt.

Die LTE-Kapa­zitäten sollen an 13 Stand­orten erwei­tert werden. Das geschehe in Hems­bach, Leimen, Spech­bach, Mühl­hausen, Bammental, Helm­stadt-Bargen, Wein­heim, Lauden­bach, Schwet­zingen, Hirsch­berg an der Berg­straße, Rauen­berg, Laden­burg und Sins­heim." Das wird die betrof­fenen Kunden sicher freuen.

Auch 5G wird kommen

"Zudem bringen wir auch die Mobil­funk-Gene­ration 5G in den Rhein-Neckar-Kreis", so Voda­fone weiter. "Mittel­fris­tiges Ziel ist es, möglichst die gesamte Bevöl­kerung auch an das 5G-Netz anzu­binden - so wie das bei GSM und LTE bereits heute der Fall ist. Dabei werden wir - nach und nach - die vorhan­denen Mobil­funk­sta­tionen zusätz­lich mit 5G ausstatten. Aktuell haben bereits 17 der 129 Mobil­funk­stand­orte die 5G-Tech­nologie an Bord. Diese befinden sich in Eber­bach (2x), Wies­loch, Waib­stadt, Diel­heim, Neckar­bischofs­heim, St. Leon-Rot, Gaiberg, Eppel­heim, Sins­heim, Laden­burg und Sand­hausen."

Und es geht weiter: "Bis Mitte 2022 werden wir an 27 weiteren Stationen 5G-Erwei­terungen durch­führen. Das geschieht in Hocken­heim (3x), Wies­loch (3x), Sins­heim (3x), Neckar­gemünd, Leimen (3x), Spech­bach, Mühl­hausen, St. Leon-Rot, Schries­heim, Bammental, Helm­stadt-Bargen (2x), Wein­heim, Lauden­bach, Schwet­zingen, Hirsch­berg an der Berg­straße, Rauen­berg, Hems­bach und Nußloch. Zudem werden wir zwei Neubau­stand­orte in Wies­loch und Schönau in Betrieb nehmen und beide Stationen auch mit 5G ausstatten."

Voda­fone gibt prak­tische Tipps

Verbrau­cher, die im LTE-Netz von Voda­fone tele­fonieren oder surfen möchten, sollten darauf achten, dass sie einen LTE-Tarif haben und zudem ihr Smart­phone die Tech­nologie LTE unter­stützt. Andern­falls haben diese Nutzer natür­lich keinen Zugang zum LTE-Netz und melden ein LTE-Funk­loch, wo gar keines ist.

"An manchen Adressen empfehlen wir, sich im Fach­handel über den Einbau von LTE-Außen­antennen für Gebäude zu infor­mieren. Diese können oftmals den Empfang in den Gegenden verbes­sern, in denen das LTE-Netz beim Aufent­halt im Freien verfügbar (Outdoor-Versor­gung) aber inner­halb von Gebäuden kein LTE-Empfang zu verzeichnen ist (keine Indoor-Versor­gung)."

Außen­antenne empfohlen

Sicher hat Voda­fone nicht unrecht: "Ebenso sollte beim Mobil­funk im Auto natür­lich immer die Außen­antenne genutzt werden, damit die Funk­wellen von außen auch im Auto ankommen."

Nur wo gibt es noch Einbau­sätze fürs Auto mit Außen­antenne? Welches High-Tech-Nobel-Smart­phone hat heute noch eine Buchse für eine Außen­antenne?

Voda­fone im Rhein-Neckar-Kreis

Die Statistik beein­druckt: Aktuell betreibt Voda­fone 129 Mobil­funk­stand­orte im Rhein-Neckar-Kreis, davon sind 121  Mobil­funk­stand­orte auch mit LTE-Tech­nologie ausge­rüstet. 12 Mobil­funk­stand­orte sind mit 5G-Tech­nologie ausge­rüstet. Diese befinden sich in Eber­bach (2x), Wies­loch, Waib­stadt, Diel­heim, Neckar­bischofs­heim, St. Leon-Rot, Gaiberg, Eppel­heim, Sins­heim, Laden­burg und Sand­hausen (bei Heidel­berg). Voda­fone versorgt Haus­halte wie folgt mit Mobil­funk: Die Sprach­ver­sor­gung (soll heißen mindes­tens GSM) erreicht 99,8 Prozent der Haus­halte und die Mobile Breit­band­ver­sor­gung (also LTE) erreicht 98,6 Prozent der Haus­halte.

Aktu­elle Mobil­funk Ausbau­pla­nung (nach derzei­tigem Planungs­stand)

Bis Mitte 2022 sind im Rhein-Neckar-Kreis folgende Maßnahmen geplant:

  • 8 LTE-Neubau­stand­orte in Wies­loch, Sins­heim, Leimen, Neckar­bischofs­heim, Neckar­gemünd, Wall­dorf, Schönau und St. Leon-Rot
  • 13 LTE-Erwei­terungen für zusätz­liche Netz­kapa­zität in Hems­bach, Leimen, Spech­bach, Mühl­hausen, Bammental, Helm­stadt-Bargen, Wein­heim, Lauden­bach, Schwet­zingen, Hirsch­berg an der Berg­straße, Rauen­berg, Laden­burg und Sins­heim
  • 2 5G-Neubau­stand­orte in Wies­loch und Schönau
  • 27 5G-Erwei­terungen für zusätz­liche Netz­abde­ckung in Hocken­heim (3x), Wies­loch (3x), Sins­heim (3x), Neckar­gemünd, Leimen (3x), Spech­bach, Mühl­hausen, St. Leon-Rot, Schries­heim, Bammental, Helm­stadt-Bargen (2x), Wein­heim, Lauden­bach, Schwet­zingen, Hirsch­berg an der Berg­straße, Rauen­berg, Hems­bach und Nußloch

Voda­fone tut einiges

Es ist also nicht so, dass Voda­fone nichts täte. Nur scheinen die Netz­planer oder sollen wir sagen "die Kosten­rechner" bei Voda­fone unter "Netz­abde­ckung" etwas ganz anderes zu verstehen, als der einfache Kunde, der draußen unter­wegs im tiefen Wald erreichbar sein muss oder will.

Völlig klar: Netz­ausbau kostet Geld. Und viele Kunden erwarten beides: Top-Netz bei nied­rigsten Kosten. Das ist aber - wie wir sehen - nicht möglich.

o2-Chef Markus Haas sieht sein Netz als Tram­polin für Inud­strie und Gesell­schaft.

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