Politiker wollen schärferen Kampf gegen Telefonwerbung
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will Telefonbetrügern das Handwerk legen. Falsche Gewinnversprechen von Betrügern am Telefon seien "ganz klar" strafbar, sagte sie der Süddeutschen Zeitung (SZ). Die Bundesministerin forderte von ihren Länderkollegen rasche Aufklärung, warum die Täter bislang kaum zur Rechenschaft gezogen werden.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger (FDP)
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Die Zahl betrügerischer Telefonanrufe nimmt drastisch zu, hatte
die Zeitung unter Berufung auf einen Bericht der Aufsichtsbehörde für
die Telefonbranche berichtet. Dort erstatteten immer mehr geschädigte
Bürger Anzeige. Polizei und Justiz griffen demzufolge nur selten
durch. Selbst bei großen Betrugsfällen finde "faktisch keine
Strafverfolgung statt", viele Ermittlungsverfahren würden
"sanktionslos" eingestellt.
Bisher kaum rechtliche Konsequenzen
Von August 2009 bis April 2010 habe es 57 000 schriftliche Beschwerden bei der Bundesnetzagentur wegen unerlaubter Telefonwerbung gegeben, aber nur elf Bußgelder, kritisierte die Linke-Verbraucherpolitikerin Caren Lay. In den ersten vier Monaten des Jahres 2009 seien es nur 14 000 gewesen. Oftmals riefen kriminell agierende Firmen mit Hilfe von Sprachcomputern massenweise Verbraucher an und teilten ihnen per Bandansage mit, sie hätten ein wertvolles Auto gewonnen. Um den Gewinn einzulösen, müsse eine 0900-Servicenummer gewählt werden. Wer das befolge, lande aber in teuren Warteschleifen und werde mit hohen Telefongebühren belastet. An die Täter komme man meist nicht heran, da sie oft im Ausland säßen, wo sie Scheinfirmen gegründet hätten.
Nicht nur beim Telefonbetrug habe die Bundesnetzagentur eine deutliche Zunahme verzeichnet, sondern auch bei unerlaubten Werbeanrufen, hieß es. Mit diesen Anrufen versuchen Unternehmen, Verbraucher am Telefon zum Abschluss eines Vertrags zu bewegen. Sie sind - im Gegensatz zum Telefonbetrug - keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit.
Gesetz und Verfolgung scheinbar mangelhaft
Vor einem Jahr hatte die große Koalition die Vorschriften
verschärft. Seitdem müssen Firmen, die Kunden ohne Erlaubnis anrufen,
mit Bußgeldern
Härteres Durchgreifen gefordert
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von bis zu 50 000 Euro rechnen. Bis zu 10 000 Euro
werden fällig, wenn die Anrufer ihre Telefonnummer unterdrücken und
damit eine Identifikation verhindern.
Das damals verabschiedete Gesetz wird derzeit im Bundesjustizministerium auf seine Wirksamkeit überprüft. "Wenn sich bei der Evaluierung herausstellt, dass das Gesetz zu zahnlos ist und deutliche Defizite beim Verbraucherschutz aufweist, dann müssen wir selbstverständlich Vorschläge zur Nachbesserung diskutieren", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Der Kampf gegen unerlaubte Telefonwerbung ist in der Praxis kompliziert, sagte René Henn von der Bundesnetzagentur dem Berliner Tagesspiegel. Vor allem sollten Verbraucher möglichst viele Details notieren "wer hat angerufen, von wo, wann klingelte es und was hat der Anrufer gesagt?" Dann müsse die Agentur unter anderem klären, ob nicht doch eine Einwilligung des Kunden vorliegt. Die Maßnahmen müssen zum Schutz der Verbraucher früh ansetzen, weil die Verfahren gegen unseriöse Anbieter langwierig seien: Die Bundesnetzagentur müsse vor der Zuteilung einer Rufnummer das Geschäftsmodell einer Firma prüfen. Die Linksfraktion macht sich wie Union und FDP für eine schriftliche Bestätigung von Verträgen stark.