Deutsche Telekom: 5G-Core kommt jetzt aus den USA
Schon lange wird über 5G-SA (Standalone) im Netz der Telekom diskutiert. Dabei gibt es das längst, aber im Augenblick nur für Groß- und Geschäftskunden, da es hier schon Anwendungsfälle gibt.
RTL-TV als Pionierkunde
Beispielsweise für den TV-Sender RTL. Der schickt seine Kamerateams vor Ort - und statt eines schweren Rucksacks mit acht SIM-Karten in Handys soll es nur noch ein Handy mit einer Karte sein. Damit die Bildsignale durchkommen, wird das Funksignal in Scheiben geschnitten (Network Slicing), und eine Scheibe steht den TV-Leuten mit garantierter Bandbreite zur Verfügung. Das geht nur mit 5G-SA, d. h. die Sendestation ist direkt am Kern-Rechenzentrum ("Core") der Telekom angeschlossen. 4G ist nicht mehr beteiligt.
Core System von Mavenir
Wenn 5G "alleine" laufen soll, braucht es moderne Core-Technik. Die kommt jetzt von Mavenir.
Foto: Deutsche Telekom / Mareen Fischinger
Solche Core-Systeme hätte man bei Huawei kaufen können, aber da bleibt die offene Frage, ob die chinesische Regierung eine Hintertür "reserviert" bekommen hat, womit sie bei "politischen Streitigkeiten" in fremde Netze einsteigen oder diese blockieren könnte.
Also sah sich die Telekom auf dem Weltmarkt um und hat sich für den bislang nur in Fachkreisen bekannten US-Hersteller Mavenir entschieden. Im verschraubten PR-Sprech liest sich das so: Das Core sei "ein Teil des Bereitstellungsprozesses, und der Converged Packet Core sei nun in das bestehende Multi-Vendor-Zugangsnetz (Multi-Vendor = mehrere verschiedene Lieferanten) und andere Systemkomponenten der Telekom integriert" worden. Das wurde am Rande der Messe Digital-X in Köln bekannt.
Mudesir: Meilenstein für 5G
Der Technik-Chef der Telekom-Group, Abdurazak Mudesir, findet, dass "der Einsatz von Cloud Native Standalone (SA) Core einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung unserer 5G-Architektur" markiere. Damit sie die Telekom "auf dem Weg zu einem vollautomatisierten Netzwerk", und nur so sei die Bereitstellung von 5G-SA-Diensten für Privat- und Unternehmenskunden möglich. Der neue Core von Mavenir unterstützt übrigens auch die Betriebsarten 4G, 5G Non-Standalone (NSA) und 5G Standalone (SA), teilten die Unternehmen mit.
Noch kein Termin für 5G-SA für Privatkunden
Wann 5G-SA auch für Privatkunden freigeschaltet wird, wurde noch nicht bekannt gegeben. Kurioserweise würden 5G-SA Kunden sich über langsamere Geschwindigkeiten wundern, weil die Option, bei 5G-NSA/DSS die 4G-LTE-Carrier mit dem 5G-Carrier zu kombinieren (Carrier-Aggregation) bei 5G-SA wegfalle. Zwar gibt es auch schon 5G-CA (Kombination von mehreren 5G-NR-Trägern), aber die dafür notwendigen Handys kommen erst langsam auf den Markt.
RTL spart sich SNG-LKWs
Beim TV-Sender RTL ist man höchst angetan. Jetzt sind keine SNG-Trucks mehr notwendig, wobei SNG für Satellite News Gathering steht. Auf dem Dach eines Lasters (als Sattelzug oder als kleinerer Van) ist eine Satellitenschüssel montiert, die vor der Liveübertragung erst umständlich ausgerichtet werden muss. Das ist jetzt vorbei. Jetzt könne man "Leute auf einmal mit sehr kleinem Equipment auf Events schicken, bei denen wir sonst einen Riesenaufwand mit SNG-Trucks und sonstigen Anbindungen gehabt hätten", erklärte der RTL-Projektingenieur Produktion & Sendebetrieb Jens Schilder.
Network Slicing schafft Vorfahrt fürs TV
Würden die TV-Leute mit klassischen SIM-Karten im 4G/5G-Netz lossenden, könnte es passieren, dass die "Leitung" zusammenbricht. Durch Network Slicing (und 5G-SA) kann der jeweilige Netzbetreiber (hier die Telekom) dem Sender eine bestimmte Qualität und Kapazität zusichern. Klar, dass diese bessere Qualität auch einen höheren Preis erfordert. Dazu gab es aber in Köln keine näheren Informationen.
Rund 70.000 Besucher waren bei der Messe Digital-X in Köln.