Smart gereinigt

Gadget oder echte Hilfe: Ist die smarte Zahnbürste sinnvoll?

Smarte Zahn­bürsten sollen die Putz­technik verbes­sern helfen und zum Putzen moti­vieren. Können sie diese Verspre­chen einlösen?
Von dpa /

Mindes­tens zwei Mal täglich zwei Minuten, dazu am besten Inter­den­tal­bürst­chen oder Zahn­seide und eine fluo­rid­hal­tige Zahn­pasta - gesunde Mund­hy­giene kann ganz schön anstren­gend sein. Schuld sind die vielen Zahn­ober­flä­chen und Stellen, die dabei schwer erreichbar sind. Smarte Zahn­bürsten setzen genau dort an. Sie sollen das Putzen erleich­tern und die Technik verbes­sern.

Dass momentan einige Firmen smarte Zahn­bürsten auf den Markt bringen, könne viel mit Marke­ting und Image­ver­bes­se­rung zu tun haben, weniger mit echter Nach­frage, sagt Dirk Kropp, Geschäfts­führer der Initia­tive Prodente. Denn die schlauen Putz­helfer sind noch ziem­lich teuer und kosten teils über hundert oder mehrere hundert Euro. Die Zahnbürste: Nicht mehr nur elektrisch, jetzt auch smart und vernetzt Die Zahnbürste: Nicht mehr nur elektrisch, jetzt auch smart und vernetzt
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Die Themen jedoch, die von den Herstel­lern derzeit ange­spro­chen werden, seien die rich­tigen, findet Dietmar Oester­reich. Beispiels­weise übten die meisten Menschen während des Zähne­put­zens zu viel Druck aus, so der Vize­prä­si­dent der Bundes­zahn­ärz­te­kammer.

Zu viel Druck putzt Zahn­fleisch weg

"Bei zu viel Druck besteht die Gefahr, dass man das Zahn­fleisch wegputzt", erklärt Christof Dörfer, Direktor der Klinik für Zahnerhal­tungs­kunde und Parodon­to­logie in Kiel. Bereits jetzt gibt es Modelle, die etwa via LED-Anzeige vermit­teln: "Bitte weniger fest". Neuere Bürsten leuchten grün bei idealen Bedin­gungen. Denn auch zu wenig Druck verschlech­tert das Putz­er­gebnis.

Natür­lich muss eine Zahn­bürste erst einmal von sich aus gut reinigen. Hier zeigen Studien, dass Zahn­bürsten mit rundem, oszil­lie­rendem Kopf besser abschneiden, so Dörfer. Auch Syste­matik und Putz­technik sind wichtig, werden aber oft vernach­läs­sigt. Oester­reich rät deshalb, die Mund­hy­giene zu ritua­li­sieren, also etwa rechts außen oben anzu­fangen und links unten innen zu enden - Zahn für Zahn.

Die Bürste kennt ihre Posi­tion im Mund

Beim syste­ma­ti­schen Putzen können intel­li­gente Bürsten helfen. Das Verspre­chen: Bürste und die verbun­dene App erkennen die Posi­tion im Mund und prüfen, ob alle Sektoren gleich­mäßig behan­delt werden oder liefern in Echt­zeit eine Rück­mel­dung zum Putz­er­gebnis.

"Wenn die Bürste einen führt oder visua­li­siert, wo man ist, könnte das sinn­voll sein", urteilt Dörfer. Wichtig sei ein Feed­back, damit man dort ansetzt, wo die Reini­gung beson­ders wichtig ist - und das syste­ma­tisch im gesamten Kiefer. Aller­dings sei noch nicht bekannt, ob beides zuver­lässig funk­tio­niert, schränkt Oester­reich ein.

Derzeit gibt es noch keine unab­hän­gigen wissen­schaft­li­chen Unter­su­chungen. Dennoch: "Wenn man während des Putzens korri­giert wird, und dadurch auch einen Lern­ef­fekt hat, ist das aus zahn­me­di­zi­ni­scher Sicht attraktiv", meint Dirk Kropp.

Der Faktor Zeit beein­flusst das Ergebnis

Ein gutes Ergebnis hängt auch von der Putz­dauer ab. Nicht umsonst signa­li­sieren schon einfachste elek­tri­sche Bürsten, wann zwei Minuten um sind oder geben alle 30 Sekunden einen Impuls zum Wechsel des Bereichs. Ande­rer­seits ist die Putz­dauer indi­vi­duell, so Kropp. "Wenn die Zahn­stel­lung unge­wöhn­lich oder die Motorik nicht so gut ist, kann es sinn­voll sein, länger zu putzen."

Ideal fände Kropp ein System, das in Echt­zeit erkennt, ob der geputzte Bereich schon sauber ist. Genau das verspre­chen bereits einige Hersteller: Ihre Bürsten sollen über einen opti­schen Sensor den Biofilm erkennen und warnen, wenn er noch nicht entfernt wurde.

Der psycho­lo­gi­sche Aspekt spielt eine große Rolle. "Wer affin ist gegen­über Apps oder Technik, wird das häufiger nutzen", ist Oester­reich über­zeugt. Das könne die Moti­va­tion erhöhen, meint Kropp, müsse aber trotz aller Technik einfach bleiben. Für Kinder könne eine solche Bürste gut geeignet sein, um den Spaß am Putzen zu erhöhen. Ältere Personen oder Menschen mit einge­schränkten moto­ri­schen Fähig­keiten könnten eben­falls davon profi­tieren.

Updates und Daten­schutz beachten

Kommt eine App ins Spiel, wie es bei den smarten Geräten der Fall ist, sollten sich Nutze­rinnen und Nutzer über regel­mä­ßige Updates und ihre Daten Gedanken machen, rät Kropp.

Was die Daten­spei­che­rung angeht, sei zunächst einmal Vertrauen gefragt, sind sich die Experten einig. "Auf jeden Fall kritisch die Daten­schutz­be­stim­mungen durch­lesen", mahnt Oester­reich - und prüfen, wo die erho­benen Daten gespei­chert werden und wer sie in welcher Form nutzen kann oder darf.

Auch der Zahn­arzt kann die Putz­qua­lität prüfen

Smarte Zahn­bürsten können das Leben zwar erleich­tern, trotzdem lässt sich auch mit herkömm­li­chen Mitteln ein gutes Ergebnis erzielen. Der Tipp der Experten: Wer wissen will, wie gut die eigene Putz­technik ist, kann im Rahmen der Prophy­laxe seine Zahn­bürste mitbringen.

Nach dem Putzen werden die Zähne ange­färbt, um die Gründ­lich­keit zu über­prüfen. Außerdem gibt es in der Praxis weitere Tipps und Tricks zur besseren Mund­hy­giene.

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