Joyn: Darum ist Streaming für ProSiebenSat.1 alternativlos
Für ProSiebenSat.1 ist der Ausstieg von Geschäftspartner Warner Bros. Discovery bei Joyn Glück im Unglück. Einerseits fehlen künftig wertvolle Inhalte, andererseits kann die deutsche Sendergruppe nun ihr Streaming-Schicksal selbst in die Hand nehmen. Spannend bleibt einzig die Frage, wie dieses Schicksal künftig aussehen mag. Klar ist auf jeden Fall: Allein mit lokalen Inhalten aus der eigenen Sendergruppe ist ein Kampf mit den US-Branchengrößen nicht zu gewinnen, hier braucht es weitaus konkretere Ansätze.
Nationaler Aggregator
ProSiebenSat.1 setzt auf die eigene Streaming-Plattform Joyn
imago images / Rüdiger Wölk
Nicht ohne Grund hat ProSiebenSat.1-Chef Bert Habets ARD und ZDF erneut zu einer Kooperation bei Joyn eingeladen. Die Plattform war von Anfang an als Aggregator konzipiert und sollte neben den öffentlich-rechtlichen Sendern auch RTL mit an Bord holen. Doch wie so oft in der Medienbranche kocht lieber jeder sein eigenes Süppchen. Das ist zwar geschäftsstrategisch legitim, im Wettbewerb mit Netflix, Amazon und Disney aber eher wenig sinnvoll.
Wenn RTL, ProSiebenSat.1 und die Öffentlich-Rechtlichen jeweils in eigene Projekte investieren, wird der ohnehin bereits schwache lokale Streaming-Markt noch kleinteiliger. Zudem stellt sich schon jetzt bei einigen Angeboten die ernsthafte Frage nach dem qualitativen Mehrwert. Geht es wirklich um exklusive Inhalte oder ist Streaming nur ein weiterer Ausspielweg für ohnehin vorhandenen linearen Content? Eben diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf RTL+.
Kooperation mit US-Studios
Ohne hochwertigen Hollywood-Content wird Joyn keinen langfristigen Erfolg verbuchen. Deshalb ist es unvermeidbar, sich um Lizenzcontent der großen US-Studios zu bemühen, selbst wenn diese in Deutschland auf eigene Streaming-Angebote setzen. Der Deal mit NBCUniversal ist für ProSiebenSat.1 ein guter erster Schritt, welchem voraussichtlich weitere vergleichbare Partnerschaften folgen könnten, wie Entertainment-Vorstand Wolfgang Link auf Anfrage von teltarif.de im Rahmen der Strategie-Pressekonferenz andeutete.
Und die Chancen stehen diesbezüglich wohl tatsächlich nicht schlecht, denn einige US-Studios - insbesondere Disney und Paramount - hatten in der Vergangenheit bereits festgestellt, sich nicht vollständig aus dem durchaus lukrativen Lizenzgeschäft zurückziehen zu wollen. Bei Disney scheint es dabei sogar um wirtschaftliche Notwendigkeiten zu gehen, denn das konzerneigene Streaming-Geschäft läuft derzeit nicht rund.
Sport als Publikumsmagnet
Vor allem Livesport wäre ein interessantes Differenzierungsmerkmal zwischen einem lokalen Streaming-Dienst und den US-Marktführern. Hier hätte Joyn womöglich mit der NFL punkten können, die nun jedoch bei RTL zu sehen ist. Es bleibt abzuwarten, wie das Angebot diesbezüglich in der kommenden Zeit weiter ausgebaut wird und welches Gewicht Sport auf Joyn in Zukunft nach dem bereits vollzogenen Ausstieg von Warner Bros. Discovery überhaupt noch hat.